Die Gefahr, mit der wir es derzeit zu tun haben, kommt nicht von Rechtsextremisten, nicht von Esoterikern und „Corona-Leugnern“, sondern von einer Radikalisierung der gesellschaftlichen Mitte.
Vorbemerkung der Redaktion: Der Autor des folgenden Textes, Ortwin Rosner, veröffentlichte am 6. Dezember in der Online-Ausgabe der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ einen Artikel mit der Überschrift „Corona-Populismus: Wie man den Hass auf die Ungeimpften gezüchtet hat“. Dieser Text erregte große Aufmerksamkeit, führte zu 1.800 Leserkommentaren – und wurde von der Zeitung am Folgetag gelöscht. Er ist derzeit nur noch archiviert abrufbar. Die Redaktion teilte dem Autor zur Begründung mit, der Artikel sei in „aggressiver Sprache“ verfasst. Man habe ihn entfernt, weil er „unseren Ansprüchen nicht genügt“. Einen vorgesehenen und bereits von der Redaktion abgenommenen zweiten Teil wies das Blatt nachträglich zurück. Dieser Nachfolgebeitrag erscheint nun hier bei Multipolar.
Nachdem ich im ersten Teil drei Paradebeispiele für „Corona-Populismus“ in der österreichischen und deutschen Debattenlandschaft hergenommen und analysiert habe, ist es in Teil zwei an der Zeit, das Geschehen aus einer breiteren gesellschaftlichen Perspektive zu betrachten.
Denn wenn ein Rektor ungeimpfte Studierende von seiner Universität ausschließt, wenn ein einfacher Sportreporter mit einem ungeimpften Fußballer so etwas wie ein öffentliches Tribunal veranstaltet und ein „Spiegel“-Kolumnist Ungeimpfte rhetorisch aus seiner Leserschaft entfernt, dann sind solche Vorfälle nicht isoliert zu begreifen. Vielmehr sind sie Ausdruck eines diskursiven Klimas, in dem die Tendenz zum Autoritären, zur gesellschaftlichen Spaltung und zur Machtergreifung immer gewaltigere Formen annimmt. Auch in dieser Hinsicht, und nicht nur in physikalischer, gibt es also einen