Unabhängige Analysen und Informationen zu Geopolitik, Wirtschaft, Gesundheit, Technologie

Jemen wird zur entscheidenden Front im US-israelischen Kampf um regionale Vorherrschaft

Während die Normalisierung mit Israel voranschreitet und Tel Aviv fieberhaft versucht, die jemenitische Bedrohung zu neutralisieren, behauptet Sanaa seine zentrale Rolle bei der Neugestaltung des Kräfteverhältnisses in Westasien.

Von Mawadda Iskandar

Seit der Operation Al-Aqsa Flood im Oktober 2023 haben die mit Ansarallah verbündeten Streitkräfte Jemens das Rote Meer in einen geopolitischen Druckpunkt gegen Tel Aviv und Washington verwandelt. Ihre Operationen reichen mittlerweile bis ins Mittelmeer und beeinträchtigen sowohl israelische als auch US-amerikanische Interessen.

Das Scheitern der USA, die jemenitische Unterstützungsfront zu zerschlagen, führte zu einem vorübergehenden Abkommen mit Sanaa, um Angriffe auf amerikanische Ziele einzustellen. Gleichzeitig hielt jedoch die jemenitische Seeblockade israelischer Schiffe und Angriffe innerhalb der besetzten Gebiete an.

Dieses Scheitern veranlasste die beteiligten Akteure, eine neue Strategie zur Durchdringung der jemenitischen Front zu entwickeln – mit unberechenbaren militärischen, sicherheitspolitischen und geheimdienstlichen Folgen. Damit wurde Jemen zu einem entscheidenden Schauplatz bei der Neuziehung der regionalen Machtkarte.

Tel Avivs Krieg kehrt heim

Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) als Hauptarchitekt nutzt diese Kampagne die Normalisierung sowohl als Deckmantel als auch als Instrument israelischer Einflussnahme. Emiratisch geführte Fraktionen – insbesondere der von Abu Dhabi unterstützte Southern Transitional Council (STC) – haben sich dieser Agenda angeschlossen.

STC-Chef Aidarous al-Zubaidi hat offen um Annäherung an Tel Aviv geworben und Normalisierung im Austausch für Unterstützung bei der südyemenitischen Sezession angeboten.

Israelische Medien berichten über die Beteiligung Abu Dhabis an Attentaten auf hochrangige jemenitische Beamte, darunter die Ermordung von Premierminister Ahmed al-Rahawi am 10. September und den Anschlagsversuch auf Generalstabschef Mohammad Abdul Karim al-Ghamari im Juni 2025.

Laut Quellen von The Cradle hat Zubaidi intern erklärt, er sei zur Normalisierung bereit, sofern Washington grünes Licht gibt – ein Signal, das offenbar bereits aufblinkt: Gemeinsame Treffen, Delegationsreisen und Medienkampagnen STC-naher Akteure zeigen eine zunehmende offene Koordination mit Israel.

Im Juli 2025 besuchte eine Delegation des Middle East Forum, darunter der britisch-israelische Journalist Jonathan Spire und der US-Forscher Michael Rubin, die pro-saudische Übergangsregierung in Aden. Sie trafen Verteidigungsminister Mohsen al-Daeri und STC-Geheimdienstchefs.

Die Jerusalem Post berichtete, die Gespräche hätten gezeigt, dass der STC militärische Aktionen in der Bab-al-Mandab-Straße plane – sobald der Westen zustimme und finanzielle wie militärische Hilfe zusage.

Parallel dazu starteten STC-nahe Journalisten wie Mana Suleiman über den israelischen Sender i24 eine Medienkampagne, die zu verstärkten Angriffen auf Ansarallah-Kräfte aufrief.

Emiratisch-israelischer Militarismus verfestigt sich in Jemen

Zwischen 2023 und 2025 haben die VAE mit israelischer Unterstützung ihre Präsenz im Süden Jemens massiv ausgeweitet. Satellitenbilder belegen den Bau moderner Luftwaffenstützpunkte, Geheimdienststationen und logistischer Hubs auf den Inseln Schabwa, Sokotra, Zuqar und Abd al-Kuri.

Quellen berichten, dass diese Expansion entlang der Südküste und auf strategischen Inseln sichtbar geworden ist – mit erheblichen Risiken: Destabilisierung des Landesinneren und die Umwandlung der Inseln in Spionage- und Logistikzentren, die sich vom Golf von Aden über das Rote Meer bis zur Bab-al-Mandab-Straße erstrecken.

Karte, die die strategische Lage der von den VAE kontrollierten Zuqar-Insel in der Nähe wichtiger von den Ansarallah regierter Städte und der lebenswichtigen Straße von Bab al-Mandab zeigt.

Auf dem Boden operieren israelische Offiziere, während die VAE Radarsysteme und Militärtechnik zur Überwachung jemenitischer Streitkräfte einsetzen. Beide Seiten koordinieren ihre Einsätze über die gemeinsame Geheimdienstplattform „Crystal Ball“.

Diese Inseln wurden zu integrierten militärisch-wirtschaftlichen Basen ausgebaut, die Seewege und Handelsrouten zwischen Asien und Afrika kontrollieren. Besonders hervorzuheben sind Mayun und Zuqar, strategisch im Herzen der Bab-al-Mandab-Straße gelegen – einem lebenswichtigen Knotenpunkt des globalen Energie- und Warenverkehrs.

Nach Oktober 2023 verstärkten die VAE mit israelischer Unterstützung ihre Präsenz auf Mayun: Eine 1,85 km lange Landebahn wurde erneuert, dazu installierte man israelische Radarsysteme, Patriot-Raketen, Drohnenhangars und Marinebeobachtungsposten.

