Ein neues Programm des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) beschleunigt die weltweite Einführung digitaler öffentlicher Infrastruktur (DPI). Dahinter steht nicht nur die offizielle Rhetorik der „nachhaltigen Entwicklungsziele“ (SDGs), sondern auch ein klarer Trend: Bis 2030 sollen digitale Personalausweise weltweit zur Norm werden – mit massiver Unterstützung durch die EU, das Weltwirtschaftsforum (WEF) und die Gates-Stiftung.
Am 8. November startet das UNDP offiziell sein „50in5“-Programm, das darauf abzielt, die „Entwicklung einer sicheren, integrativen und interoperablen digitalen öffentlichen Infrastruktur“ in 50 Ländern voranzutreiben. Was harmlos klingt, ist für Kritiker ein alarmierender Schritt in Richtung globaler digitaler Kontrolle. Denn hinter Begriffen wie „DPI“ und „digitale Inklusion“ verbergen sich konkrete Pläne zur Einführung biometrischer Identitätssysteme, digitaler Zahlungsplattformen und zentralisierter Datennetze.
Mit dabei bei der Auftaktveranstaltung: die Bill & Melinda Gates Foundation. Deren eigene Initiative, die „Digital Public Goods Alliance“, gilt als strategischer Kern vieler dieser DPI-Projekte. Die Stiftung verfolgt diese Ziele nicht zum ersten Mal – in Indien etwa unterstützte sie schon früh die Entwicklung der Aadhaar-ID, eines zentralen biometrischen Identitätssystems für über eine Milliarde Menschen.
Die Auswahl der 50 Zielländer zeigt, wohin die Reise geht: Der Fokus liegt auf Ländern des Globalen Südens, insbesondere in Subsahara-Afrika und Asien – Regionen, die sich aus geopolitischer Sicht besonders gut für Testläufe und Systemimporte eignen. Für viele Beobachter ist das ein beunruhigendes Signal: Länder mit schwachen Demokratien und lückenhafter Kontrolle über ihre Dateninfrastruktur werden zu Versuchsfeldern für globale Digitalsysteme gemacht.
Auch das Weltwirtschaftsforum mischt kräftig mit. In einer Artikelserie vom September 2025 lobte das WEF die Vorzüge der digitalen Infrastruktur – insbesondere im Hinblick auf Datenschutz durch sogenannte „Zero-Knowledge-Technologie“. Dabei handelt es sich um ein kryptografisches Konzept, das Identitätsnachweise ermöglichen soll, ohne dabei persönliche Daten preiszugeben. Kritiker befürchten jedoch, dass hier mit High-Tech-Rhetorik ein Kontrollsystem schmackhaft gemacht wird, dessen reale Umsetzung ganz anders aussieht.
Besonders zynisch mutet an, dass das WEF dabei auch den Schutz von Kindern betont: „Die Rechte der Kinder auf der ganzen Welt können durch Investitionen in digitale öffentliche Infrastrukturen gestärkt werden“, so eine Schlagzeile auf der offiziellen Website des Forums. Das klingt gut – doch viele fragen sich, ob hier nicht in Wahrheit eine neue Ära der digitalen Überwachung eingeleitet wird.
Für Bürger der beteiligten Staaten – darunter auch viele westliche Steuerzahler – bleibt oft nur ein mulmiges Gefühl. Die Entscheidungsträger sind längst im Boot. Öffentliches Mitspracherecht? Fehlanzeige. Und wer sich unwohl fühlt bei der Vorstellung, dass UN-Programme in enger Kooperation mit der Gates-Stiftung und dem WEF weltweit digitale Identitäten ausrollen – dem bleibt meist nur ein resigniertes Schulterzucken.
Die Botschaft ist klar: Die Digitalisierung staatlicher Identitäten wird nicht mehr diskutiert – sie wird umgesetzt. Ob die Welt dadurch wirklich „inklusiver“ wird, oder lediglich besser kontrollierbar – das ist die Frage, die man stellen sollte, bevor die letzte Tür ins analoge Zeitalter zuschlägt.