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Scott Ritter: Was wir bis jetzt wissen.

Irans Vergeltungsschlag in Katar: Symbolische Eskalation oder Weg zu einer großen Einigung?

Am Montag, den 23. Juni 2025, analysierte der ehemalige UN-Waffeninspektor Scott Ritter in der Sendung „Judging Freedom“ mit Moderator Andrew Napolitano die jüngsten iranischen Raketenangriffe auf die US-Luftwaffenbasis Al-Udeid in Katar. Die Angriffe, die als Reaktion auf US-Bombardierungen iranischer Nuklearanlagen am Wochenende erfolgten, werfen Fragen nach der Absicht und den möglichen Folgen dieses Konflikts auf. Ritter betonte: „Dies war ein symbolischer Schlag des Irans gegen einen symbolischen amerikanischen Angriff.“

Irans begrenzter Vergeltungsschlag

Laut Ritter hat der Angriff auf die Al-Udeid-Basis definitiv stattgefunden. „Der iranische Präsident hat zusammen mit dem Kommando der Revolutionsgarden eine Erklärung abgegeben, und der Oberste Führer hat sich dazu geäußert“, erklärte er. Sechs Raketen wurden abgefeuert, wobei einige Berichte darauf hindeuten, dass es sich um ältere Modelle handelte, die nicht die modernen Fatah-Raketen waren. „Sie waren quasi zum Scheitern verurteilt“, sagte Ritter. Drei Raketen sollen die Basis getroffen haben, doch dank einer umfangreichen Vorwarnung der USA gab es keine Opfer. Der Oberste Führer des Irans erklärte anschließend: „Wir haben niemanden verletzt, aber niemand wird uns zum Narren halten.“

Ritter sieht in diesem Angriff eine symbolische Geste, die auf einen ebenso symbolischen US-Angriff auf leere iranische Einrichtungen reagiert. „Beide Seiten betreiben extreme Rhetorik, aber liefern nur minimale Schläge“, betonte er. US-Präsident Donald Trump habe angekündigt, nicht zu reagieren, was laut Ritter auf eine mögliche „große Einigung“ hindeuten könnte. „Es scheint, dass weder die USA noch der Iran auf Blut aus sind“, sagte er, „sie suchen nach einem Ausweg.“

Hintergrunddiplomatie und russische Rolle

Ein entscheidender Faktor war laut Ritter die russische Unterstützung für den iranischen Angriff. Der iranische Außenminister traf vor dem Angriff mit Präsident Wladimir Putin zusammen, und „die Russen haben das grüne Licht gegeben“, so Ritter. Er betonte: „Die Russen hätten keine Aktion unterstützt, die zu einer Eskalation geführt hätte.“ Dies deute auf intensive Hintergrunddiplomatie hin, die darauf abzielt, die Lage zu stabilisieren. „Die Tit-for-Tat-Schläge ohne Opfer könnten Teil dieses Stabilisierungsversuchs sein“, erklärte er.

US-Angriff ohne militärischen Nutzen

Ritter bestätigte mit Nachdruck, dass die US-Bombardierungen am Wochenende keinen legitimen militärischen Zweck erfüllten. „Selbst die US-Regierung und Israel mussten zugeben, dass das 60%ig angereicherte Uran und die fortschrittlichen Zentrifugen nicht zerstört wurden“, sagte er. „Wir wissen nicht einmal, wo sie jetzt sind.“ Die Situation sei nun schlimmer als zuvor, da die USA vor dem Angriff zumindest den Standort des Materials kannten, das von Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) überwacht wurde. Der iranische Parlament habe zudem die Beziehungen zur IAEA abgebrochen, was die Kontrolle über das iranische Nuklearprogramm weiter erschwere.

