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Ein offener Brief an Jay Bhattacharya, Robert F. Kennedy Jr. und J.D. Vance

CJ Hopkins

Ich scheine in diesen Tagen eine Reihe offener Briefe zu schreiben. Diesen hier wollte ich eigentlich vermeiden. Er ist weder satirisch noch besonders witzig. Und das Timing ist wirklich miserabel. Aber ich habe dieses „Ich-muss-mir-morgens-im-Spiegel-ins-Gesicht-schauen-können“-Problem. Also, los geht’s …

  1. April 2025

Robert F. Kennedy Jr. Dr. Jay Bhattacharya J.D. Vance MAGA-Hauptquartier Washington, D.C. Make America Great Again

Lieber Bobby, Jay und Vizepräsident Vance,

zuerst möchte ich euch allen für eure Aufmerksamkeit und Unterstützung in meinem Rechtsfall hier in Deutschland danken, in dem ich strafrechtlich verfolgt werde, weil ich das Titelbild eines meiner Bücher genutzt habe, um die Covid-Maßnahmen der deutschen Regierung von 2020 bis 2023 zu kritisieren. Die Details meines Falles sind euch bekannt, ebenso wie meinen regelmäßigen Lesern, daher werde ich sie hier nicht erneut schildern. (Für Leser, die nicht vertraut sind: siehe mein Gespräch 2023 mit Robert Kennedy Jr., mein Interview 2024 mit Jay Bhattacharya oder andere Berichte.)

Am 8. März wurde Mahmoud Khalil, ein pro-palästinensischer Studentenaktivist, in New York auf Anweisung des US-Außenministeriums von ICE-Agenten festgenommen und in ein Abschiebezentrum in Louisiana gebracht. Die Trump-Regierung versucht, ihm den Aufenthaltsstatus zu entziehen und ihn abzuschieben.

Khalil ist keines Verbrechens angeklagt. Die Regierung (der ihr angehört) hält ihn allein auf Grundlage des Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1952 fest, das besagt, dass Ausländer abgeschoben werden können, wenn der Außenminister meint, ihre Anwesenheit könnte der US-Außenpolitik schaden.

Gestern entschied ein Gericht in Louisiana, dass diese bloße Behauptung von Außenminister Marco Rubio ausreicht, um Khalil abzuschieben.

Im Kern unterscheidet sich Khalils Fall nicht von meinem. Wir werden beide für politische Meinungsäußerungen bestraft. Beide sind wir Ausländer mit Aufenthaltsstatus. Laut den deutschen Behörden ist meine Kritik für Deutschland ebenso „schädlich“ wie Khalils Aussagen für die USA. (Ich werde allerdings wegen eines Verbrechens angeklagt, Khalil nicht.)

In beiden Fällen wird das Gesetz instrumentalisiert, um ein Exempel zu statuieren. Der Unterschied liegt lediglich im Inhalt unserer Aussagen.

Ihr habt euch in der Vergangenheit für mich eingesetzt und das autoritäre Verhalten der deutschen Behörden kritisiert. Bobby und Jay, wir haben in euren Podcasts darüber gesprochen. Vizepräsident Vance, Sie haben auf X dazu gepostet und Anfang des Jahres in München die europäischen Behörden wegen mangelnder Redefreiheit angeprangert. Auf meinem kommenden Buch „Fear and Loathing in the New Normal Reich“ zieren Klappentexte von euch allen den Umschlag.

Doch jetzt, wo eure eigene Regierung dasselbe autoritäre Verhalten zeigt, schweigt ihr oder unterstützt es gar.

Ich schreibe diesen Brief nicht, um euch anzufeinden oder zu belehren. Aber was sich in den USA abspielt, und das Schweigen vieler von euch, die sich einst gegen staatlichen Autoritarismus ausgesprochen haben, bricht mir das Herz.

Das Schlimmste daran ist vielleicht, wie diese Doppelmoral das Vertrauen in demokratische Prinzipien zerstört. Wenn Regierungen Gesetze verdrehen, um politische Gegner zu bestrafen und die Bevölkerung einzuschüchtern, glaubt ihnen niemand mehr. Wir alle verstehen die Botschaft.

Die Botschaft lautet: Unsere „demokratischen Rechte“ sind wertlos. Sie werden nur dann zitiert, wenn es politisch opportun ist – und ignoriert, wenn sie im Weg stehen.

Die Botschaft lautet: Macht regiert. Macht macht die Regeln. Es gibt keine Prinzipien. Wer an Demokratie glaubt, ist ein Narr. Die eigentliche Ansage ist: „Scheiß auf eure Rechte. Haltet den Mund und gehorcht, sonst bestrafen wir euch.“

Diese Botschaft kennen wir seit 2021, als alle gezwungen wurden, medizinisch aussehende Masken zu tragen und dem Massengehorsam zu folgen …

Und als wir protestierten, sagte Arnold es noch klarer …

Und jetzt? Dieselbe Botschaft aus dem Weißen Haus. Vom Heimatschutzministerium. Von der Einwanderungsbehörde.

Ich werde mich hier nicht weiter auslassen. Ihr wisst genau, was eure Regierung tut. Und ich kenne eure Rechtfertigungen. Die deutschen Behörden haben ihre auch. Paragraf 86a StGB. Ihr habt den Immigration and Nationality Act von 1952.

Die Frage ist nicht: „Kommt ihr damit durch?“ In meinem Fall wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden. In Khalils Fall vielleicht der Supreme Court. Doch bis dahin ist der Schaden längst angerichtet.

Die eigentliche Frage ist: „Kann ich damit leben? Kann ich das geschehen lassen und schweigen?“

Bobby, Jay, ich denke, ihr kennt meine Antwort. Vizepräsident Vance, wir kennen uns nicht, aber ich würde hoffen, dass Sie, bei allem Politischen, noch an Redefreiheit glauben.

Deshalb bitte ich euch: Hört auf damit. Setzt ein Zeichen. Verteidigt eure Prinzipien. Sprecht euch aus, so wie ihr euch für mich ausgesprochen habt. Gegen politische Verfolgung. Gegen das Schweigen. Gegen die dystopische Rhetorik eurer Regierung.

Wenn ihr das nicht tut, wird alles Gute, das ihr in der „Covid-Ära“ geleistet habt, ausgelöscht. Eure Kritik am damaligen Autoritarismus wird als Heuchelei gesehen werden. Eure Worte werden wertlos. Ihr werdet nur noch als politische Funktionäre wahrgenommen, die sagen, was von ihnen erwartet wird.

Ich kann mir kein schlimmeres Schicksal vorstellen.

Vizepräsident Vance, ich habe gelesen, dass Sie Christ sind. Ich bin es nicht. Aber wenn ich mich recht entsinne, hatte Jesus keine Geduld für Heuchler. Und niemand traut einem Heuchler.

Mit besten Grüßen aus dem Neuen Normal in Berlin, CJ