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US-Konzerne plündern den Kongo und bezichtigen China
Von MONUSCO Fotos - Die kongolesischen Streitkräfte (FARDC) im Jahr 2013

US-Konzerne plündern den Kongo und bezichtigen China

Kobalt, ein Schlüsselelement für Lithiumbatterien und andere „grüne“ Technologien, wird in Sklavenarbeit in Bergwerken der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) abgebaut. Während der Westen mit dem Finger auf China zeigt, überwacht das Afrika-Kommando der US-Armee den Bergbau für die Konzerne.

Seit der Gründung des Freistaats Kongo 1885 durch Belgiens König Leopold II. (1835-1909) war die Ausbeutung der enormen Ressourcen dieser Region das Ziel zahlreicher internationaler Mächte.

Leopold war Anführer eines Regimes, das schätzungsweise acht Millionen Menschen tötete, um deren Gold, Elfenbein und Kautschuk zu rauben [1]. 1876 hatte er den Kongo als „einen großartigen afrikanischen Kuchen“ bezeichnet [2].

Und Präsident Bidens Handelsbehörde, die erst kürzlich den Mineralienreichtum des Kongo auf einen zweistelligen Billionen-Dollar-Betrag schätzte, schwärmte von „Chancen für amerikanische Unternehmen mit hoher Risikotoleranz“.

Dem US Africa Command falle dabei die Aufgabe zu, dieses Risiko zu verringern. Schließlich verfüge Afrika über eine Fülle strategischer Rohstoffe wie Kobalt, Chrom, Tantal und andere, welche entscheidend für den Fortschritt – sprich: die Vorherrschaft der US-Konzerne – im 21. Jahrhundert seien [3].

Seit den späten 1990er Jahren haben sich euro-amerikanische Bergbau-, Verarbeitungs- und Finanzkonzerne auf die Sklavenarbeit der Bergleute und bewaffnete Banden verlassen, um die Seltenen Erden abzubauen und in den Westen zu exportieren. Diese sind unverzichtbar bei der Herstellung von Computer-, Nachrichten- und Raketentechnik, und der jüngste Ansturm auf erneuerbare Energien läutet eine neue Runde im Wettrennen um das seltene Metall Kobalt ein. Dafür nehmen die USA den an Mineralien reichen Kongo ins Visier.

Die Bevölkerung der DR Kongo beträgt geschätzt 93 Millionen [4] und mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 50 Milliarden US-Dollar [5], ist es eines der ärmsten Länder der Welt.

Während Billionen-Dollar-Unternehmen wie Apple, Microsoft und Tesla auf die Rohstoffe aus diesem Land angewiesen sind [6], leben sieben von zehn Kongolesen von weniger als 1,90 Dollar pro Tag [7]. Ihre Lebenserwartung liegt bei 60 Jahren [8], gegenüber 78 Jahren in den USA [9], und die Kindersterblichkeit beträgt 66 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten [10]. In den USA sind es 5,6 [11].

Das verstärkte Interesse des Pentagon am Kongo begann während des Zweiten Weltkrieges. Für das 1942 gestartete Manhattan-Projekt, das den Bau der ersten Atombombe der Welt zum Ziel hatte, benötigten die Ingenieure der US-Armee Uran. Und die Shinkolobwe-Mine in der Provinz Katanga im Süden der Demokratischen Republik Kongo enthielt das reinste bekannte Uranerz [12]. Auch für die Produktion weiterer Atomwaffen verwendeten die USA Erz aus dieser Mine.

Die USA planten in den 1950er Jahren Investitionen in Höhe von 660 Millionen Dollar (nach heutigem Stand rund 7 Milliarden), um die Infrastruktur des Kongo für die kommerzielle Ausbeutung zu „entwickeln“ [13]. 1960 erklärte [der kongolesische] Premierminister Patrice Lumumba die Unabhängigkeit von Belgien, nannte das Land Republik Kongo (RK) und unternahm einige vorsichtige Annäherungsversuche an die UdSSR [14]. Der Politiker Moïse Tshombé erklärte die Unabhängigkeit Katangas von der Republik Kongo. Der [britische Auslandsgeheimdienst, Anm. d. Übers.] MI6 ermordete Lumumba [15], und die CIA ersetzte ihn durch ihren Getreuen, General Mobutu Sese Seko [16], der das Land später in Zaire umbenannte und bis zu seinem Sturz im Jahr 1997 regierte.

