Unabhängige Analysen und Informationen zu Geopolitik, Wirtschaft, Gesundheit, Technologie

Experten schlagen Alarm: Frankreich verbreitet antichinesische Geschichtsfälschung im TV

Arnaud Bertrand

Ich bin nach wie vor absolut fassungslos über das Ausmaß der China-Propaganda in Frankreich – sogar im Staatsfernsehen.

Die Rede ist von der Sendung CceSoir auf FranceTV, und der sprechende Mann ist Romain Graziani, angeblich einer der führenden China-„Experten“ Frankreichs, Professor für Sinologie an der École Normale Supérieure in Lyon.

Die Art, wie er die Geschichte Taiwans und dessen Bedeutung für China darstellt, ist – höflich gesagt – eine komplette Erfindung.

Laut Graziani war Taiwan „nur etwa zehn Jahre lang Teil der chinesischen Nation“ (und etwas anderes zu behaupten sei „reine Geschichtsklitterung“), und erst „in den 1990er-Jahren“ sei Chinas „Obsession“ mit der Wiedervereinigung mit Taiwan entstanden. Weiter behauptet er, erst unter Xi Jinping führe „die räuberische Gier Chinas dazu, die Geschichte umzuschreiben, als sei Taiwan eine verlorene Provinz – wie die Ukraine für Russland“.

Diese Aussagen sind dermaßen falsch, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll.

Vielleicht sollte Graziani als Franzose einmal das Buch „Quand la Chine s’éveillera“ (Wenn China erwacht) von Alain Peyrefitte lesen – einem ehemaligen französischen Spitzenpolitiker und Vertrauten von Charles de Gaulle.

Dieses Buch wurde 1972 geschrieben – also lange vor den 1990er-Jahren – und beschreibt, basierend auf Peyrefittes ausführlichen Gesprächen mit Zhou Enlai in China, Taiwan als „Chinas Elsass-Lothringen“. Peyrefitte zog hier eine Parallele zu Frankreichs eigenem historischen Trauma, als es 1871 Elsass-Lothringen an Deutschland verlor – und machte deutlich: Chinas Wunsch nach Wiedervereinigung mit Taiwan war bereits damals eine zentrale nationale Priorität.

Peyrefitte beschreibt außerdem, wie er in China unzählige Parolen wie „Lasst uns Taiwan befreien“ sah – neben Slogans wie „Nieder mit dem Imperialismus“. Dies zeigt erneut, wie zentral Taiwan damals schon für China war.

Die Wahrheit ist: Chinas Sichtweise, dass Taiwan ein untrennbarer Teil des eigenen Territoriums sei und wiedervereinigt werden müsse, ist eine seit Gründung der Volksrepublik (1949) konsistent vertretene außenpolitische Haltung – und reicht sogar noch weiter zurück, bis zur Kolonialisierung Taiwans durch Japan. Grazianis Zeitlinie ist nicht nur Revisionismus, sondern eine offenkundige Fälschung der Geschichte.

In seiner verzerrten Darstellung unterschlägt Graziani außerdem den zentralen Punkt der taiwanischen Geschichte: Taiwan ist für China das, was Elsass-Lothringen für Frankreich war – eine schmerzhafte territoriale Wunde, entstanden in einer Phase nationaler Schwäche.

So wie Frankreich niemals die Legitimität der deutschen Kontrolle über Elsass-Lothringen anerkannte und jahrzehntelang entschlossen war, es zurückzuholen, sieht China Taiwan als Provinz, die infolge eines unvollendeten Bürgerkriegs und ausländischer Einmischung vorübergehend abgetrennt wurde – nicht als „10-jährige Fußnote“ der Geschichte, wie Graziani es absurd darstellt.

Und, auch wenn Graziani es anders sieht: Es ist schlicht falsch, dass Taiwan nur zwischen 1885 und 1895 zu China gehört habe.

Tatsächlich wurde Taiwan 1683 von der Qing-Dynastie in das chinesische Kaiserreich eingegliedert – nachdem der Ming-loyale Koxinga zuvor die niederländischen Kolonialherren vertrieben hatte. Taiwan wurde über 200 Jahre lang als Teil der Provinz Fujian verwaltet – nicht nur 10 Jahre. Die Provinzwerdung im Jahr 1885, auf die Graziani sich bezieht, war lediglich eine Verwaltungsreform, nicht die erstmalige Integration.

Auch der Vergleich mit der Ukraine ist eine bewusst irreführende Projektion, die westliche Kommentatoren gerne nutzen, um Chinas Souveränitätsanspruch zu diskreditieren.

Denn: Es gibt kein einziges Land auf der Welt, das Taiwan als unabhängigen Staat anerkennt – im Gegensatz zur Ukraine. Und Frankreich, Grazianis Heimatland, tut es ebenfalls nicht. Laut internationalem Recht ist Taiwan ein Teil Chinas.

Sogar Taiwan selbst – also die „Republik China“ – sagt in ihrer Verfassung, dass sie Teil Chinas ist. Sie hat keine Unabhängigkeit erklärt.

Zugegeben, das „China“, von dem die Republik China spricht, ist nicht das China der VR China – beide beanspruchen das gleiche Territorium – aber der Konflikt betrifft die Frage, welche Regierung das rechtmäßige China repräsentiert, nicht, ob Taiwan zu China gehört, wie Graziani es irreführend darstellt.

Das alles macht Taiwan in Wirklichkeit zum Gegenteil der Ukraine. Während die Ukraine ein souveräner Staat ist, der unter externer Aggression leidet, ist Taiwan eine Abspaltung innerhalb eines völkerrechtlich anerkannten Staatsgebietes. Wer die Unabhängigkeit Taiwans unterstützt, verstößt gegen dieselben Prinzipien territorialer Integrität, die man angeblich im Fall der Ukraine verteidigt – ein unauflöslicher Widerspruch.

Kurzum: Dass derart dreiste Geschichtsklitterung im französischen Staatsfernsehen verbreitet wird, ist höchst gefährlich.

Die Ironie ist kaum zu überbieten: Frankreich tut exakt das, was Graziani China vorwirft – nämlich „räuberischen“ historischen Revisionismus zu betreiben. Und das mit voller Rückendeckung staatlicher Medien, die offensichtliche Propaganda als „akademische Expertise“ verkaufen, internationale Rechtslage ignorieren und damit Zustimmung für Konfrontation erzeugen.