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Hintergründe und Elemente des Ukraine-Krieges

Hocherfreut dürfen wir das in «Schweizer Standpunkt» erstmals publizierte Interview mit einem echten Militärexperten, dem Schweizer Jacques Baud, veröffentlichen.

Vorwort

Unser Blog schreibt immer wieder über den Kriegsverlauf und auch über die pitoyable Berichterstattung des Westens. Vor ein paar Wochen publizierten wir den Artikel «Verlässliche Quellen für die Kriegsberichterstattung» und zeigten auf, wie VoicefromRussia arbeitet.

Unter anderem erwähnten wir Jacques Baud als Experten und zuverlässigen Militäranalysten, einer der Wenigen im Westen, der der Propaganda nicht verfallen ist.

Wer ist Jacques Baud?

Jacques Baud hat in Genf Internationale Sicherheit und Wirtschaft studiert. Er ist Oberst im Generalstab der Schweizer Armee und arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst. In Brüssel und in der Ukraine nahm er während mehreren Jahren im Auftrag der Nato verschiedene Funktionen wahr. Für die UNO-Friedenssicherung war er vor allem in afrikanischen Ländern im Einsatz. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Artikel über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation. Seine in unabhängigen Medien publizierten aktuellen Analysen zum Ukrainekonflikt finden in Europa und darüber hinaus grossen Anklang.

«Diese Krise zeigt uns die Schwäche unserer Gesellschaft auf»

Einleitung

(30. Mai 2023) Anlässlich einer Reise nach Strassburg, Luxemburg und Brüssel haben zwei Redaktionsmitglieder des «Schweizer Standpunkt» das nachstehende Gespräch mit dem Schweizer Militäranalysten Jacques Baud geführt. Er äussert sich zu den Ursachen des Krieges, zur aktuellen Situation der ukrainischen und russischen Truppen sowie zum Einfluss der USA auf das Geschehen in der Region. In einem zweiten Teil kommen auch Fragen der internationalen Handelsbeziehungen und der Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust der Schweiz im Ausland zur Sprache.

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Schweizer Standpunkt: Herr Baud, wie schätzen Sie die heutige Situation ein? Warum wird nicht verhandelt?

Jacques Baud: Wir sind in einer seltsamen Phase. Im Westen denkt man, dass die Ukraine gewinnt und darum gibt es keinen Grund zum Verhandeln.

Vor kurzem wurde François Hollande, der ehemalige französische Präsident, von russischen Humoristen in eine Telefonfalle gelockt. Indem sie vorgaben, Petro Poroschenko zu sein, brachten sie ihn dazu, vertraulich zu werden und zu erklären, dass «solange die Ukraine gewinnt, es keinen Grund gibt, zu verhandeln». So ist die allgemeine Überzeugung. Die Propaganda ist so stark, dass die Leute nicht einmal merken, dass die Ukraine nicht gewinnen kann.

Warum also verhandeln, wenn man annimmt, dass die Russen in Schwierigkeiten sind, nicht die Ukrainer. Was die Russen betrifft, so hat die bewusste Weigerung der westlichen Länder, die Minsker Abkommen umzusetzen, dazu geführt, jegliches Vertrauen in unsere Aufrichtigkeit zu verlieren.

Minsker Abkommen

Was ist mit den Minsker Abkommen passiert?

Petro PoroschenkoAngela MerkelFrançois Hollande, und dann auch Zelensky selbst, haben alle gesagt, dass sie nie die Absicht gehabt hätten, die Minsker Abkommen umzusetzen. Was heisst das für die Russen? Die selbsternannten Donbass-Republiken unterzeichneten im September 2014 ein Abkommen mit Kiew (Minsk 1). Kiew hielt sich nicht an das Abkommen und im Februar 2015 wurde ein zweites Abkommen (Minsk 2) unterzeichnet. Deutschland und Frankreich waren die Garanten für die Umsetzung des Abkommens für die Ukraine, Russland war der Garant für die Republiken des Donbass. Darüber