von Larry C. Johnson
Das Treffen zwischen russischen und ukrainischen Delegationen am Freitag, dem 16. Mai, in Istanbul diente lediglich dazu, die Ukraine und die NATO daran zu erinnern, dass die Bedingungen zur Beendigung des Krieges, wie sie Präsident Putin in seiner Rede vom 14. Juni 2024 vor hochrangigen Vertretern des russischen Außenministeriums dargelegt hatte, weiterhin gelten – zumindest vorläufig. Falls Sie sie verpasst haben, hier sind sie:
- Territoriale Zugeständnisse: Die Ukraine muss ihre Streitkräfte vollständig aus den Oblasten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja abziehen – einschließlich jener Gebiete, die derzeit nicht unter russischer Kontrolle stehen.
- NATO-Neutralität: Die Ukraine muss offiziell ihren Wunsch aufgeben, der NATO beizutreten, und einen neutralen, blockfreien und nuklearfreien Status annehmen.
- Sanktionsaufhebung: Alle westlichen Sanktionen gegen Russland müssen im Rahmen eines Friedensabkommens aufgehoben werden.
- Demilitarisierung und „Entnazifizierung“: Zukünftige Verhandlungen müssen Bestimmungen zur Entmilitarisierung und „Entnazifizierung“ der Ukraine enthalten – Konzepte, die bereits bei den Istanbuler Gesprächen 2022 diskutiert wurden.
- Schutz russischsprachiger Bürger: Die Ukraine muss die Rechte und Freiheiten russischsprachiger Bürger auf ihrem Staatsgebiet garantieren.
Die russische Delegation teilte den Ukrainern dem Vernehmen nach mit, dass ukrainische Truppen die vier Oblaste, die nun Teil der Russischen Föderation sind – also Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja – räumen müssen, bevor überhaupt über ein mögliches Waffenstillstandsabkommen gesprochen werden könne.
Wenn die Ukraine das Angebot jetzt nicht annimmt, werde das nächste russische Angebot noch härter ausfallen. Laut RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan informierten die Russen ihre ukrainischen Gesprächspartner darüber, dass die nächste Forderung der vollständige Rückzug aus acht Oblasten sein werde. Dies sei kein Bluff. Die Russen hätten damit ganz im Stil von Walter Brennan gehandelt, der in der US-Serie The Guns of Will Sonnett aus den 1960er Jahren für seinen Satz berühmt war:
„Keine Prahlerei, nur Tatsache.“
Russland ist bereit, den Abnutzungskrieg fortzusetzen, denn die eigentliche Bedrohung sei nicht die Ukraine, sondern die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten. Die Ukraine sei lediglich ein Spielball des Westens – und das sei den russischen Führungskräften vollkommen bewusst.
Apropos Abnutzung: Die Russen und Ukrainer tauschen derzeit Leichen toter Soldaten im Verhältnis von 27 zu 1 aus – das heißt: 27 tote Ukrainer für einen getöteten russischen Soldaten. Das ist die Definition eines Abnutzungskrieges.
Die westlichen Hoffnungen, Russland zu isolieren und es zu einem bedingungslosen Waffenstillstand zu zwingen, sind an der festen Haltung Moskaus in Istanbul zerschellt. Selenskyj und seine europäischen Verbündeten reagieren mit Empörung – aber Russland kümmert das nicht.