Ritter sieht hierin einen Grund, warum Trump eine diplomatische Lösung anstreben könnte. „Eine große Einigung, die den Konflikt beendet und das iranische Nuklearmaterial unter eine neue IAEA-Inspektion stellt, vielleicht mit einer Begrenzung der Anreicherung auf 3,75%, wäre ein logisches Ergebnis“, sagte er. Die militärische Aktion habe versagt, da weder das Material noch die Zentrifugen zerstört wurden. „Die einzige Möglichkeit, sie unter Kontrolle zu bringen, ist entweder eine strategische Niederlage des Irans – was derzeit nicht realistisch ist – oder ein Abkommen“, betonte er.

Trumps und Hegseths Rhetorik entlarvt

Die Behauptungen von Verteidigungsminister Pete Hegseth, der den US-Angriff als „brillant“ bezeichnete, und von Trump, der behauptete, die iranischen Nuklearanlagen „völlig ausgelöscht“ zu haben, bezeichnete Ritter als „Unsinn“. „Es sei denn, Trumps Plan war, eine demonstrativ nutzlose Aktion durchzuführen und sie mit seiner Rhetorik zu verschleiern“, sagte er. Er wies darauf hin, dass beide Seiten – die USA und der Iran – mit übertriebener Rhetorik operieren, aber nur minimale militärische Aktionen durchführen. „Vielleicht hat Trump gehofft, dass der Iran ähnlich wie nach der Ermordung von Qassem Soleimani reagiert, um den Konflikt zu beenden“, spekulierte Ritter.

Einfluss Israels auf die US-Politik

Ein zentraler Punkt in Ritters Analyse war der Einfluss Israels auf die US-Außenpolitik. Er zeigte sich schockiert über die Aussage der Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce, die erklärte: „Amerika ist die größte Nation der Welt, nach Israel.“ „Das ist eine Demütigung für die USA“, sagte Ritter. „Man unterstellt die USA keiner Nation, schon gar nicht Israel.“ Er betonte, dass solche Aussagen Bände über den Zustand der US-Politik sprechen.

Ritter warf zudem dem designierten Außenminister Marco Rubio vor, ein „de-facto-Werkzeug Israels“ zu sein. „Rubio trägt die Interessen von Benjamin Netanjahu“, sagte er. Er erinnerte an die 100 Millionen Dollar, die Trump von der israelischen Spenderin Miriam Adelson erhielt, und an Rubios Doppelfunktion als Außenminister und nationaler Sicherheitsberater, was „verfassungsrechtlich problematisch“ sei. „Trump hat sich fast ausschließlich mit Leuten umgeben, die bedeutende israelische Gelder erhalten haben“, kritisierte Ritter.

Rubios Fehlaussagen zur iranischen Bedrohung

In einer hitzigen Debatte über die iranische Urananreicherung erklärte Rubio, dass 60%ig angereichertes Uran nur für nukleare Zwecke genutzt werde und Iran ein „Schwellenstaat“ sei. Ritter räumte ein, dass Rubio hier einen validen Punkt habe: „60%ig angereichertes Uran hat keinen anderen Zweck, als den Iran als Schwellenstaat zu positionieren.“ Er kritisierte jedoch, dass Iran dies für Verhandlungszwecke tue, was die Tür für präventive militärische Angriffe öffne. „Ich habe das bereits im Oktober letzten Jahres kritisiert“, sagte er.

Entscheidend sei jedoch, dass Rubio die diplomatischen Bemühungen ignorierte. „Am 14. April begannen die USA Verhandlungen mit dem Iran, die die Anreicherung auf 3,75% begrenzt und alle von Rubio genannten Probleme gelöst hätten“, erklärte Ritter. „Aber Rubio war nicht an Diplomatie interessiert. Er hat im Auftrag Israels die Entscheidung getroffen, in den Krieg zu ziehen.“

Israels prekäre Lage

Ritter betonte, dass Israel seit dem überraschenden Angriff auf den Iran Mitte Juni stark unter Druck steht. „Iran trifft Ziele von kritischer Bedeutung“, sagte er, darunter das Kraftwerk in Aschdod, das „wörtlich das Licht in Israel ausmachen“ könnte, sowie militärische Einrichtungen. „Die Raketen erreichen ihre Ziele und richten Schaden an“, erklärte er. In Israel gebe es zunehmend Stimmen, die den Konflikt als nicht nachhaltig bezeichnen. „Israel drängt die USA, den Konflikt bis Ende der Woche zu beenden, weil sie nicht viel mehr aushalten können“, so Ritter.

