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Die neuen grünen Krieger, CO₂-neutral

Deutschlands größtes Rüstungsunternehmen ist in US-Besitz – und es produziert “umweltfreundliche Mobilität”, schreibt Werner Rügemer.

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat schon Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler im Ersten und Zweiten Weltkrieg lukrativ gedient. In der Bundesrepublik Deutschland mit dem Gründungskanzler Konrad Adenauer stieg er mit amerikanischer Hilfe wieder auf: Er produzierte für den Krieg der USA gegen Korea. Heute produziert er gepanzerte Kettenfahrzeuge, Luftverteidigungs- und unbemannte Flugsysteme, U-Boot-Ausrüstung, militärische Antriebssysteme einschließlich Turmsysteme, groß- und mittelkalibrige Waffen sowie Munition für den Kampfpanzer “Leopard” und andere Panzer. Die Gruppe entwickelt derzeit auch ihren eigenen Panzer KFS1 “Panther”. Die Produktion ist für die Ukraine bestimmt, aber seit einiger Zeit floriert das weltweite Waffengeschäft mit dem US-Militär auf allen Kontinenten.

“Ein Unternehmen der umweltfreundlichen Mobilität”

In der Öffentlichkeit, wie auch auf seiner Website, spricht Rheinmetall gar nicht über Rüstung. Der Rüstungskonzern stellt überhaupt keine Rüstungsgüter her. Stattdessen heißt es: “Rheinmetall ist ein integrierter Technologiekonzern für umweltverträgliche Mobilität.

Und was macht so ein Konzern? Er entwickelt “innovative Lösungen für eine sichere und lebenswerte Zukunft”. Und Rheinmetall verspricht: Bis 2035 werden wir “CO 2 -neutral” sein! An der Börse versteckt sich Rheinmetall unter der Rubrik “Industriegüter”.

Der Konzern ist also ein Friedensstifter der neuen kapitalistischen Art. Nach außen hin grün gestrichen, umweltfreundlich, nachhaltig und innovativ, einer lebenswerten Zukunft zugewandt: Bis hin zum letzten ukrainischen Soldaten! Halt, da fehlt noch etwas: Die ukrainische Armee ist an westlichen Werten orientiert, also auch: Bis zur letzten ukrainischen Soldatin!

Nur namenlose und “unidentifizierte” Aktionäre

Neben dem grün angestrichenen Unternehmen gibt es das Wichtigste: Der “deutsche” Rüstungskonzern Rheinmetall ist gar nicht deutsch. Er gehört zum größten Teil US-amerikanischen Investoren. Aber das steht nirgendwo auf der Website des Konzerns oder in den Geschäftsberichten. Offiziell stellt Rheinmetall seine Eigentümer als namenlos dar.

So fasst der Konzern seine Aktionäre anonym als Zahl unter “institutionelle Aktionäre” zusammen. Laut dem zuletzt veröffentlichten Geschäftsbericht 2021 kommen die meisten dieser Anonymen aus den USA, nämlich 42. Dann folgen 23 dieser Anonymen aus “Europa” und drei aus dem “Rest der Welt”, also insgesamt 68 Namenlose.

Und auf diese 68 Namenlosen folgen 31 weitere Aktionäre, die noch unter anderen Formen der Namenlosigkeit auftauchen oder verschwinden. Es beginnt mit 17 “privaten Aktionären”. Dann werden drei Aktionäre als “andere Aktionäre” aufgeführt, ebenfalls namenlos. Und dann gibt es elf Aktionäre: Sie bilden wiederum eine eigene Kategorie und werden als “nicht identifiziert” bezeichnet. “Unbekannter” Aktionär – eine verräterische Bezeichnung, nicht wahr? Das verstößt gegen das deutsche Aktienrecht. Aber auch das merkt die Börsenaufsicht nicht.

Das müssen uns jetzt die “Verschwörungstheoretiker” erklären, oder besser gesagt, die Verschwörungspraktiker, nicht wahr? Und dürfen sich Bürger auf Friedensdemonstrationen jetzt auch als “andere” Bürger, als “Privatpersonen” oder als “Unbekannte” ausweisen?

Rheinmetall im Besitz von führenden US-Investoren

Aber die zehn größten Aktionäre sind leicht zu identifizieren, und zwar anhand von Börsenquellen: Neun der zehn größten Rheinmetall-Aktionäre haben ihren Sitz in den USA. Ihre Namen sind, in dieser Reihenfolge: Harris Associates, Wellington, Capital World, Fidelity, LSV, Vanguard, BlackRock, Dimensional, BKF. Sie gehören zu den größten Kapitalgebern im US-geführten Kapitalismus. Nur Norges, der größte durch norwegisches Öl finanzierte Staatsfonds, ist der einzige nicht-amerikanische Aktionär. Auch sonst sind BlackRock & Co. in Deutschland die führenden Aktionäre aller wichtigen Unternehmen und Banken, zum Beispiel bei Bayer, BASF, Siemens, Deutsche Bank. Aber es gibt auch ein paar andere Aktionäre aus Deutschland, Katar, Singapur, Kuwait oder China – aber keiner von ihnen bei Rheinmetall.

