Am 7. Oktober 2025, einem Datum, das durch den Überfall von Hamas-Militanten auf israelisches Gebiet geprägt wurde, häufen sich die Berichte, die darauf hindeuten, dass die israelische Armee nicht nur die Kämpfer von Hamas, sondern auch die von ihnen gefangenen israelischen Geiseln gezielt angegriffen hat. Diese erschütternden Erkenntnisse stammen aus Zeugenaussagen und Berichten in der israelischen Presse, die von Max Blumenthal, einem Investigativjournalisten von The Grayzone, im Rahmen des Chris Hedges Report untersucht wurden. Der folgende Artikel bietet eine ausführliche Analyse der Ereignisse und ihrer Implikationen.
Die chaotischen Kämpfe und die Entscheidungen der israelischen Kommandeure
Tuval Escapa, ein Mitglied des Sicherheitsteams des Kibbuz Be’eri, berichtete der israelischen Zeitung Haaretz, dass er eine Hotline einrichtete, um die Koordination zwischen den Kibbuz-Bewohnern und der israelischen Armee zu gewährleisten. Doch angesichts der eskalierten Situation trafen die Kommandeure im Feld drastische Entscheidungen.
Escapa beschrieb, wie Häuser, in denen sich sowohl Terroristen als auch Geiseln befanden, beschossen wurden, um die Bedrohung zu beseitigen – unabhängig von den Konsequenzen für die Geiseln. Ein weiterer Bericht von Haaretz erwähnt, dass israelische Kommandeure einen Luftangriff auf ihre eigene Einrichtung am Erez-Übergang zu Gaza anforderten, um die Kontrolle der Terroristen zurückzugewinnen. Diese Basis beherbergte zivile Verwaltungsbeamte und Soldaten, was die Schwere der Entscheidung unterstreicht.
Die Hannibal-Direktive: Ein historischer Kontext
Diese Taktik ist nicht neu. Israel führte 1986 die sogenannte Hannibal-Direktive ein, benannt nach dem karthagischen General Hannibal, der sich selbst vergiftete, um einer Gefangennahme durch die Römer zu entgehen. Diese Politik erlaubt es, maximale Gewalt anzuwenden, um die Gefangennahme israelischer Soldaten oder Zivilisten durch Feinde zu verhindern – selbst wenn dies den Tod der Gefangenen bedeutet.
Ein prominentes Beispiel war die Operation Protective Edge 2014, als Hamas-Kämpfer den israelischen Soldaten Leutnant Hadar Goldin gefangen nahmen. Als Reaktion darauf ließ Israel über 2.000 Bomben, Raketen und Granaten auf das Gebiet regnen, wo Goldin gehalten wurde, was zu seinem Tod sowie dem von über 100 palästinensischen Zivilisten führte. Obwohl die Direktive 2016 offiziell aufgehoben wurde, werfen die Ereignisse vom 7. Oktober Fragen auf, ob sie stillschweigend wieder angewendet wurde.
Die Untersuchung von Max Blumenthal
Blumenthal, der die Berichte für The Grayzone analysierte, stellt fest, dass die offizielle Erzählung – wonach Hamas-Terroristen wahllos Zivilisten töteten, Familien verbrannten und Massaker anrichteten – nur teilweise zutrifft. Zwar gibt es Beweise für Tötungen durch Hamas-Kämpfer, doch die umfangreichen Schäden und die hohen Opferzahlen unter israelischen Zivilisten deuten auf eine überproportionale Reaktion der israelischen Streitkräfte hin.
Fotografische Beweise, die vom israelischen Außenministerium veröffentlicht und später entfernt wurden, zeigen geschmolzene Autos und verkohlte Leichen, die typische Merkmale von Hellfire-Raketenangriffen aus Apache-Hubschraubern aufweisen – einer Waffe, die Hamas nicht besitzt.
