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Wie glaubwürdig ist Seymour Hersh?

PAUL SCHREYER UND KARSTEN MONTAG

Die Aufklärung der Terroranschläge auf die Nord Stream-Pipelines stagniert. Der amerikanische Journalist Seymour Hersh, der darlegte, dass die USA für die Sprengung verantwortlich seien, wird von vielen Medien kritisiert. Seine Enthüllungen seien oftmals zweifelhaft, einige hätten sich in der Vergangenheit als falsch herausgestellt. Stimmt das? Ein Faktencheck.

Nachdem die Nord Stream-Pipelines im September 2022 gesprengt wurden, erschienen in den Medien zunächst keine konkreten Hypothesen zur Urheberschaft – abgesehen von einem pauschalen Verdacht gegenüber Russland. Erst nachdem der damals bereits 85-jährige Reporter Seymour Hersh im Februar 2023 Recherchen vorlegte, wonach US-Präsident Biden den Terroranschlag befohlen hätte, tauchten in rascher Folge alternative Theorien zum Tathergang auf. Die Bundesregierung kommentierte Hershs Bericht nicht. Der Journalist selbst schätzte die Situation im April so ein:

„Die Gasversorgung eines Verbündeten in die Luft zu jagen, so dass der deutsche Bundeskanzler heute Probleme dabei hat, für den Wohlstand und die warmen Stuben seiner Bürger zu sorgen, das ist nicht klug. Ich weiß nicht, was mit Scholz passieren wird. Ich weiß es wirklich nicht. Ich spreche mit Leuten aus dem Bundestag, aber da scheint nichts voranzugehen. Wo bleibt der deutsche Bericht? Wann wird der veröffentlicht? In 3.000 Jahren? (…) Scholz´ Hauptproblem ist, dass er seit meiner ersten Nord-Stream-Story zu einem Kollaborateur geworden ist. Er hat nichts dementiert, nicht protestiert, nichts untersucht. Zumindest hätte er irgendeinen Kommentar abgeben müssen, so etwas wie: ‘Wir werden das sehr genau untersuchen, das ist eine sehr ernsthafte Anschuldigung…’ Aber nichts davon.“

Ende Mai bestellte nun Moskau die Botschafter Deutschlands, Dänemarks und Schwedens ein und kritisierte nachdrücklich die mangelnde Zusammenarbeit dieser Staaten bei der Aufklärung des Anschlags. Das russische Außenministerium protestiere damit nach