Kit Klarenberg
Am 29. März veröffentlichte die New York Times eine wegweisende Recherche, in der dargelegt wurde, dass die USA „viel enger und umfassender“ in den Krieg der Ukraine gegen Russland verwickelt sind, als bislang angenommen – Washington fungiere nahezu durchgehend als „Rückgrat der ukrainischen Militäroperationen“. Die Zeitung ging sogar so weit, den Konflikt offen als einen „Stellvertreterkrieg“ zu bezeichnen – eine unbestreitbare Tatsache, die bisher in den Mainstream-Medien vehement geleugnet wurde – und nannte ihn eine „Neuauflage“ von Vietnam in den 1960er Jahren, Afghanistan in den 1980ern und Syrien drei Jahrzehnte später.
Dass die USA seit Februar 2022 die Ukraine mit gewaltigen Mengen an Waffen versorgen und bei der Planung zahlreicher Militäroperationen Kiews eine zentrale Rolle spielen, ist keine Neuigkeit. Einzelheiten dieser Beziehung wurden bereits dokumentiert; gelegentlich gestanden selbst Regierungsvertreter in Washington ihre Beteiligung ein. Doch das Ausmaß der nun offengelegten Unterstützung ist beispiellos.
So wurde etwa auf einem großen US-Militärstützpunkt in Deutschland heimlich ein spezielles Zentrum eingerichtet: die sogenannte „Task Force Dragon“. Sie vereint Vertreter sämtlicher US-Geheimdienste sowie „Koalitions-Geheimdienstmitarbeiter“, die täglich umfangreiche Informationen über russische Positionen, Bewegungen und Absichten sammeln – um daraus die „wertvollsten Ziele“ für ukrainische Angriffe mit westlichen Waffen zu bestimmen. Dieses Fusionszentrum wurde schnell zum „gesamten Backoffice des Krieges“.
Ein nicht namentlich genannter europäischer Geheimdienstchef zeigte sich „überrascht“, als er erfuhr, „wie tief seine NATO-Kollegen in die Tötungskette“ eingebunden waren. Ein frühes Beispiel: Im Sommer 2022 griffen ukrainische Streitkräfte mit US-Zieldaten das Hauptquartier der 58. russischen Armee bei Cherson an – Generäle und Stabsoffiziere wurden getötet. Jedes Mal, wenn sich die Gruppe neu aufstellte, wurde sie von den Amerikanern aufgespürt – und von den Ukrainern ausgelöscht.
Auch andere prominente ukrainische Angriffe – etwa ein Drohnenangriff auf den Hafen von Sewastopol im Oktober 2022 – werden nun der Task Force Dragon zugeschrieben. Die Zeitung bestätigte zudem, dass jeder einzelne HIMARS-Angriff vollständig von US-Unterstützung abhing. Die Amerikaner lieferten nicht nur die Zielkoordinaten, sondern gaben auch taktische Hinweise zur Platzierung und zum Timing. Und: Die HIMARS-Systeme benötigten elektronische Schlüsselkarten, die von den USA jederzeit deaktiviert werden konnten.
Die bemerkenswertesten Abschnitte des Berichts beleuchten jedoch Londons Rolle in dem Konflikt – und deuten deutlich darauf hin, dass der „Stellvertreterkrieg“ letztlich von Großbritannien geplant und angeleitet wurde. Sollte es zu einer Annäherung zwischen Moskau und Washington kommen, wäre dies das spektakulärste Scheitern eines britischen Komplotts seit dem Zweiten Weltkrieg – einer Verschwörung, die auf die Ausnutzung der US-Macht und -Ressourcen abzielte.
Die „vorherrschende Weisheit“ – und Londons Einfluss
Ein besonders aufschlussreicher Abschnitt der New York Times befasst sich mit der ukrainischen Gegenoffensive im August 2022. Als ukrainische Truppen auf geringen Widerstand stießen, drängte Generalleutnant Christopher T. Donahue, Leiter der Task Force Dragon, den ukrainischen Generalmajor Andrij Kowaltschuk, weiter vorzustoßen. Dieser zögerte – und wurde daraufhin vom damaligen britischen Verteidigungsminister Ben Wallace offen unter Druck gesetzt. Auf die Frage, was Donahue tun würde, wenn Kowaltschuk sein Untergebener wäre, antwortete dieser: „Er wäre bereits gefeuert worden.“ Wallace entgegnete: „Ich mache das schon.“ Kurz darauf wurde Kowaltschuk entlassen. Die Briten hatten, so die Zeitung, „beträchtlichen Einfluss“ auf ukrainische Beamte.

