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Diego Garcia: Ethnisch gesäubert für die endlosen US-Kriege

Während Trump mit einem Krieg gegen den Iran droht, instrumentalisiert Washington erneut Diego Garcia – eine Insel im Indischen Ozean, deren Existenz auf ethnischer Säuberung, britischem Kolonialismus und militärischem Abenteurertum beruht.

Von Aidan J. Simardone

Die Drohung von US-Präsident Donald Trump, den Iran anzugreifen, sollte dieser sein Atomprogramm nicht einstellen, hat das Interesse an einem langjährigen amerikanischen Außenposten wiederbelebt: Diego Garcia. B-2-Tarnkappenbomber wurden auf die Insel verlegt – britisches Territorium auf dem Papier, doch faktisch ein amerikanischer Militärstützpunkt. Washington bereitet sich entweder auf einen Krieg vor oder erhöht den Druck mit einem aggressiven Bluff.

Gelegen im Herzen des Indischen Ozeans, verschafft Diego Garcia den USA eine beispiellose Reichweite nach Westasien, Ostafrika und Südasien. Die Insel diente als Startplattform für alle großen US-Kriege in der Region – von Irak bis Afghanistan. Nun könnte sie der Schlüssel für einen möglichen Angriff auf die Islamische Republik Iran sein.

Doch diese abgelegene und scheinbar unproblematische Insel ist tief in koloniale Ungerechtigkeit verstrickt. Die ursprünglichen Bewohner, die Chagossianer, wurden gewaltsam vertrieben, um Platz für den US-Stützpunkt zu schaffen. Unter dem Druck Washingtons spaltete Großbritannien das Archipel von Mauritius ab und betrieb ethnische Säuberung.

Im Jahr 2024 erklärte sich Großbritannien schließlich bereit, die Inseln an Mauritius zurückzugeben – aber der US-Pachtvertrag bleibt bestehen. Vorläufig ist Diego Garcia sicher in amerikanischer Hand – und bereit, erneut als Sprungbrett für imperiale Kriegsführung zu dienen.

Vom Paradies zum Genozid

Die Chagos-Inseln, einst von Frankreich und später von Großbritannien kolonisiert, waren die Heimat einer einzigartigen kreolischen Bevölkerung, die von afrikanischen Sklaven und indischen Arbeitern abstammte. Generationen von Chagossianern lebten friedlich auf den Inseln und entwickelten eine eigene Sprache und Kultur.

In den 1950er- und 60er-Jahren, als antikoloniale Bewegungen Afrika und Asien erfassten, suchten die USA neue Militärbasen, um ihre Vorherrschaft am Indischen Ozean zu sichern. Camp Badaber in Pakistan wurde 1970 geschlossen, da sich das Land China näherte. Der eritreische Unabhängigkeitskrieg gefährdete die Station Kagnew in Äthiopien. Der Verlust beider Basen wäre ein schwerer Schlag für die US-Aufklärung gegen die Sowjetunion gewesen.

Diego Garcia sollte diese Lücke schließen. Doch es gab zwei Probleme: Die Inseln gehörten zu Mauritius – und sie waren bewohnt.

In Verletzung internationaler Normen setzte Großbritannien Mauritius unter Druck, das Chagos-Archipel abzutreten.

Dann begann die ethnische Säuberung: Um die Bewohner einzuschüchtern, wurden ihre Haustiere massenhaft erschossen oder vergast. Die größte Plantage wurde geschlossen, wodurch die Menschen ihre Arbeit verloren. Nahrung und medizinische Versorgung wurden eingeschränkt, um die Bevölkerung zu schwächen oder zur Ausreise zu zwingen. 1971 wurde den Verbliebenen mitgeteilt, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis benötigen – doch niemand erhielt sie.

Kurz darauf wurden sie ohne Vorwarnung aus ihren Häusern vertrieben. Wie ihre versklavten Vorfahren wurden sie auf Schiffen unter Deck zusammengepfercht und zur Flucht gezwungen.

Sprungbrett für endlose Kriege

Mit leerer Insel und erweiterter Landebahn wurde Diego Garcia rasch zum Herzstück der US-Kriegsstrategie. Die Insel spielte eine Schlüsselrolle bei der misslungenen US-Geiselbefreiung im Iran 1980 („Operation Eagle Claw“) sowie während des Iran-Irak-Krieges.