Diese US-amerikanische Dominanz wird aber noch verstärkt. Die meisten dieser Rheinmetall-Aktionäre sind auch untereinander verflochten. Aber das reicht nicht aus: Gleichzeitig sind die bereits erwähnten Aktionäre Capital, Fidelity, Vanguard, Dimensional und BlackRock sowie weitere US-Investoren wie John Hancock und SEI über kleinere Spezialfonds an Rheinmetall beteiligt. Der Fonds von Capital zum Beispiel heißt Europacific Growth Fund.

Namenlose, superreiche Kunden von BlackRock & Co.

Wellington, BlackRock, Capital & Co. geben den größten Teil der Gewinne von Rheinmetall an ihre superreichen Kapitalgeber weiter.

Wellington hält 5,09 Prozent der Rheinmetall-Aktien. Sie sind derzeit rund 500 Millionen Euro wert. Das Kapital zum Kauf dieser Aktien hat Wellington von etwa 115 superreichen Kapitalgebern erhalten. Wellington verwaltet deren Kapital und überweist deren jährliche Rheinmetall-Gewinne – nach Abzug einer Gebühr – in deren Namen an Briefkastenfirmen in Finanzoasen. Auf diese Weise werden die Anleger namen- und gesichtslos gemacht, entpersonalisiert. Auf den karibischen Cayman-Inseln dienen zum Beispiel die Briefkastenfirmen High Haith Investors (Cayman) II Ltd, Strategies Master Fund (Cayman) L.P. und Elbe Investors (Cayman) sowie Wellington Management Hong Kong Ltd. als anonyme Konstrukte.

BlackRock hält 8,28 Prozent der Anteile an der Gruppe. Sie sind rund 800 Millionen Euro wert. Das Kapital für den Kauf dieser Aktien erhielt BlackRock von etwa 155 superreichen Investoren. Die Briefkastenfirmen, in die die Gewinne dieser entpersonalisierten Superreichen fließen, heißen zum Beispiel BlackRock Jersey International Holdings L.P. auf der britischen Kanalinsel Jersey, SAE Liquidity Fund auf den Cayman-Inseln und BlackRock Luxembourg Holdco in Luxemburg, der führenden Finanzoase in der Europäischen Union.

Auf diese Weise werden die heimlichen Rüstungs- und Kriegsgewinnler für die Öffentlichkeit, die Finanzämter und die Finanzaufsichtsbehörden unerkennbar gemacht. Die dadurch ermöglichte Steuerhinterziehung verarmt die Staaten, die immer mehr Geld für die Aufrüstung und für Kriege wie in Afghanistan und der Ukraine ausgeben.

Ist eine Partei, die im Deutschen Bundestag und im US-Kongress vertreten ist, mutig genug, zumindest eine parlamentarische Anfrage zu organisierter Steuerhinterziehung und anderen Aktivitäten von Rheinmetall-Aktionären zu stellen?

Genehmigt nach deutschem Mitbestimmungsrecht

Diverse deutsche Pappnasen sorgen dafür, dass alles sein traditionell deutsches Gesicht behält. Gut bezahlt bevölkern sie den Vorstand und den Aufsichtsrat. Im Gegensatz zu den Aktionären werden sie alle im Geschäftsbericht namentlich genannt.

Der Vorstandsvorsitzende ist Armin Pappberger (Chief Executive Officer). Weitere Mitglieder des Vorstandes sind: Dagmar Steinen (Chief Financial Officer & Director), Michael Salzmann (Chief Compliance Officer), Philipp von Brandenstein (Head Corporate Communication), Peter-Sebastian Krause (Member Management Board), Drik Winkels (Head Investor Relations) und Dr. Rolf Giebeler (General Counsel).

Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Dipl.Kfm. Ulrich Grillo, Chef der Grillo-Werke und der Rheinzink GmbH und noch Mitglied des Aufsichtsrats des Energiekonzerns Eon. Die weiteren Mitglieder auf der Kapitalseite sind: Prof. Dr. Susanne Hannemann/Universität Bochum und die Vorsitzende von “Pfeiffer Vacuum Technologie”, Dr. Britta Giesen, Prof. Dr. Dr. h.c. Sahin Albayrak/Technische Universität Berlin und Prof. Dr. Andreas Georgi/Universität München. Dr. Ing. Klaus Dräger kommt aus dem BMW-Vorstand, und auch Ex-CDU-Verteidigungsminister Dr. Franz-Josef Jung passt in die Reihe. Akademische Titel in Hülle und Fülle, alles seriös, oder?

Auch Gewerkschaften und Betriebsräte sind zu gleichen Teilen im Aufsichtsrat vertreten. Gewerkschaftsfeindlichkeit, wie sie in vielen anderen Unternehmen und US-Konzernen in Deutschland wie Amazon üblich ist, gibt es bei Rheinmetall also nicht: BlackRock, Wellington & Co. sind auch dort die Hauptaktionäre. Aber kurios, oder? Gerade bei Rheinmetall gibt es die deutsche Mitbestimmung in ihrer besten Form.