Prinz Bernhard mit Präsident Mobutu in Zaire am 12.8.1973
(Foto: Rob Mieremet/ Anefo, Nationaal Archief NL, CC BY-SA 3.0 NL)

In den 1960er Jahren gründete und verwaltete die CIA im Wesentlichen die zairischen Streitkräfte (Forces Armées Zaïroises, ZAC) [17]. Zusätzlich bildete sie spezielle Lufteinheiten aus und heuerte Söldner an, um Mobutus Streitkräfte zu verstärken [18].

Tshombés Abspaltung [der Provinz Katanga; Anm. d. Übers.] wurde niedergeschlagen, ebenso zwischenzeitliche Aufstände wie die Simba-Rebellion von 1963 bis ̓65, zu deren Anführern der spätere Präsident Laurent-Désiré Kabila gehörte. Widerwillig duldeten die USA kleine kubanische und chinesische Militärkontingente in Zaire, sofern sie die Bergbauaktivitäten nicht beeinträchtigten [19]. In den 1980er Jahren beteiligten sich auch belgische, französische, deutsche und israelische Soldaten an der Ausbildung der Zairischen Armee ZAC [20].

Washington spielt den unschuldigen Zuschauer, während es die Spannungen anheizt

Geografische Gegebenheiten, die Beteiligung von Nachbarstaaten, internationale Einmischung, die Rolle verschiedener ethnischer Gruppen in den Konflikten sowie wechselnde paramilitärische Allianzen machen die Kongokriege äußerst kompliziert. Im Folgenden soll ein Überblick über die Rolle der USA gegeben werden, die bisher weitgehend ausgeblendet wurde.

Im Rahmen der African Crisis Response Initiative der Regierung Bill Clintons fand eine erste Runde der US-Militärausbildung der ugandischen Armee Uganda People‘s Defense Force statt.

Clintons internationale militärische Ausbildungs- und Trainingsprogramme wurden auch fortgesetzt, nachdem Ugandas Rolle in den Kriegen öffentlich geworden war. Beide Programme verschlimmerten die Kongokrise, wie wir noch sehen werden.

Im Mittelpunkt des ersten Kongokrieges (ab 1996), stand der Sturz von General Mobutu, angeführt von Kabilas “Allianz der Demokratischen Kräfte für die Befreiung des Kongo” (Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo-Zaïre, AFDL). Die AFDL wurde von der „Ruandischen Patriotischen Front” (RPF) unterstützt, deren Generalmajor Paul Kagame, der heutige Präsident Ruandas, von den USA in Fort Leavenworth ausgebildet worden war [22]. Das Training des RPF-Personals erfolgte durch die Green Berets [Anm. d. Übers.: eine Spezialkräfte-Einheit der US-Armee].

Verteidigungsminister William Perry und der ruandische Vizepräsident Paul Kagame diskutieren über die Lage in Ruanda am 31.7.1994
(Foto: Marvin Krause, DefenseImagery.mil, CC0 1.0)

Die RPF und die mit ihr verbündeten Paramilitärs besetzten die DR Kongo zunächst, um den Aufbau von Kabilas Streitkräften zu unterstützen, aber auch, um die Massenmorde an den Tutsi zu rächen und die Minen zu sichern.

Aus dem Ablauf der Ereignisse kann man vermuten, dass die Rolle Washingtons darin bestand, den unschuldigen Zuschauer zu spielen, während es von den Bergbau- und Lieferkettenoperationen der RPF, des ugandischen Militärs und verbundener Banden profitierte.

Die internationale Nachfrage nach Seltenen Erden führt zu einer nie gekannten Zahl von Todesopfern

Schon vor Kabilas Machtübernahme hatten internationale Bergbau- und Infrastrukturgiganten mit dessen Partei AFDL über Verträge verhandelt.