Denn anders als die Amerikaner hatten die Briten offiziell Militärteams entsendet, um ukrainische Entscheidungsträger direkt zu beraten. Zwar konnte Kiew nicht alle Erwartungen erfüllen, doch der Erfolg der Gegenoffensive 2022 führte zu einem „irrationalen Überschwang“. Der Plan für 2023 war schnell geboren: Die Ukraine solle die russische Landverbindung zur Krim kappen – und die Halbinsel zurückerobern.
Während Präsident Selenskyj intern prahlte: „Wir werden das ganze Ding gewinnen“, war das Pentagon skeptisch. Bereits im April 2023 warnte ein durchgesickertes Geheimdienstdokument, dass die Ukraine ihre Ziele „weit verfehlen“ werde – bestenfalls seien „bescheidene Gebietsgewinne“ zu erwarten. Grund seien Mängel bei Personal und Munition sowie russische Verteidigungsanlagen.
Gegen den Rat der USA: Britischer Druck auf Kiew
Sogar Donahue forderte schließlich eine Pause, um neue Brigaden auszubilden. Doch der britische Einfluss war entscheidend: Wenn die Ukrainer ohnehin angreifen wollten, müsse die Koalition sie unterstützen – so das Argument. In der Folge lieferten fast alle NATO-Staaten teure Ausrüstung nach Kiew.
Die Gegenoffensive begann im Juni 2023. Bereits am ersten Tag wurden Panzer und Truppen durch russische Artillerie, Drohnen und Minen massiv dezimiert. Binnen eines Monats verlor die Ukraine 20 % der westlich gelieferten Fahrzeuge – ohne nennenswerte Erfolge. Bis Ende 2023 wurden lediglich 0,25 % der von Russland besetzten Gebiete zurückerobert. Die Verluste könnten über 100.000 betragen.
„Auf Messers Schneide“
Die New York Times berichtet, dass das Scheitern der Offensive „auf beiden Seiten Verletzungen hinterließ“. Das Vertrauensverhältnis zwischen Washington und Kiew war beschädigt. Und angesichts des britischen Drängens, „die Ukraine um jeden Preis im Kampf zu halten“, drohte der Rückzug der USA aus dem Stellvertreterkrieg.
Doch London hatte noch ein Ass im Ärmel. Im März 2023 erfuhren die USA, dass die Ukraine eine Bodenoperation im Südwesten Russlands plante – ohne Zustimmung. Der CIA warnte General Kyrylo Budanow: Wenn er Russland angreife, werde er dies ohne US-Unterstützung tun müssen. Budanow ignorierte die Warnung – und scheiterte. Der anschließende Einfall in die Region Kursk am 6. August 2023 war laut NYT ein „massiver Vertrauensbruch“.
Kiew setzte dabei westliche Ausrüstung ein – und verletzte damit die zuvor vereinbarten „Regeln“. Wie der Autor enthüllte, war diese Operation eine britische Invasion – nur ohne offizielle Kriegserklärung. London stellte Ausrüstung, plante mit – und wollte mit dieser Eskalation den Westen weiter in den Konflikt hineinziehen.
Zunächst distanzierte sich Washington vom Vorfall. Die Foreign Policy berichtete, dass die Biden-Regierung „nicht eingeweiht“ gewesen sei und die „militärische Logik“ infrage stelle. Am 16. August 2023 verbot Washington schließlich der Ukraine, britische Storm-Shadow-Raketen auf russischem Gebiet einzusetzen.
Doch nach Donald Trumps Wahlsieg im November 2024 nutzte Präsident Biden seine „letzten Wochen“ im Amt, um „rote Linien zu überschreiten“: Er genehmigte ATACMS- und Storm-Shadow-Angriffe tief in Russland – und erlaubte US-Beratern, sich Kommandoeinheiten näher an der Front anzuschließen.
Heute, da der Kursk-Vorstoß im völligen Desaster endete, mit vernichteten oder geflohenen Truppen, bleibt festzuhalten: Bidens Eskalation hat nichts Entscheidendes bewirkt. Wie die New York Times anerkennt, steht der Stellvertreterkrieg „auf Messers Schneide“.
Was der britische Geheimdienst als nächstes plant, um sein Projekt zu retten – das weiß derzeit niemand. Doch der Ukraine-Krieg ist endgültig enttarnt: nicht nur als amerikanischer, sondern als britischer Stellvertreterkrieg.