Unabhängige Analysen und Informationen zu Geopolitik, Wirtschaft, Gesundheit, Technologie

Dr. Anthony Fauci bedeckt sein Gesicht, während Präsident Donald Trump während eines Coronavirus-Briefings spricht. (Weißes Haus/Screenshot)

Sind Sie ein Verschwörungstheoretiker?

Jeffrey A. Tucker

Sind Sie ein Verschwörungstheoretiker? Wenn man nachdenklich und an politischen Dingen interessiert ist, dann werden die Medien sagen, man sei einer. Und sie werden einen dafür schmähen und abkanzeln.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert, jedenfalls seit dem Kennedy-Attentat, wird jeder, der Muster und fehlende Teilchen im öffentlichen Leben bemerkt und eine mögliche Erklärung versucht, die auf Vertuschung oder andere ruchlose Machenschaften hindeutet, als „Verschwörungstheoretiker“ denunziert und damit als offensichtlich auf dem Holzweg und wahrscheinlich verrückt eingestuft.

Das Problem ist, dass es heute sehr schwierig ist, das öffentliche Leben ohne ein gewisses Maß an Spekulationen zu verstehen,, die sich auf einige wenige Beweisstücke stützen. Das liegt daran, dass so viel von der Wahrheit hinter Sicherheitsmauern verborgen ist.

Wer glaubt, die Öffentlichkeit sei nicht von einigen sehr mächtigen Leuten hinters Licht geführt worden, ist hoffnungslos naiv oder hat nicht aufgepasst. Die schiere Anzahl der Institutionen und Personen, denen wir einst vertraut haben, ist unvorstellbar. Und das gilt für ein breites Spektrum von Themen, vom Krieg über die Wirtschaft bis hin zur öffentlichen Gesundheit und der akademischen Welt und der Medizin im Allgemeinen.

Im Fall von COVID – und damit meine ich nicht das Virus, sondern die „gesamtgesellschaftliche“ Reaktion – wurde die Entscheidungsgewalt am 13. März 2020 mit der Notstandserklärung vom öffentlichen Gesundheitswesen auf die Geheimdienste übertragen. Dies ist keine Spekulation. Uns liegen alle Dokumente vor. Bei der Freigabe wurden sie als „vertraulich“ gekennzeichnet.

Es war ein bemerkenswerter Wandel im amerikanischen System, weg von der repräsentativen Demokratie und hin zur Herrschaft der Verwaltungsbürokratie. Das sind jene Leute, die Kirchen und Schulen geschlossen haben. Sie taten dies ohne Abstimmung oder Volksbefragung. Sie haben irgendwie die Macht dazu erlangt, und sie haben keine Institution um Zustimmung gefragt.

Damit wurde der größte Massenangriff auf die Freiheit seit Menschengedenken in einen Mantel der Verschwiegenheit gehüllt. Selbst jetzt haben die Menschen Angst zu reden. Man hört Dinge, aber meist aus zweiter Hand. Die Quellen, die der Operation nahe stehen, halten alles unter Verschluss, weil sie sich dazu verpflichtet haben. Mit dieser Bürde leben sie auch heute noch.

Ja, viele Geheimnisse. Es gibt noch so viele Fragen. Und die Leute können nur spekulieren. Gab es eine große Verschwörung oder Tausende und Millionen von kleinen Verschwörungen? Zielte das Ganze auf ein böses Ziel ab (wie so viele behaupten) oder funktionierte es eher wie ein Hexen-Brett, bei dem niemand den Zeiger bewegt, sondern die Gedanken der Gruppe widerspiegelt?

Schauen Sie sich das Wort „Verschwörung“ selbst an. Es handelt sich um eine Lehnübersetzung aus dem Lateinischen coniuratio. Es bedeutet „die Verbindung von Personen durch Schwur zu etwas Üblem“. (Anm.d.Ü.: An dieser Stelle weicht meine Übersetzung vom Original ab, da im Englischen keine so strenge Unterscheidung gemacht wird zwischen „Konspiration“ und „Verschwörung“, beides wird mit „conspiracy“ übersetzt. Die Konspiration („Miteinander-Atmen“) ist ursprünglich einerseits wertneutral oder positiv eine Gemeinschaft und Verbundenheit, andererseits negativ eine Verschwörung, geheimes Komplott.)

Konspiration bedeutet nicht unbedingt Verschwörung. Oder Planung. Oder Intrigieren. Es muss nicht einmal von bösen Absichten geleitet sein. Es bedeutet nur, dass die Akteure der Handlung wissen, was sie tun sollen, so als würden sie gemeinsam atmen. Sie kennen ihre Interessen und können die Handlungen anderer vorhersehen, ohne sie zu fragen oder gefragt zu werden. Sie schätzen ihr eigenes Handeln ein, um es mit anderen zu koordinieren.

In diesem Sinne muss es keine Verschwörung geben, um eine Konspiration zu erkennen. Es gibt bestimmte Dinge, die man mit Sicherheit weiß. Wenn ich heute Abend an einer hochkarätigen Cocktailparty in einem exklusiven Bostoner Country Club teilnehmen würde, wüsste ich mit Sicherheit, dass ich die Gäste skandalisieren könnte, indem ich mich über den Pride Month empöre. Das würde dazu führen, dass die Leute mich für die Dauer der Party meiden und ich nie wieder eingeladen werde. Das Thema braucht gar nicht erst auf den Tisch zu kommen. Ich kann davon ausgehen – ohne weitere Fakten zu kennen – dass die Teilnehmer dieser Veranstaltung den Pride Month stillschweigend unterstützen. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Ist es eine Konspiration? Im wahrsten Sinne des Wortes, ja.