American Mineral Fields schloss einen 1-Milliarden-Dollar-Deal über den Abbau in der DR Kongo. Die Bechtel Corporation beauftragte die NASA, Satellitenbilder von mineralienreichen Regionen zu liefern und angeblich Informationen über Rebellenbewegungen für Kabilas Militär zu beschaffen [24]. Während Anglo-American, Barrick Gold, DeBeers und andere Unternehmen Bergbauverträge unterzeichneten, gründete Kabila die Banque de Commerce, du Developpement et de l‘Industrie zur Finanzierung von Bergbauvorhaben. Die Bank hatte ihren Sitz in Ruanda, von wo aus nicht zurückverfolgbares Koltan aus den Konfliktgebieten der DR Kongo an westliche Unternehmen wie Afrimex, Banro-Resources und Union Transport exportiert wurde.

Der von 1998 bis 2003 und de facto bis heute andauernde Zweite Kongokrieg kostete schätzungsweise 5,4 Millionen Menschen das Leben [25]: Die meisten von ihnen waren Zivilisten, die an kriegsbedingtem Hunger und Krankheiten starben. Der Krieg war größtenteils ein Versuch verschiedener Mächte und Gruppierungen, die Familiendynastie Kabila zu unterstützen oder abzusetzen, die Kontrolle über rohstoffreiche Gebiete zu erlangen und lange bestehende Rivalitäten beizulegen. Im Gegensatz zum ersten Kongokrieg wurde dieser zweite Krieg ausdrücklich von der Nachfrage nach seltenen Rohstoffen in Asien, Europa und Nordamerika angetrieben.

Das Wall Street Journal berichtete damals:

„Kabilas Verstaatlichungen senden ein besorgniserregendes Signal … an ausländische Unternehmen, die in diesem an Bodenschätzen reichen Land gern Geschäfte machen würden“ [26].

Kabila zerstritt sich bald mit seinen ugandischen und ruandischen Unterstützern. Mit deren Hilfe wurde 1998 eine neue Partei gegründet: die Versammlung für kongolesische Demokratie (Rassemblement Congolais pour la Démocratie, RCD).

Diese gegen Kabila gerichtete RCD spaltete sich in militante Rebellengruppen auf und rückte im ganzen Land vor. Truppen aus Angola, dem Tschad, Libyen und Simbabwe marschierten in die DR Kongo ein, um Kabila zu unterstützen. 2001 wurde Kabila ermordet, sein 1971 geborener Sohn Joseph regierte das Land von 2003 bis 2019.

Für internationale Investoren waren die zahllosen Rebellengruppen von entscheidender Bedeutung, indem sie für die Aufrechterhaltung der Versorgungsketten mit seltenen Materialien sorgten [27]. Diese wurden gewöhnlich über Ruanda zu den nach Europa fliegenden Frachtflugzeugen geschmuggelt [28].

Kinderarbeit im Bergbau: zusammen mit ihren Elten arbeiten Kinder in Kailo, Kongo am 31.10.2007
(Foto: Julien Harneis, flickr.com, CC-BY-SA-2.0)

Kony 2012: eine psychologische Kriegsoperation zum Schutz eines wichtigen US-Stellvertreters

Ugandas Präsident Yoweri Museveni war einer der wichtigsten Stellvertreter Amerikas in der DR Kongo, und Uganda wird in einem UN-Bericht als einer der wesentlichen Unterstützer des Konflikts bezeichnet [29].

In ihrem Bestreben, Museveni zu stürzen, griff die sogenannte Lord‘s Resistance Army (LRA) unter der Führung des Kultisten Joseph Kony Uganda von der DR Kongo aus an. Im Jahr 2006 unterstützten die Vereinten Nationen den Einmarsch Ugandas in den Kongo, um Kony zu jagen [30]. Das neu gegründete US-Afrika-Kommando (AFRICOM) unterstützte Uganda verdeckt mit Ausbildung und Satellitentelefonen.

Dieser gescheiterte Krieg zur Aufstandsbekämpfung veranlasste die LRA, ihre Morde in der DR Kongo auszuweiten [31].

Von 2011 bis 2017 führten die USA die Anti-Kony-Operation Observant Compass [32] durch. Als Teil der Mission richtete das US-Special Operations Command Africa eine Taskforce ein, die „die Operation, die sich von Uganda durch den Osten [der DR Kongo] in die Zentralafrikanische Republik und durch den Südsudan erstreckte, befehligte und kontrollierte“ [33].

