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Der Nahe Osten gliedert sich neu

von Thierry Meyssan

Die Staaten des Nahen Ostens, die nicht durch eigenes Tun aufgeteilt sind, sondern durch die Mächte, die die Region kolonisiert haben, reorganisieren sich nach ihrer eigenen Logik. Natürlich sind diese neuen Bündnisse noch unsicher, aber der Westen wird damit auskommen müssen.

Es ist schwierig, den Nahen Osten zu verstehen, weil er eine Vielzahl von Akteuren mit unterschiedlichen Denkmustern umfasst, die je nach den Umständen Bündnisse schließen oder zerschlagen. Oft glauben wir, diese Region politisch zu kennen, zu wissen, wer unsere Freunde und Feinde sind. Aber wenn wir Jahre später an denselben Ort zurückkehren, hat sich die Landschaft radikal geändert: Manche unserer alten Freunde wurden zu Feinden, während manche unserer alten Freunde unseren Tod wünschen.

Das ist genau das, was jetzt passiert. In ein paar Monaten wird sich alles ändern.

- 1) Zunächst muss man verstehen, dass manche Protagonisten, die in Wüstengebieten leben, aus natürlichen Gründen in Stämmen organisiert sind. Ihr Überleben hing von ihrem Gehorsam gegenüber dem Stammesoberhaupt ab. Ihnen ist die Demokratie [Anm.d.Ü.: westlicher Auffassung] fremd und sie neigen dazu, kommunitaristisch zu reagieren. Dies gilt z. B. für die saudischen und jemenitischen Stämme, die irakischen Sunniten, die aus ihnen hervorgingen, und die Kurden, für die israelischen und libanesischen Gemeinschaften oder auch die libyschen Stämme. Diese Menschen (mit Ausnahme der Israelis) waren die Hauptopfer des US-Militärprojekts: die Rumsfeld/Cebrowski-Strategie der Zerstörung staatlicher Strukturen. Diese Leute haben nicht verstanden, was gespielt wurde, und sind nun nicht mehr in der Lage, sich ohne staatliche Strukturen zu verteidigen.

- 2) Eine zweite Kategorie von Akteuren wird von ihrem persönlichen Interesse angetrieben. Solche Leute denken nur daran, Geld zu verdienen und empfinden für niemanden Empathie. Sie passen sich allen politischen