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„Das ist eine ganz perfide Sache“

„Das ist eine ganz perfide Sache“

Der Physiker und Bürgerrechtler Sebastian Pflugbeil über die zunehmend in den Hintergrund geratenden Risiken der Atomenergie, fehlende Haftung sowie die Indizien für eine geheime deutsche Atomwaffenforschung – die 1986 offenbar zu einem großen Unfall bei Hamburg führte. Pflugbeil beschreibt die personellen Kontinuitäten dieser Forschung seit der Nazizeit und konstatiert: „Das ist ein Geflecht von Themen, die sich gegenseitig besser verstehen lassen, wenn man mehrere davon ansieht und die historische Entwicklung betrachtet.“ Das umfangreiche Interview erscheint in zwei Teilen.

Multipolar: Die Nutzung der Atomenergie ist in Deutschland – mit der Abschaltung der letzten drei Reaktoren im April 2023 – vorerst beendet. International ist sie aber wieder auf dem Vormarsch. Auch in Deutschland äußerte sich eine Mehrheit der Bürger zuletzt gegen den Ausstieg. Angesichts der Stichworte Stromkosten und Klimaschutz erscheint diese Form der Energieerzeugung vielen attraktiv, trotz der bekannten Risiken. Ähnlich wie aktuell bei den Corona-Impfungen steht bei diesen Risiken die Frage der Haftung im Raum. Also: Wer zahlt, wenn viele Menschen geschädigt werden, etwa durch einen Atomunfall. Es gibt dazu einen internationalen Vertrag, das Pariser Übereinkommen. Da haben sich verschiedene Staaten zusammengetan und Haftungsobergrenzen für die Betreiber festgelegt, auch Deutschland. Wie ist dieses Abkommen aus Ihrer Sicht einzuschätzen?

Pflugbeil: Das Pariser Atomhaftungsübereinkommen von 1960 wurde von niemandem geliebt. Um verbindlich zu werden, hätte eine gewisse Mindestanzahl der daran beteiligten Staaten dieses Abkommen auch ratifizieren müssen. Das scheint nicht gelungen zu sein. Inzwischen hat sich soviel verändert, daß es einen Berg fragwürdiger neuer Ideen gibt –