Eine Verschwörungstheorie ist einfach eine Spekulation über die Gründe für die Koordination. Die Theorie muss nicht auf einen Plan hinweisen, sondern die Koordinierung der Interessen auf ein Ziel hin darstellen. Das ist nicht anrüchig. Es ist einfach eine Frage der Klugheit. Es zeigt, dass man seine Augen weit offen hat und neugierig auf Antworten ist. Man versucht lediglich herauszufinden, wie es dazu kommt, dass Menschen „gemeinsam atmen“ und scheinbar mit einheitlicher Absicht handeln.

Jahrelang habe ich einen Chor der besonderen Art geleitet. Wir sangen ganz ohne Begleitung und mit einem Repertoire aus dem 16. Jahrhundert, in dem der Takt die meiste Zeit implizit ist. Das bedeutete, dass das Zählen und Erfassen des Tempos ausschließlich von einem inneren Gefühl für das Timing abhing. Es muss von der gesamten Gruppe geteilt werden. Es wird teilweise vom Dirigenten vermittelt, aber nur als Richtschnur und nicht als der Takt selbst.

Das Verinnerlichen des Tempos ist eine viel größere Hürde als die Noten selbst. Wenn man den Takt nicht findet, kommt die Musik einfach nicht zustande. Der Beat muss von innen kommen.

Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass es am besten ist, mit Tempoübungen zu beginnen, wenn ich mit einem neuen Chor, der diese Art von Repertoire noch nie gesungen hat, einen Kurs gebe. Ich nahm mir mindestens 30 Minuten Zeit, um den Leuten zu helfen, das Tempo auch ohne Ton zu verstehen. Es muss in das Herz und den Verstand eingebaut werden. Nur so kann man sich die Ein- und Ausgänge der einzelnen Abschnitte erschließen. Wenn wir diesen Teil nicht richtig hinbekommen würden, würde die Musik nie zusammenkommen.

Wenn es erst einmal zusammenkommt, kann der Dirigent schließlich überflüssig werden. Im Idealfall konnten wir am Ende des Kurses, der meist einen Tag dauerte, mehrere große Stücke ganz ohne Dirigent singen. Ich brauchte die Musik nur zu starten und zu stoppen. In professionellen Chören, die sich auf diese Musik spezialisiert haben, braucht man nicht einmal das. Man dirigiert sich selbst mit kurzen Blicken. Das ist alles, was man braucht. (Wenn Sie neugierig sind, wie das funktioniert, haben Sie hier ein schönes Beispiel).

Eine Illustration aus den COVID-Jahren stammt von einer Pressekonferenz von Trump, bei der Fauci hinter ihm stand. Trump sagte gerade etwas besonders Merkwürdiges. Fauci hatte Mühe, sich das Lachen zu verkneifen, und bedeckte daher sein Gesicht. Nun, er ist ein Mann mit einer gewissen Disziplin. Warum hat er das getan? Es war ein Signal an seine Freunde in den Medien, in der Pharmaindustrie und an die ganze Bande, dass er nicht mit der Trump-Administration einverstanden ist. Er wollte ihnen zeigen, dass man sich auf ihn verlassen kann, wenn es darum geht, eine Antwort zu finden, die den Wünschen des Präsidenten zuwiderläuft.

Ebenso mussten sich die CDC und die FDA nicht mit Pfizer und Moderna zusammensetzen, um einen Plan auszuarbeiten. Sie alle kannten die Interessen der anderen und konnten die Aktionen der anderen vorhersehen. Sie sind Teil desselben Stammes. Und dieser Stamm basiert auf Erfahrung und Vertrauen. So war es auch bei den Medien und der Technologiebranche. Sie schlossen sich aufgrund ihrer Interessen und ihres Ranges zusammen. Die Signale und Anweisungen müssen nicht aufgeschrieben oder ausgehandelt werden. Sie liegen in der Luft und sind an den kleinsten Zeichen um uns herum zu erkennen.

In diesem Sinne „atmeten sie zusammen“ wie ein professioneller Chor der Spitzenklasse. Ein Schlagzeuger ist nicht nötig, denn der Takt ist bereits bekannt und wird von allen Sängern verstanden.

Ebenso konnten wir eine bemerkenswerte Koordinierung zwischen der Planung der Bundesregierung und derjenigen der Staaten feststellen. Die Gesundheitsämter haben alle dieselben E-Mail-Ketten und nehmen an denselben jährlichen Kongressen teil. Sie wissen, wie der jeweils andere denkt. Sie alle haben auf die große Pandemie gewartet. Sie hatten das Ganze in der Vergangenheit schon oft durchgespielt, und zwar mindestens eineinhalb Jahrzehnte lang. Die einzige Frage war, wann die Übung in Echtzeit beginnen sollte – jener Moment, in dem das Musikstück beginnen sollte.

Heute werden enorme Ressourcen aufgewendet, um alles zu dokumentieren, was hinter den Kulissen geschah: E-Mails, Texte, geheime Dokumente und vieles mehr. Wir entdecken dabei bemerkenswerte Wahrheiten. Und doch ist die wirkliche Verschwörung letztlich nichts, was man jemals vollständig dokumentieren kann. Sie geschieht wie von selbst oder auf magische Weise als Erweiterung einer gemeinsamen Kultur, der Soziologie und eines gemeinsamen Interesses. Die Machtelite weiß, was sie glauben und sogar was sie tun soll, ohne dass es einer externen Verschwörung oder Anleitung bedarf.

So funktionieren wirklich effektive Verschwörungen.