Er wies darauf hin, dass Netanjahu die USA in diesen Krieg hineingezogen habe, um laufende Verhandlungen mit dem Iran zu sabotieren. „Netanjahu nutzte die Verhandlungen als Täuschung, um den Iran für einen Überraschungsangriff zu positionieren“, sagte Ritter. „Jetzt will er, dass die USA ihn aus dem Krieg holen, den er begonnen hat.“

Internationale Reaktionen und diplomatische Chancen

Ritter berichtete von einer bemerkenswerten Initiative im UN-Sicherheitsrat, wo Russland, China und Pakistan eine Resolution für einen sofortigen Waffenstillstand einbrachten. „In der aktuellen Lage, in der die Leere der amerikanischen und iranischen Angriffe offensichtlich ist, könnte die USA für eine solche Resolution stimmen“, sagte er. „Wir befinden uns in einem Bereich der Möglichkeiten für Diplomatie.“ Er betonte, dass Russland und China bereit seien, und auch der Iran signalisiere Verhandlungsbereitschaft. „Es liegt an den USA und Israel, einen Kompromiss über das iranische Nuklearprogramm zu akzeptieren“, so Ritter.

Netanjahus politische Zukunft

Sollte Netanjahu einen Waffenstillstand und einen Kompromiss über die Urananreicherung akzeptieren, müsse er dies als „tragischen, aber notwendigen Sieg“ darstellen, sagte Ritter. „Er könnte behaupten, dass der Schaden an der iranischen Infrastruktur den Iran um zwei bis vier Jahre zurückgeworfen habe und dass dies die Grundlage für ein neues Nuklearabkommen sei“, erklärte er. In Wirklichkeit sei Netanjahus politische Karriere jedoch wahrscheinlich beendet. „Er steht vor mehreren Gerichtsverfahren, und sobald er nicht mehr Premierminister ist, droht ihm eine Verhaftung“, sagte Ritter. „Israel wird erkennen, dass dies ein unnötiger Krieg war, und der politische Preis wird hoch sein.“

Trumps Risiko eines Weltkriegs

Ritter warnte, dass Trumps Entscheidung für den Angriff am Samstagabend das Risiko eines Dritten Weltkriegs barg. „Ich glaube nicht, dass diese große Einigung, über die wir flüstern, auf dem Tisch lag, als Trump den Angriff befahl“, sagte er. Ohne vorherige Absprache mit Russland, China oder dem Iran sei die Aktion „vorschnell und unverantwortlich“ gewesen. „Was, wenn der Iran mit 50 Raketen angegriffen hätte, die US-Basen zerstört und Hunderte oder Tausende Amerikaner getötet hätte?“, fragte er. „Das ist das Risiko, das Trump eingegangen ist.“ Eine Attacke auf die Straße von Hormus oder die Öl-Infrastruktur hätte zudem eine diplomatische Krise und einen globalen Wirtschaftskollaps auslösen können.

Fazit: Diplomatie statt Krieg

Ritter schloss mit einem Plädoyer für Diplomatie. „Selbst wenn es eine große Einigung gibt, zahlen wir einen hohen Preis für etwas, das wir durch Verhandlungen ohne Krieg hätten erreichen können“, sagte er. Die Verantwortung liege bei Trump und seinem Außenminister Rubio, der israelische Interessen über die der USA stelle. „Iran ist kein Irak, kein Libyen, kein Syrien“, betonte Ritter in einer früheren Analyse. „Dies ist eine alte Zivilisation und eine regionale Macht.“ Die aktuelle Situation biete eine Chance für eine diplomatische Lösung, doch die kommenden Tage werden zeigen, ob diese genutzt wird.