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WHO klammert sich an mRNA – trotz Vertrauenskrise, Wirkungslücken und US-Rückzug

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) treibt ihre Pläne zur Ausweitung der mRNA-Technologie weiter voran – mit einer hochrangigen virtuellen Veranstaltung unter dem Titel „Achieving Sustainable Pandemic Preparedness by Design“, die am 12. Juni 2025 stattfindet. Die Konferenz, gemeinsam mit der G20-Arbeitsgruppe für Gesundheit organisiert, soll die Fortschritte des WHO-Programms zum mRNA-Technologietransfer seit 2021 präsentieren und zugleich neue internationale Unterstützung mobilisieren. Doch hinter der diplomatisch polierten Fassade der globalen „Solidarität“ zeigen sich deutliche Risse.

Insbesondere die Vereinigten Staaten haben sich nicht nur aus der WHO zurückgezogen, sondern auch aus der zentralen Prüfung mRNA-basierter Gesundheitsmaßnahmen – ein Richtungswechsel unter der Leitung von Robert F. Kennedy Jr., dem neuen Chef für Gesundheit und Humanressourcen. Dieser Kurswechsel kommt in einer Zeit wachsender Skepsis gegenüber der Rolle neuer Technologien im Gesundheitswesen – insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die nach wie vor unter ungleichem Zugang, Impfmüdigkeit, fragwürdiger Wirksamkeit und anhaltenden Sicherheitsbedenken leiden.

Das Technologietransferprogramm der WHO, einst als Vorzeigeinitiative zur Demokratisierung der mRNA-Impfstoffproduktion gefeiert, setzte anfangs auf Afrigen Biologics in Südafrika. Ziel war es, Produktionskapazitäten im globalen Süden aufzubauen. Trotz technischer Fortschritte und viel beachteter Partnerschaften – etwa mit Biovac, SAMRC und dem Medicines Patent Pool – steht die Initiative nun vor grundlegenden Fragen ihrer Relevanz.

Der Anbieter geht voran, der Markt bleibt zurück

Die globale Nachfrage nach COVID-19-mRNA-Impfstoffen ist stark eingebrochen. Staaten, die einst händeringend Zugang suchten, sehen sich heute mit verfallenden Dosen konfrontiert. Dennoch hält die WHO unbeirrt an der Erzählung fest, mRNA sei die Zukunft der Pandemievorsorge – ohne zentrale Fragen zu adressieren: etwa zu langfristiger Sicherheit, Logistik und Lagerinfrastruktur, Kosten-Nutzen-Verhältnissen oder den ethischen Implikationen des Verzichts auf traditionelle Impfplattformen zugunsten patentlastiger Biotechnologien.

Was die WHO-Spitze ebenfalls ausklammert: den sprichwörtlichen Elefanten im virtuellen Raum – das schwindende Vertrauen der Öffentlichkeit. Nach Jahren von Notfallzulassungen, sich ständig wandelnden Wirksamkeitsaussagen und dokumentierten Nebenwirkungen ist das Vertrauen in Gesundheitsbehörden massiv beschädigt. Allein durch Investitionen in mRNA-Hubs lässt sich dieses Vertrauen nicht zurückgewinnen – zumindest nicht ohne Transparenz und wissenschaftliche Demut.

Während die WHO und ihre südafrikanischen Partner am 12. Juni ihre Fortschritte präsentieren, stellt sich eine zentrale Frage: Geht es hier tatsächlich um die Stärkung der Pandemiebereitschaft – oder vielmehr um die Verteidigung einer politischen Investition in eine Technologieplattform, deren Glanz bereits verblasst?

Die Abwesenheit der USA bei dieser Veranstaltung könnte mehr sein als ein diplomatisches Signal – sie könnte eine tektonische Verschiebung in der globalen Gesundheitsstrategie markieren.

Denn: Wenn Pandemievorsorge wirklich nachhaltig sein soll, beginnt sie nicht mit PR-Kampagnen und Geberkonferenzen. Sie beginnt mit Rechenschaft, belastbaren Beweisen – und der ehrlichen Aufarbeitung der Lehren aus fünf Jahren Pandemiepolitik.