Am 9. Oktober 2025 sprach Scott Ritter in der Sendung „Judging Freedom“ mit Moderator Judge Andrew Napolitano über den sogenannten „Trump-Friedensplan“, der einen Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas vorsieht. Ritter, ein ehemaliger UN-Waffeninspekteur, analysierte die erste Phase des Abkommens, die Bedeutung der Verhandlungen und die politischen Implikationen. Dieser Artikel fasst Ritters Einsichten zusammen und beleuchtet die Aussichten sowie die Herausforderungen dieses Deals.
Phase Eins des Abkommens
Laut Ritter sieht die erste Phase des Abkommens einen Austausch von Geiseln vor: Hamas und Islamischer Dschihad sollen die noch lebenden israelischen Geiseln sowie die Leichen verstorbener Geiseln an Israel übergeben. Im Gegenzug will Israel etwa 1.200 palästinensische Gefangene freilassen. Zudem soll Israel sich aus 70 % des Gazastreifens zurückziehen. Diese Schritte bilden die Grundlage für weitere Phasen des Waffenstillstands, die jedoch noch nicht vollständig ausgearbeitet sind.
Ein zentraler Punkt des Abkommens ist die mögliche Entwaffnung der Hamas. Ritter betont, dass Hamas bereit ist, ihre Waffen niederzulegen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt werden, insbesondere die Schaffung eines palästinensischen Staates. Die genauen Details und der Zeitplan für die Entwaffnung sind jedoch noch unklar, was laut Ritter Raum für Konflikte lässt. Er verweist auf Israels Geschichte, Waffenstillstände zu verletzen, was die Umsetzung des Abkommens gefährden könnte.
Warum gibt Hamas ihre Waffen auf?
Auf die Frage, warum Hamas ihre einzige Verhandlungsmasse – Geiseln und Waffen – aufgeben sollte, angesichts des wiederholten Verrats durch Israel, antwortet Ritter, dass Hamas ein klares Ziel verfolgt: die Schaffung eines palästinensischen Staates. Er betont, dass der aktuelle Deal nahezu alle Forderungen der Hamas erfüllt, die nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 gestellt wurden. Ritter beschreibt das Abkommen als einen „Hamas-Friedensvertrag“, der von Donald Trump als Erfolg verkauft wurde, aber in Wahrheit die Ziele der Hamas widerspiegelt.
Entgegen der Darstellung als reine Terrororganisation, die auf Gewalt und Zerstörung aus sei, kämpfe Hamas für ein palästinensisches Heimatland. Der Deal bietet die Chance, dieses Ziel zu erreichen. Ritter betont, dass Hamas nicht aus Vertrauen zu Israel handelt, sondern weil das Abkommen die politische und strategische Grundlage für ihre langfristigen Ziele schafft.
Palästinensischer Staat und Netanjahus Haltung
Ein zentraler Streitpunkt ist die Frage eines palästinensischen Staates. Premierminister Benjamin Netanjahu hat wiederholt erklärt, dass er einen solchen Staat niemals akzeptieren werde. Ritter weist darauf hin, dass ein dauerhafter Frieden einen Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung erfordert, einschließlich internationaler Garantien und der Unterstützung der USA. Netanjahu stehe jedoch unter Druck: Seine Koalition aus extremistischen Parteien, angeführt von Figuren wie Smotrich und Gavir, könnte auseinanderbrechen, wenn er Zugeständnisse macht. Gleichzeitig verliert Israel zunehmend die Unterstützung in den USA, insbesondere unter der „Make America Great Again“-Bewegung, die Israels Einfluss auf die US-Politik kritisch sieht.
Ritter sieht eine Chance, dass Netanjahu durch den Druck der internationalen Gemeinschaft und den Verlust an Rückhalt gezwungen sein könnte, eine gemäßigtere Koalition zu bilden, die einen Friedensprozess unterstützt. Dennoch bleibt unklar, ob Netanjahu bereit ist, seine bisherige Haltung aufzugeben.