Ein Konzern ohne Grenzen und ohne Gesetze

“Wir sind überall auf der Welt” – dieses Rheinmetall-Motto folgt dem Eigentümer-Staat USA. Auch wenn das US-Militär keine Kriege, Manöver und Sondereinsätze führt, so ist es doch weltweit permanent aktiv mit 857 Stützpunkten außerhalb der USA, in zehn NATO-Staaten wie Deutschland, in annektierten und abgetrennten Gebieten wie Hawaii, Guantanamo, Guam, Kosovo und Dutzenden anderer Staaten und Territorien, mit Kreuzern, Flugzeugträgern und U-Booten, Transportern und Kampfjets, Bombern, Drohnen, Satelliten, Panzern, Jeeps, LKW.

Für eine zeit- und ortsnahe Belieferung unterhält Rheinmetall nach eigenen Angaben 133 Standorte in 33 Ländern: 42 Standorte in Deutschland und weitere 45 in Europa. Mit der Feindschaftserklärung gegen China unter US-Präsident Barack Obama setzte sich die Amerikanisierung fort. Bis heute hat Rheinmetall 18 Standorte in Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland aufgebaut. Im Jahr 2014 holte Rheinmetall den ehemaligen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel (FDP), als Berater ins Boot: Seitdem wurden auch Niederlassungen in Südafrika, Katar, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründet.

Rheinmetall hat Erfahrung mit der Umgehung von Rüstungsexportkontrollen unter der Dauerkanzlerin Angela Merkel, etwa durch Niederlassungen in anderen Ländern wie den USA, Italien und Österreich. Aber jetzt geht die weltweite Lieferung ohnehin ohne Grenzen.

Europäische Rüstungsunternehmen in der US-Allianz

In Amerika betreibt Rheinmetall 15 Standorte – zehn davon in den USA, mehr als in jedem anderen Land außerhalb Deutschlands.

Von hier aus werden technische Innovationen vorangetrieben: American Rheinmetall Vehicles (ARV) hat gemeinsam mit Allison Transmission das elektrische Antriebssystem eGenForce für die neue Generation des US-Kampfpanzers Abrams entwickelt: Der Motor kann bei Bedarf auf den umweltfreundlichen CO2-freien Antrieb umgeschaltet werden, macht dann keinen Lärm, emittiert keine Wärme und ist von feindlichen Drohnen schwerer zu entdecken.

Gleichzeitig ist Rheinmetall zu einem wichtigen Partner eines anderen US-Rüstungsunternehmens geworden: Gemeinsam mit Lockheed baut Rheinmetall jetzt das 6,5 Meter lange Mittelstück zwischen Cockpit und Heck des F-35-Kampfjets: 35 Stück hat das deutsche Verteidigungsministerium anlässlich des Ukraine-Krieges erstmals bestellt. Rheinmetall baut damit sein Auftragsvolumen aus. Das Kalkül sowohl auf deutscher als auch auf amerikanischer Seite ist es auch, weitere europäische NATO-Mitglieder dazu zu bewegen, auf eigene Kampfjets zu verzichten und dafür den superteuren US-Tarnkappenjäger zu kaufen.

Die Rheinmetall-Aktionäre BlackRock & Co sind auch führende Aktionäre bei großen EU-Rüstungsunternehmen wie Leonardo (Italien) und BAE Systems (Großbritannien) und natürlich bei den Top Ten der USA wie Boeing, Lockheed und Raytheon. Darüber hinaus ist BlackRock mit zwei Managern in der US-Regierung vertreten und damit auch eine politische Kriegspartei – wie schon in Afghanistan und jetzt in der Ukraine.

Ukraine: Profitabler Stellvertreterkrieg

Rheinmetall hat seinen Aufstieg für den Ukraine-Krieg beschleunigt. Im Jahr 2021 wurde der spanische Munitionshersteller Expal gekauft. In Ungarn wird eine neue Fabrik gebaut. Kooperationen mit den beiden US-Rüstungskonzernen kamen hinzu. Vorstandschef Pappberger fordert von der Bundesregierung neue Aufträge für die Bundeswehr und rechnet mit zusätzlichen Aufträgen auch für die USA und deren verstärkte Militärbündnisse in Asien.

Der “deutsche” Rheinmetall-Konzern ist ein integraler Bestandteil der US-Politik. Natürlich gehörte Rheinmetall mit Leonardo und Lockheed zusammen mit der Climate Neutrality Foundation/Climate Imperative Foundation (USA) zu den Sponsoren der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2023: Rüstung und Kriege dienen jetzt der “Umwelt”.

Die korrupte, überschuldete und schon vor dem Krieg völlig verarmte Ukraine führt für die USA den lange vorbereiteten Stellvertreterkrieg gegen Russland. Seit 2022 ist BlackRock der offizielle Berater der ukrainischen Regierung für den “Wiederaufbau” des Landes: Je länger der Krieg dauert und je mehr ukrainische Soldatinnen und Soldaten getötet werden, desto lukrativer wird es – seit 2014 wurden Zehntausende von ihnen auf dem Altar der “westlichen Werte” geopfert.