Die britische Regierung testet derzeit ein System, mit dem sich aus bestimmten Gesundheitsmerkmalen die Wahrscheinlichkeit berechnen lassen soll, ob jemand in Zukunft ein Tötungsdelikt begehen könnte. Der ursprüngliche Projektname: „Homicide Prediction“ – Mordvorhersage.
An die Öffentlichkeit gelangte das Vorhaben nur durch eine Informationsfreiheitsanfrage der Organisation Statewatch. Seitdem wird das Projekt nur noch unter dem technisch entschärften Namen „Datenaustausch zur Verbesserung der Risikoeinschätzung“ geführt.
KI trifft Risikoentscheidungen – auf Basis medizinischer Merkmale
Offiziell ist das Ganze noch „Forschung“. Doch das Ziel ist klar: Algorithmen sollen künftig dabei helfen, jene Personen herauszufiltern, die ein erhöhtes Gewaltpotenzial aufweisen – basierend auf Eigenschaften, die in vielen Fällen nichts mit Gewalt zu tun haben.
Kritiker warnen: Solche Systeme führen zur Vorverurteilung auf Verdacht. Die Grenze zwischen Gefährdungsprognose und sozialer Selektion verschwimmt.
Digitalisierung der Krankenakten schafft den Zugriff
Brisant ist dabei, dass alle Patientendaten im britischen Gesundheitssystem und nicht nur da, aktuell digitalisiert werden. Damit wird der Zugriff auf sensible Gesundheitsinformationen technisch und administrativ erleichtert – für Forschungszwecke, für Sicherheitsbehörden, für „interinstitutionellen Datenaustausch“.
Was heute nur Straftäter auf Bewährung betrifft, kann morgen jede Person betreffen, die sich in psychiatrische Behandlung begibt oder mit Depressionen diagnostiziert wurde.
Was bedeutet das für die Gesellschaft?
Die Logik ist fatal: Wer psychisch auffällig ist, wird zum potenziellen Risiko erklärt. Wer sich Hilfe sucht, läuft Gefahr, erfasst und kategorisiert zu werden. Das führt nicht zur Sicherheit, sondern zu Misstrauen gegenüber Ärzten, zur Stigmatisierung psychisch Erkrankter – und zu einem Klima des Generalverdachts.
Es geht nicht mehr darum, was jemand getan hat, sondern was er laut Statistik tun könnte.
Fazit
Dieses KI-gestützte Risikobewertungssystem ist kein Zukunftsszenario – es existiert bereits. Die Kombination aus Gesundheitsdatenbanken, zentralisierter Datenerfassung und algorithmischer Prognose markiert einen Wendepunkt: vom Rechtsstaat zur präventiven Überwachungsgesellschaft.
Wer glaubt, dass staatlich verwaltete digitale Gesundheitsdaten sicher sind, sollte sich dieses Projekt genau ansehen.