Die Rolle der US-Militärdrohungen
Präsident Trump betonte, dass das US-Militär maßgeblich an der Erreichung des Abkommens beteiligt war. Ritter interpretiert dies als Teil von Trumps „Frieden durch Stärke“-Strategie. Trump habe Hamas mit militärischen Drohungen unter Druck gesetzt, indem er US-Militärflugzeuge in die Region verlegte. Ritter glaubt jedoch nicht, dass diese Drohungen entscheidend waren. Vielmehr seien komplexe Verhandlungen mit Akteuren wie Katar und anderen arabischen Staaten ausschlaggebend gewesen.
Er betont, dass Hamas letztlich „gewonnen“ habe, da das Abkommen ihre Kernforderungen erfüllt. Trumps Darstellung, die Drohungen hätten Hamas zum Einlenken gezwungen, sei eine Vereinfachung, die seine eigene Rolle überhöhe. Tatsächlich habe die arabische Welt eine entscheidende Gegenoffensive gestartet, indem sie Trumps ursprünglichen Plan – die Zwangsevakuierung der Palästinenser aus Gaza – ablehnte und stattdessen den Wiederaufbau Gazas forderte.
Die Bedeutung der arabischen Staaten
Ritter hebt hervor, dass die Verhandlungen von Ländern wie Katar und anderen arabischen Staaten vorangetrieben wurden. Diese Staaten haben eine Alternative zu Trumps ursprünglichem Vorschlag entwickelt, der Gaza in ein „Strandresort“ verwandeln wollte. Stattdessen besteht die Vereinbarung darauf, dass die Palästinenser in Gaza bleiben und der Gazastreifen Teil eines zukünftigen palästinensischen Staates wird. Hamas hat sich bereit erklärt, in eine „palästinensische Elite-Architektur“ integriert zu werden, behält jedoch eine politische Rolle, was ein entscheidender Kompromiss war.
Die Zukunft Gazas
Auf die Frage, was die freigelassenen palästinensischen Gefangenen in Gaza erwartet, antwortet Ritter: „Palästina.“ Trotz der Zerstörung des Gazastreifens betont er, dass für die Palästinenser nicht materielle Werte wie Gebäude im Vordergrund stehen, sondern die Aussicht auf einen freien und unabhängigen Staat. Gaza sei nicht länger ein „Freiluftgefängnis“, sondern stehe am Beginn einer neuen Ära als Teil eines palästinensischen Staates.
Trumps Selbstinszenierung
Ritter kritisiert Trumps Neigung, seine Rolle zu übertreiben. In einem Interview mit Sean Hannity behauptete Trump, seine Handelspolitik, insbesondere Zölle, habe „Frieden in die Welt gebracht“. Ritter sieht dies als Teil von Trumps Fantasie, den Nobelpreis für Frieden zu gewinnen, der am 10. Oktober 2025 verliehen wird. Er betont, dass nicht Trumps Drohungen oder Zölle den Deal ermöglichten, sondern die strategische Planung der Hamas und der Druck der arabischen Welt.
Hamas habe nach dem 7. Oktober 2023 bewusst Israel in einen Konflikt verwickelt, der dessen brutales Vorgehen offenbarte und die internationale Unterstützung für Israel schwächte. Dieser Verlust an Rückhalt, insbesondere in den USA, zwang Israel an den Verhandlungstisch. Ritter verweist auf Netanjahus ungeschickte Versuche, die öffentliche Meinung in den USA zu beeinflussen, wie etwa seine Auftritte in sozialen Medien, die eher Ablehnung als Unterstützung hervorriefen.
Fazit
Scott Ritter bietet eine nüchterne Analyse des Israel-Hamas-Deals, den er als Erfolg für die Hamas betrachtet, da er ihre Kernforderungen erfüllt. Die erste Phase des Abkommens – Geiselaustausch und teilweiser Rückzug Israels – ist ein Schritt in Richtung Waffenstillstand, doch die Entwaffnung der Hamas und die Schaffung eines palästinensischen Staates bleiben Herausforderungen. Ritter betont die Rolle der arabischen Staaten und den schwindenden Rückhalt für Israel in den USA als entscheidende Faktoren. Während Trump den Deal als persönlichen Triumph darstellt, sieht Ritter die strategische Planung der Hamas und die internationale Dynamik als treibende Kräfte. Ob der Waffenstillstand hält, hängt von der Umsetzung und dem politischen Willen ab, einen palästinensischen Staat zu schaffen.