Schlüsselereignisse: Erez-Übergang, Kibbuz Be’eri und das Nova-Musikfestival
Erez-Übergang: Dieser zentrale Punkt der Belagerung Gazas wurde von Hamas-Kommandos überrannt. Der Kommandeur der Gaza-Division entschied sich, Hellfire-Raketen aus Apache-Hubschraubern auf die eigene Basis abzufeuern, was zu massiven strukturellen Schäden und zahlreichen Opfern führte. Dies markierte den Beginn der Operation Iron Swords, der flächendeckenden Bombardierung Gazas.
Kibbuz Be’eri: Hier ereigneten sich die meisten zivilen Opfer. Zeugin Yasmin Porat berichtete, wie sie und andere Geiseln in einem Haus gefangen gehalten wurden, bis israelische Spezialkräfte eintrafen und das Gebäude mit Panzergranaten beschossen. Die meisten Insassen, einschließlich ihrer gefesselten Partnerin, wurden getötet. Die strukturellen Schäden deuten auf Panzerbeschuss hin, der über die Fähigkeiten von Hamas hinausgeht.
Nova-Musikfestival: Nachdem die gut trainierten Hamas-Kommandos abgezogen waren, strömten ungeorganisierte Gruppen aus Gaza ein, darunter Zuschauer und weniger trainierte Kämpfer. Videos zeigen, wie Autos mit Geiseln beschossen wurden, doch die stark geschädigten Fahrzeuge und verkohlten Leichen lassen auf Hubschrauberangriffe schließen. Apache-Piloten gaben an, ohne klare Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kämpfern geschossen zu haben, und wurden angewiesen, ihre Munition vollständig zu verbrauchen.
Propaganda und ihre Folgen
Die israelische Regierung nutzte diese Ereignisse für eine umfangreiche Propaganda, die Lügen wie die von „40 enthaupteten Babys“ (wiederholt von Präsident Biden) oder Babys, die „in Öfen gebacken“ wurden, verbreitete. Diese Geschichten wurden später zurückgezogen, doch neue Narrative, basierend auf verkohlten Körperteilen (möglicherweise durch israelische Raketen verursacht), wurden verbreitet.
Die Bilder wurden zunächst auf einer Website des Außenministeriums hochgeladen, später jedoch entfernt – angeblich aufgrund technischer Fehler. Diese Propaganda rechtfertigte die anhaltenden Angriffe auf Gaza, bei denen laut einer Quelle 20.000 Menschen getötet wurden, was als Völkermord gewertet werden könnte.
Implikationen für die Geiseln
Die Geiseln in Gaza stehen vor einer düsteren Zukunft. Eine ältere Geisel aus dem Kibbuz Nir Oz kritisierte Netanjahu scharf und warf ihm vor, kein Interesse an ihrer Rettung zu haben – mindestens 50 Geiseln seien bereits durch die Bombenangriffe gestorben.
Die politische Dynamik, verstärkt durch extreme Propaganda, macht Verhandlungen unmöglich. Hamas strebte mit der Gefangennahme einen Gefangenenaustausch wie 2011 (Gilad Shalit gegen 1.027 palästinische Gefangene) an, doch Netanjahus Regierung verfolgt offenbar das Ziel eines Regimewechsels in Gaza, was eine monatelange, zerstörerische Kriegsführung bedeutet, in der die Überlebenschancen der Geiseln minimal sind.
Fazit
Die Ereignisse vom 7. Oktober offenbaren eine komplexe Mischung aus Hamas-Angriffen, israelischen Gegenmaßnahmen und einer möglichen Wiedereinführung der Hannibal-Direktive.
Blumenthals Untersuchung legt nahe, dass viele israelische Zivilisten und Soldaten durch freundliches Feuer starben, während die Propaganda diese Realität verdrehte, um eine genozidale Politik in Gaza zu rechtfertigen.
Die Eskalation könnte zu einem regionalen Konflikt führen, da die israelische Gesellschaft von einem mörderischen Furor ergriffen scheint, der durch westliche Unterstützung verstärkt wird. Weitere Berichte und unabhängige Untersuchungen sind dringend erforderlich, um die volle Wahrheit ans Licht zu bringen.