Mitarbeiter des legendären A-Teams “dienten als Berater für [die] regionale Taskforce der Afrikanischen Union“.

Der 2012 veröffentlichte Dokumentarfilm Kony 2012 brachte die Gräueltaten der LRA an die internationale Öffentlichkeit. Dokumente des US-Sondereinsatzkommandos legen jedoch nahe, dass der Produzent des Films, die Nichtregierungsorganisation [NRO] Invisible Children, unwissentlich Teil der US-Operation zur psychologischen Kriegsführung war [34]. Die Army Special Operations Forces nennen das kongolesische und das ugandische Militär sowie mehrere NROs, darunter Invisible Children, als „Partner“ bei ihren Operationen. Im Gegensatz zum ersten Versuch, konnte Observant Compass die Mitgliederzahl und den Bekanntheitsgrad der LRA verringern.

Die Angst vor China wächst, AFRICOM greift ein, und es kommt zu zahlreiche Gräueltaten

Washington und verschiedene „ehemalige“ europäische Kolonialmächte wechselten ihre Politik von der indirekten Unterstützung der Stellvertreter, wie den von Uganda und Ruanda unterstützten Rebellen, zur „Professionalisierung“ der zentralen Streitkräfte (Forces Armées de la République Démocratique du Congo, FARDC). Die Regierung von George W. Bush führte ein Programm zur „Reform des Sicherheitssektors“ in der DR Kongo ein. Dazu gehörte auch die Beauftragung des privaten “Auftragnehmers“ Camber Corporation [35].

Das Drängen der Bush-Regierung, die FARDC zu „professionalisieren“ und zu „legitimieren“, fiel mit den wachsenden Aktivitäten Chinas im Lande zusammen. In einem Dokument des Fort Benning Training and Doctrine Command wird die Tatsache beklagt:

„China hat 2007 ein Abkommen mit der [DR Kongo] unterzeichnet, in dem China 5 Milliarden Dollar für die Verbesserung der Infrastruktur im Austausch für Rechte an den natürlichen Ressourcen der DR Kongo bereitstellt“ [36].

Jetzt, da China im Kongo war, wurden Menschenrechte und nachverfolgbare Lieferketten plötzlich zu einem Anliegen Washingtons. Die Fortbildung der FARDC durch die USA fiel mit der Verabschiedung des Dodd-Frank-Gesetzes im Jahr 2010 zusammen, das die Securities and Exchange Commission (SEC) verpflichtete, Unternehmen zur Überprüfung von Lieferketten anzuhalten [37]. Im selben Jahr stellte AFRICOM die militärische Partnerschaft zwischen den USA und der DR Kongo [38] her. Ziel war es, „die [FARDC] umzugestalten“, u. a. für „Operationen der inneren Sicherheit“. Ein neues Leichte-Infanterie-Bataillon wurde von US-Botschafter William Garvelink im Basislager Kisangani im Norden der DR Kongo eingeweiht. Die Ausbildung erfolgte durch das Kommando für Sondereinsätze des AFRICOM und nicht genannte „Auftragnehmer“ des Außenministeriums unter Leitung von Brigadegeneral Christopher Haas.

Bis September hatten 750 Soldaten ihren Abschluss in etwas gemacht, was AFRICOM als „Modell für künftige Reformen in den kongolesischen Streitkräften“ bezeichnet und als Schaffung eines neuen 391. Kommandobataillons enthüllt. Der Kommandeur der Ausbildung im Basiscamp, Major John Peter Molengo, sagte: „Im Jahr 2006 versprach unser Präsident [Bush] eine Umgestaltung der Streitkräfte [der DR Kongo]. Ich sehe dies als einen wichtigen Schritt.“

Innerhalb weniger Jahre wurde der „wichtige Schritt“ als das entlarvt, was er war. Mitglieder des Bataillons wurden von der UNO dabei erwischt, wie sie Dörfer plünderten, Zivilisten ermordeten und Dutzende von Frauen und Mädchen vergewaltigten, von denen einige erst sechs Jahre alt waren. Stars and Stripes berichtete: „AFRICOM lehnte eine Stellungnahme ab … und verwies auf das US-Außenministerium“ [40].