1987 wurde die Startbahn für B-52-Bomber ausgebaut – riesige Flugzeuge mit großer Reichweite und hoher Bombenlast. Sie waren zentral für Angriffe auf irakische Kommandozentralen im Golfkrieg und erneut bei den Invasionen Afghanistans und des Irak.

Mit dem Ausbau der US-Präsenz am Persischen Golf gewannen die Stützpunkte in Katar und Bahrain an Bedeutung: Dort sind heute US-Bomber stationiert, das CENTCOM-Hauptquartier und die Fünfte Flotte der US-Marine. Bomber aus Katar und Schiffe aus Bahrain schlugen die Taliban in Afghanistan und führten Angriffe auf Bagdad während der „Schock-und-Ehrfurcht“-Kampagne.

Doch die Nähe zum Schlachtfeld wurde zur Schwäche: Irans Raketenarsenal, inklusive Hyperschallraketen – demonstriert bei der Vergeltung gegen Israel im Oktober 2024 – macht diese Golfbasen verwundbar.

Auch für Tarnkappenbomber wie den B-2 ist die Nähe riskant. Diese Flugzeuge sind bei Start und Bodenbetrieb erkennbar. Da nur 20 existieren – jedes kostet 2 Milliarden Dollar – kann sich die USA deren Verlust nicht leisten. Ein Krieg könnte zudem die Golfstaaten in Schutt und Asche legen – sowohl militärisch als auch wirtschaftlich.

Bahrain und Katar dürften kaum bereit sein, diesen Preis zu zahlen. Neben militärischen Anlagen würde auch Öl- und Gasinfrastruktur zerstört – das wirtschaftliche Rückgrat der Golfstaaten. Zudem haben beide Länder in letzter Zeit ihre Beziehungen zum Iran verbessert.

Diego Garcia – militärisch ideal, moralisch ein Desaster

Diego Garcia hingegen liegt außerhalb der Reichweite der meisten iranischen Raketen – zumindest derzeit. Die Tarnkappenbomber können von hier aus unbemerkt starten, und Iran hat nur begrenzte Möglichkeiten, Großbritannien zu bestrafen – ein ideales Aufmarschgebiet für die USA.

Die längste bekannte iranische Rakete, die Khorramshahr-4, reicht etwa 2.000 km. Diego Garcia liegt fast 4.000 km entfernt. Es gibt zwar keine Beweise, dass Iran über Raketen mit dieser Reichweite verfügt, aber ausschließen lässt sich das nicht – zumal Irans Raketen in der Lage waren, israelische Luftabwehr zu umgehen.

Ein Angriff auf den Iran könnte einen regionalen Flächenbrand auslösen – mit Angriffen auf US-Stützpunkte von Tel Aviv bis Riad. Einige getötete iranische Führer wären symbolische Erfolge, doch das iranische Kommando ist auf Widerstand ausgelegt. Die Risiken übersteigen die taktischen Gewinne bei Weitem.

Karte, die die Lage des US-Stützpunktes in Diego Garcia zeigt.

Ein Heimatland wird zur Festung

Trotz eines IGH-Urteils von 2019, in dem Großbritannien zur Rückgabe der Inseln aufgefordert wurde, bleibt Gerechtigkeit für die Chagossianer aus. Obwohl London 2024 zustimmte, die Inselgruppe an Mauritius zurückzugeben, bleibt die US-Basis bestehen. Mauritius bot einen 99-jährigen Pachtvertrag an – ohne Rückkehrrecht für die Vertriebenen.

Das könnte bald dauerhaft so bleiben. Kommt es zum Krieg, könnte Diego Garcia weiter ausgebaut, stärker militarisiert und endgültig unbewohnbar gemacht werden. Was einst eine friedliche Heimat war, wird zu einer Betonfestung.

Ob durch Luftschläge oder imperiale Trägheit – die Chagossianer drohen ihre Inseln endgültig zu verlieren. Nicht an die Geschichte, sondern an die Kriege der Vereinigten Staaten.