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Außenminister Marco Rubio trifft den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Jerusalem, Israel, 16. Februar 2025. (Offizielles Foto des Außenministeriums von Freddie Everett)

Trump-Regierung weitet Vorgehen aus und widerruft Hunderte Studentenvisa

Die Trump-Administration hat laut Medienberichten Hunderte von Studentenvisa widerrufen – inmitten eines zunehmend repressiven Vorgehens gegen die Palästina-Bewegung an US-Universitäten. Ein Anwalt schätzt, dass landesweit bis zu 1.000 Visa betroffen sind.

Dutzende Hochschulen wie UC Berkeley, UCLA, Stanford, Ohio State, Minnesota State, University of Kentucky, Northeastern und Harvard berichteten, dass Studenten gezielt betroffen seien. Außenminister Marco Rubio gab an, etwa 300 Visa widerrufen zu haben, ohne klarzustellen, wie viele davon Studentenversionen seien. In einem Statement sagte er:

„Wenn wir diese Informationen vor der Visa-Erteilung gehabt hätten, hätten wir sie nicht ins Land gelassen – also widerrufen wir jetzt.“

Er begründete die Maßnahme mit dem Schutz nationaler Interessen.

Universitäten unter Druck

Die betroffenen Universitäten versuchen sich rechtlich abzusichern. UC Berkeley erklärte, man werde alle Mitglieder der Gemeinschaft unterstützen, solange sie sich im gesetzlichen Rahmen bewegten. Harvard verwies auf vergleichbare Vorfälle an anderen Hochschulen, ohne Details zu kennen. Edward Inch, Präsident von Minnesota State, sagte: „Dies sind beunruhigende Zeiten. So etwas haben wir noch nie erlebt.“

Rechtsanwältin Ami Hutchinson vertritt betroffene Studierende an der Arizona State University – dort seien mindestens 50 Visa widerrufen worden. Bundesweit gehe sie von bis zu 1.000 Fällen aus. Die Betroffenen seien schockiert und verwirrt, viele hielten die Entscheidung für einen Irrtum. „Sie sind wirklich verängstigt“, so Hutchinson.

Festnahmen und Einschüchterung

Die Maßnahmen stehen offenbar im Zusammenhang mit politischer Aktivität, etwa der Festnahme des Gaza-Aktivisten Mahmoud Khalil, einem ehemaligen Columbia-Absolventen. Auch wenn viele Universitäten betonen, dass ihre Studierenden nicht wegen Aktivismus betroffen seien, scheinen palästinensische und israelkritische Stimmen besonders im Fokus zu stehen.

Rubio erklärte dazu offen:

„Wir haben euch ein Visum gegeben, um zu studieren, nicht um unsere Universitäten in Aktivismuszentren zu verwandeln. Wenn ihr das macht – nehmt euer Visum und geht zurück in euer Land. Aber nicht bei uns.“

Fall Ozturk: Tufts University geht vor Gericht

Als erste Universität hat sich Tufts öffentlich vor eine betroffene Studentin gestellt: Die Studentin Rumeysa Ozturk sitzt nach einem israelkritischen Meinungsartikel in ICE-Haft in Louisiana. Tufts-Präsident Sunil Kumar reichte eine Erklärung beim Bundesgericht ein, in der Ozturk als pflichtbewusste Studentin beschrieben wird, die keine Regeln verletzt habe. Der Artikel verstoße nicht gegen die Regeln der Universität und sei durch die Erklärung zur Meinungsfreiheit gedeckt.

Kritik an anderen Universitäten

Auf Social Media kritisierten viele die Passivität anderer Hochschulen. Columbia-Studentin Maryam Alwan schrieb:

„Mahmoud Khalil ist seit einem Monat verschwunden. Während Tufts rechtliche Unterstützung bietet, mussten wir uns an den Zaun ketten, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Columbia hat seinen Namen bis heute nicht erwähnt.“

Auch Journalistin Natalie Shure und Medienkritikerin Sana Saeed übten Kritik: Tufts sei die einzige Universität, die konkrete rechtliche Hilfe anbiete.

Ehemalige Columbia-Professorin warnt vor „ethnischer Säuberung“

Katherine Franke, frühere Jura-Professorin an Columbia, erklärte bei „Democracy Now“, die Maßnahmen kämen einer ethnischen Säuberung gleich:

„Unsere Studierenden haben große Angst. Es betrifft nicht nur Visa- oder Green-Card-Inhaber, sondern auch eingebürgerte Bürger. Es scheint keine Grenzen zu geben, wie weit diese Regierung gehen wird, um das Gesetz zu testen und zu brechen.“

Franke weiter:

„Viele internationale Studierende kommen gar nicht mehr auf den Campus, aus Angst, festgenommen zu werden oder dass ihre privaten Daten an die Behörden weitergegeben werden. Diese Stimmen verschwinden aus den Seminaren – und mit ihnen die Diversität der US-Hochschulen.“

Fazit: Die Trump-Regierung nutzt Visawiderrufe offenbar als Werkzeug zur politischen Disziplinierung. Besonders Palästina-Aktivismus, israelkritische Positionen und Meinungsäußerungen geraten ins Visier. Was als Einwanderungspolitik beginnt, wird zur Zensurmaßnahme gegen ausländische Studierende – mit beängstigender Wirkung für die Meinungsfreiheit an amerikanischen Hochschulen.