(Foto: William Murphy, Flickr.com, CC BY-SA 2.0)

Ugandas Militär verbreitet Chaos

Wenn zusätzliches Chaos das Ziel ist, dann funktioniert die Strategie von AFRICOM gut. Bis heute gibt es 4,5 Millionen intern vertriebene Kongolesen [41], von denen über eine Million allein während der Kämpfe in den Jahren 2016/17 ihr Zuhause verloren haben.

Wie die LRA hat sich auch eine andere – diesmal islamische – Rebellengruppe, die Allied Democratic Forces (ADF), vom ugandischen Militär losgesagt und sich in der DR Kongo niedergelassen, wo sie nun versucht, ein Kalifat zu errichten. Die Organization Stabilization Mission DRC der UN unterstützt die FARDC. Die im November 2019 begonnenen Operationen in Nord-Kivu führten zur Vertreibung von 400.000 Menschen. Wie schon bei den verpatzten Bemühungen der USA, die LRA zu besiegen, führte die Taktik der FARDC dazu, dass die ADF in zuvor friedliches Gebiet eindrang [42].

Die in den 1970er Jahren gegründete Kooperative für die wirtschaftliche Entwicklung des Kongo (Coopérative de développement économique du Congo, CODECO) ist ein Zusammenschluss von Milizen in der Provinz Ituri im Nordosten des Landes. Die CODECO besteht hauptsächlich aus ethnischen Lendu, die in einen langjährigen Konflikt mit dem Volk der Hema verwickelt sind. Trotz des Friedensabkommens vom Juli 2020 haben die Operationen der FARDC die Gewalt verschärft [43].

Die 1969 gegründete ethno-föderalistische Kongo-Bewegung Bundu Dia Kongo (BDK) ist eine christliche Sekte, die zu Gewalt gegen Nicht-Kongo-Völker aufruft und sogar Straßensperren errichtet, um Gemeinschaften zu trennen.

Polizei und der FARDC bekämpfen die BDK. Im April 2020 führten sie in Zentralkongo und der Hauptstadt Kinshasa Operationen gegen die BDK durch [44].

Greenwashing – das Rennen um Billionengewinne aus erneuerbaren Energien

Parallel mit der anhaltenden Gewalt in weiten Teilen des Landes gehen die Exporte in die meisten Länder der Welt weiter.

Die Profitaussichten für Unternehmen als Folge der globalen Klimakrise haben einen Kobaltrausch ausgelöst, wobei die Unzuverlässigkeit der Lieferketten in der DR Kongo auch dazu geführt hat, die Entwicklung kobaltfreier erneuerbarer Energien voranzutreiben. Die sogenannte “grüne Wirtschaft“ – rund 3.000 Unternehmen haben diesen Bereich unter sich aufgeteilt – umfasst ein Volumen von 4,5 Billionen Dollar [45] – mehr als der internationale Öl- und Gassektor. Allein der Markt für erneuerbare Energien hat einen Wert von 600 Milliarden Dollar [46]. Derjenige für Elektrofahrzeuge (EV) wird auf etwa 170 Milliarden Dollar geschätzt, mit Wachstumsaussichten innerhalb der nächsten fünf Jahre auf 700 Milliarden Dollar [47].

Entwicklung der globalen Primärproduktion von Kobalt 2016-2018
(Graphik: Oeko-Institut e.V., flickr.com, 5.11.2020, CC BY-SA 2.0)

Als Kathoden-Material in Lithium-Ionen-Batterien (LiB) war und ist Kobalt bisher unverzichtbar. Wegen der geringen Größe und Anzahl der Batterien war der Bedarf an Kobalt dafür bis vor kurzem überschaubar. Der wachsende Markt für Elektrofahrzeuge bedeutet jedoch, dass künftig mehr und größere LiBs benötigt werden.

Batterien mit einer Kapazität von 100 Kilowattstunden benötigen 20 kg Kobalt für ihre Kathoden. Das US-Energieministerium erklärt, dass Kobalt (Co) nicht nur abgebaut wird, sondern auch als Nebenprodukt bei der Gewinnung anderer Materialien anfällt. Das Material wird fast ausschließlich aus dem Ausland bezogen, was die US-Unternehmen von den Metallmärkten und Exportländern abhängig macht [48]. Amerikanische Unternehmen suchen daher „nach sicheren Co-Quellen, nach einer Methode zur drastischen Reduzierung des Co-Gehalts in Batterien, oder nach beidem“.

