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Amazon sperrt Online-Rezensionen zu Angela Merkels Memoiren, nachdem zahlreiche Leser scharfe politische Kritik geäußert und massenhaft Ein-Stern-Bewertungen abgegeben haben.

Wie Sie vielleicht schon gehört haben, hat die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel endlich ihre politischen Memoiren veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein 736 Seiten starkes Buch mit dem zweifelhaften Titel Freiheit, und wenn ich in den kommenden ein oder zwei Wochen etwas schweigsamer bin als sonst, dann liegt das teilweise daran, dass ich fleißig am Lesen bin. Ja, ich werde es durchsehen, und nein, ich freue mich nicht auf diese Aufgabe, die ich mir selbst gestellt habe.

Das Buch hat lange und generell positive Rezensionen in der Mainstream-Presse, denn die Journalisten sind immer noch sehr in Merkel verliebt. Faszinierend an diesen Beiträgen ist die unter der Oberfläche lauernde Gegenerzählung, so als ob die Verfasser auf unausgesprochene, unterdrückte Kritik reagieren würden: Immer wieder ist von Merkels Rationalität (und nicht von ihrem stillen Ränkespiel) zu lesen, von ihrer Nuancierung (und nicht von ihrer Verschleierung), von ihrem nüchternen Ton (und nicht von ihrer verrückten Politik), von ihrer Bescheidenheit (und nicht von ihrer sorgfältig geeichten Selbstdarstellung), von ihrem Erfolg als Frau im männerdominierten Feld der Politik (und nicht von ihren objektiven Misserfolgen).

Amazon-Leser zeigen sich deutlich skeptisch: Der weltgrößte Online-Händler meldet, dass Angela Merkels Buch Freedom eine durchschnittliche Bewertung von nur 3,5 Sternen erreicht. Diese Zahl wäre noch niedriger, wären da nicht die zahlreichen Fünf-Sterne-Bewertungen, die weniger das Buch selbst loben, sondern darauf bestehen, dass Rezensionen nicht als Ventil für allgemeine Kritik an Deutschlands umstrittener Nachkriegskanzlerin genutzt werden sollten – und Merkel in Wirklichkeit großartig war, wirklich war.

Die Online-Kritiker, darunter auch offenkundige CDU-Anhänger, bemängeln vorwiegend Merkels mangelnde Selbstreflexion und ihre Weigerung, Fehler einzugestehen.

„Angela Merkels Buch … ist enttäuschend auf ganzer Linie“, heißt es in einer der bestplatzierten Rezensionen. „Statt einer ehrlichen Reflexion über ihre 16 Jahre als Kanzlerin präsentiert sie eine selbst gefällige Rechtfertigung ihrer Politik, ohne jede Selbstkritik.“

Merkel vermeidet es konsequent, Fehler einzugestehen. Weder die umstrittene Energiewende noch die Herausforderungen der Eurokrise oder die Polarisierung der Gesellschaft durch ihre Migrationspolitik werden kritisch beleuchtet. Besonders auffällig ist die fehlende Einsicht in die Spannungen, die durch den Massenzustrom von Migranten und Asylbewerbern in Deutschland ausgelöst wurden. Zwischen den Zeilen wird deutlich, dass Merkel auch heute noch an einer grenzenlosen Aufnahmepolitik festhalten würde – ohne Rücksicht auf die sozialen Folgen …

Das Buch ist in einem trockenen und sterilen Stil geschrieben. Es fehlt an Lebendigkeit, Empathie und einem echten Verständnis für die Sorgen und Ängste der Bevölkerung. Merkel wirkt weltfremd und abgehoben von der Lebenswirklichkeit vieler Menschen. Statt Einsichten oder kritischer Momente präsentiert „Freiheit“ eine propagandistische Hommage an die eigene Herrschaft – ein Stück Geschichtsschreibung, das außer der Autorin selbst niemand gutheißen würde. …

„Freiheit“ ist letztlich ein Buch für eine kleine Elite, die sich in Merkels politischen Entscheidungen bestätigt fühlen will. …

Am Ende wirkt das Buch wie der mühsame Versuch einer Altkanzlerin, die Deutungshoheit über ihr politisches Erbe zu behalten.

Glücklicherweise, wie die Berliner Zeitung zuerst berichtete, hat Amazon dem ganzen Unmut nun einen Riegel vorgeschoben, indem es die Rezensionsfunktion gesperrt hat. Jeder, der versucht, eine Rezension zu hinterlassen – wie ich es gerade getan habe – wird mit dieser Fehlermeldung konfrontiert:

Großes Denk-Emoji.