Satellitenbilder zeigen einen im Bau befindlichen Luftwaffenstützpunkt auf der Insel Mayun vor der jemenitischen Westküste

Mayun ist heute ein permanenter Militärstützpunkt und geheimes Wartungszentrum für Handels- und Kriegsschiffe.
Die Durchfahrtsgebühren – zwischen 80.000 und 200.000 US-Dollar pro Schiff – fließen über VAE-Konten in Dubai, völlig außerhalb jemenitischer oder internationaler Kontrolle.

Auch Firmen wie die Janes Information Group sollen beteiligt sein, die gemeinsam mit israelischen Rüstungspartnern Überwachungs- und Abfangsysteme installiert.

Zuqar, nur 75 km von Hodeidah und 210 km von Sanaa entfernt, fungiert mittlerweile als gemeinsames israelisch-US-emiratisches Operationszentrum.
Bereits Anfang 2025 integrierte sich das US-Zentralkommando (CENTCOM) in die Basis, wo die unter Terrorismusvorwand geschulte Einheit 400 der VAE aktiv ist.
Zuqar beherbergt nun Systeme zur Luftaufklärung, Abfangüberwachung und Drohnenkoordination – das Rückgrat des Anti-Jemen-Kriegs.

Satellitenbilder aus September 2025 zeigen eine weitere Expansion mit Satellitenkommunikationsräumen und elektronischen Abhörsystemen israelischer Herkunft.

Satellitenbilder zeigen militärische Einrichtungen der VAE auf der Insel Zuqar vor der Westküste des Jemen.

Der Sokotra-Archipel ermöglicht Kontrolle über den Arabischen Ozean, den Golf von Aden, das südliche Rote Meer, den nördlichen Indischen Ozean sowie das Horn von Afrika.

Die Inseln Abd al-Kuri und Samha wurden zu Startplätzen für Drohnen und Marinewaffen umfunktioniert. Unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe nutzt die VAE-Organisation Emirates Red Crescent die Inseln zum Bau von Gefängnissen, Geheimdienstposten und privaten Marinas.

In Schabwa, einer ölreichen Provinz, entstanden zwei VAE-Startbahnen, Tunnelnetzwerke und Drohnenschulungszentren. Dort stationierte Söldner aus Kolumbien werden für rund 3.590 US-Dollar pro Kopf eingesetzt, um lokale Milizen auszubilden.

Schabwa verbindet den Süden mit dem Norden Jemens und gilt nun als strategisches Drehkreuz zwischen den Fronten – nahe den Regionen Abyan, Al-Bayda und Marib.
Rund um den Flughafen Ataq wurden Drohnenbunker, Kontrollräume, Unterkünfte und Munitionsdepots errichtet – ein dauerhaftes militärisches Zentrum.

US-israelische Teams besuchen regelmäßig Frontlinien in koalitionskontrollierten Gebieten, um Informationen zu sammeln und lokale Kräfte finanziell, logistisch und militärisch zu unterstützen – mit dem Ziel, eine innere Front gegen Sanaa zu eröffnen.

Riad mischt mit

Die Rivalität zwischen Riad und Abu Dhabi, den wichtigsten Mitgliedern der Anti-Sanaa-Koalition, hat sich besonders im Osten Jemens verschärft, vor allem in Al-Mahra.

Während die VAE ihre Präsenz in Sokotra festigt und dort über militärische, wirtschaftliche und kulturelle Mittel demografische Kontrolle anstrebt, dehnt Saudi-Arabien seine Einflusssphäre in Al-Mahra aus – unter dem Vorwand der Schmuggelbekämpfung. Dazu setzt es salafistisch geprägte Milizen ein und errichtet neue Stützpunkte.

Am 16. September 2025 veranstaltete Saudi-Arabien gemeinsam mit Großbritannien einen maritimen Sicherheitsgipfel, bei dem eine Koalition zum „Schutz der Schifffahrt im Roten Meer“ gegründet wurde.
Über 35 Länder, darunter die USA, schlossen sich der „International Yemen Maritime Security Partnership“ an.

Tatsächlich zielt diese Allianz darauf ab, die jementische Blockade israelischer Schiffe zu brechen.
Riad stellte dafür 4 Millionen US-Dollar bereit, um die jemenitische Küstenwache zu bewaffnen und auszubilden.

Als Reaktion warnte Ansarallah-Führer Abdul Malik al-Houthi Saudi-Arabien eindringlich:

„Wer israelische Schiffe unterstützt oder Jemen angreift, wird als Teil des israelischen Feindes betrachtet und entsprechend bekämpft.“

Er richtete sich direkt an die saudische Führung:

„Ihr werdet die israelischen Schiffe im Roten Meer nicht schützen können. Das ist eine Schande für euch – und ihr werdet scheitern.“

Jemen als neue Achse der Macht

Der Krieg Israels gegen Gaza hat Jemen unbeabsichtigt ins Zentrum der regionalen Geopolitik gerückt.
Die Achse des Widerstands hat ihre Fronten vom Levant bis zum Arabischen Meer ausgedehnt.

Mit Unterstützung der VAE und Saudi-Arabiens setzt Tel Aviv nun auf Normalisierung, Unterwanderung und innere Destabilisierung, um Sanaa zu schwächen.

Doch Jemens wachsende militärische Stärke und seine Fähigkeit zur Abschreckung zeigen, dass der Kampf um die Bab-al-Mandab-Straße – den Engpass des Welthandels – noch lange nicht entschieden ist.