Im Kongo arbeiten derzeit 255.000 Menschen im Kobalt-Bergbau [49], vor allem im konfliktfreien Süden. Etwa 40.000 von ihnen sind Kinder. Sie verdienen ohne Zusatzleistungen weniger als 2 Dollar pro Tag – und sie arbeiten unter Bedingungen, die sowohl unmittelbar gefährlich sind (z. B. durch einstürzende Tunnel, gefährliche Werkzeuge) als auch langfristige Risiken bergen (z. B. für Atemwegserkrankungen, orthopädische Probleme). Gestützt auf ihre gesetzlichen Berichtspflichten gegenüber der Börsenaufsichtsbehörde haben zahlreiche US-Konzerne versucht, ihre Lieferketten zu verschleiern und behaupten, sie würden ethische Grundsätze verfolgen.

Der anglo-schweizerische Bergbaugigant Glencore mit einer Marktkapitalisierung, die in etwa dem gesamten BIP der DR Kongo entspricht [50], hat in den letzten Jahren Partnerschaften mit Kunden aus dem Bereich der erneuerbaren Energien geschlossen, um Kobalt aus ethischen Quellen zu beziehen.

Weitere Initiativen betreffen die Fortschrittsberichte von Apple zur Lieferanten-Verantwortung. BMW, Samsung und andere haben unterdessen das Cobalt for Development Project ins Leben gerufen. Tesla erklärt, dass es Kobalt aus seinen Lithiumbatterien entfernen wird, und hat sich inzwischen der Fair Cobalt Alliance angeschlossen. In einer kürzlich eingereichten Sammelklage im Namen mehrerer verletzter kongolesischer Bergleute wird Alphabet (Google), Apple, Dell, Microsoft und Tesla jedoch vorgeworfen, „Beihilfe zum grausamen und brutalen Einsatz kleiner Kinder … beim Kobaltabbau“ zu leisten [51].

Schuldzuweisung an China

Allem Greenwashing zum Trotz – Kobaltabbau sowie seine Raffinerie-, Verarbeitungs- und Exportindustrien sind gefährlich, ausbeuterisch, umweltschädlich und schlecht für das Image dieser Firmen in der Öffentlichkeit. Andererseits tragen genau diese Bedingungen dazu bei, die Produktionskosten niedrig und die Gewinne hochzuhalten. Die informelle Lösung für viele westliche Unternehmen und Regierungen besteht darin, Medien, Nichtregierungs-Organisationen und die Bildungsschicht dafür einzusetzen, mit dem moralischen Zeigefinger auf China zu zeigen, dessen Unternehmen in großem Umfang im Kobalt reichen Süden der DR Kongo tätig sind.

Im Guardian erschien kürzlich ein Artikel, in dem die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Stadt Fungurume beschrieben werden.

Kleine, formal selbstständige Bergleute werden hier von großen, rechtlich schwer angreifbaren Unternehmen wie dem chinesischen Molybdenum unter Vertrag genommen. Einer der Tausenden von Bergleuten beschrieb seine Arbeit als ein „Sklave-und-Herr-Verhältnis“ und erzählte, wie er für 3,50 Dollar pro Tag arbeitet, zwei winzige Brötchen isst und ihm der Lohn für versäumte Arbeit abgezogen wird [52].

Finanziert wurde dieser Bericht von Humanity United, einer NRO, die von Pam Omidyar, der Frau des eBay-Milliardärs und Intercept-Eigentümers Pierre Omidyar, gegründet wurde [53]. Humanity United hat Zuschüsse aus zahlreichen Quellen erhalten, unter anderem von der William J. Clinton Foundation. „Dieser Zuschuss finanzierte den regelmäßigen Beitrag und die Mitgliedschaft von Humanity United bei der Clinton Global Initiative 2011“.

Solche Berichte verschweigen jedoch, dass sich Chinas Molybdenum im Besitz von institutionellen US-Investoren befindet: JPMorgan Funds, Vanguard Total International, Vanguard Emerging Markets, BlackRock und anderen [54]. Amnesty International hat die „nachgelagerte“ Lieferkette von in China erworbenem Kobalt zu asiatischen, europäischen und US-amerikanischen Unternehmen verfolgt [55]. Danach wird Kobalt in der Regel vom chinesischen Unternehmen Huayou und seiner Tochtergesellschaft CDM geschmolzen und raffiniert, von Amperex, BYD, LG, Samsung, Sony und anderen in Batterien eingesetzt sowie als Komponenten in westlichen Produkten von Apple, BMW, Dell, Fiat-Chrysler, GM, Microsoft, Tesla und anderen verkauft.

Die Militarisierung des Weltraums im Kampf der Großmächte

Auch bei den langfristigen Bemühungen Washingtons, die Welt mit Gewalt zu beherrschen, spielt die DR Kongo eine Rolle.

So wie König Leopold II. den Kongo als „herrlichen afrikanischen Kuchen“ bezeichnete, sagt der ehemalige US-Marinegeheimdienstler Dr. Mir Sadat, politischer Direktor des Nationalen Sicherheitsrats:

„Der Wettbewerb der Großmächte im Weltraum ist in mancher Hinsicht vergleichbar mit dem “Großen Spiel” zwischen Großbritannien und Russland im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die um den Zugang zu Ressourcen und die geostrategische Position in Zentral- und Südasien konkurrierten. Heute bahnt sich ein ähnlich großes Spiel zwischen China und anderen Raumfahrtnationen unter der Führung der Vereinigten Staaten an, bei dem es um den Zugang zu potenziellen cis lunaren [zwischen Erde und Mond gelegenen] Ressourcen und die allgemeine Vorherrschaft im Weltraum geht.“ [56]

Aber nicht China hat begonnen, seinen Anspruch auf die Herrschaft über den Weltraum und damit über die Welt zu erklären.

Im Jahr 1997 veröffentlichte das US Space Command seine „Full Spectrum Dominance“-Doktrin [57]: bis zum Jahr 2020 soll der Weltraum bewaffnet werden, „um die Interessen und Investitionen der USA zu schützen“(sprich: Unternehmensgewinne). Diese uns alle gefährdende „Full Spectrum Dominance“ umfasst Hyperschall-Raketendrohnen und hochfliegende Luftfahrzeuge, die Russland und/oder China mit Atomwaffen „geringer Sprengkraft“ treffen können [58].

Wie andere Produkte, die mit Steuergeldern unter dem Deckmantel der militärischen Forschung und Entwicklung entstanden (Satelliten, Computer, das Internet usw.), wird nun auch die Erkundung des Weltraums durch Unternehmen wie Jeff Bezos‘ Blue Origin kommerzialisiert.

Der Start von Militärsatelliten im Auftrag des Pentagon erfolgt beispielsweise durch Elon Musks Unternehmen Space X.

Das Pentagon und andere Bundesbehörden bezeichnen dieses Arrangement als „Space Industrial Base“ [Anm. d. Übers.: etwa Industrielle Weltraumbasis].

Mir Sadat half bei der Gründung der Space Force [59], die das Space Command weitgehend ablöste. In einem von Sadat mitverfassten und von der Space Force gesponserten Bericht [60] werden speziell Kobalt und andere seltene Materialien als die „größten“ Versorgungsrisiken genannt. Damit werden Ängste vor einem angeblichen Mangel an US-Einfluss geschürt:

„Die Vereinigten Staaten müssen um globale Marktanteile und die Führung in der Weltraumwirtschaft konkurrieren, die derzeit von China und Russland bei irdischen Rohstoffen – Grundstoffen und Industrieprodukten – dominiert wird.“

Es könnte sich also herausstellen, dass die Millionen mittelloser Kongolesen, die auf Tantal und Coltan sitzen, sowie die Hunderttausende sklavenähnlicher Bergleute und Kinderschürfer, die unter gefährlichen Bedingungen für den Abbau dieser Produkte schuften, nicht die einzigen Opfer sind. Falls das „Große Spiel“ um die allumfassende Weltherrschaft [full spectrum dominance] weitergeht, könnte der eskalierende geopolitische „Wettbewerb“ zwischen den Atommächten auch den Rest der Welt auslöschen.

Wenn nicht entsprechender Druck der Massen von unten dieses „Große Spiel“ rechtzeitig beendet.