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Daniel Acosta

Kein sicherer Hafen

Armut, Gewalt und Grundbesitzansprüche treiben die Bewohner aus Buenaventura, der wichtigsten Hafenstadt Kolumbiens. Steckt System hinter der Verdrängung?

Der Name des Stadtteils ist zynisch: Friedensinsel – Isla de la paz. Denn das Leben hier ist seit Jahren zum Fürchten. Regelmäßig gibt es Tote bei Schießereien, Vertreibungen und Zwangsrekrutierung Minderjähriger durch Paramilitärs. Mittendrin: die 28-Jährige Norfalia Trompeta. Zusammen mit ihren drei Kindern, ihrem Freund und ihrem 16-jährigen Bruder lebt sie in einem der gefährlichsten Viertel der kolumbianischen Hafenstadt Buenaventura.

„Wir sind hier nicht erwünscht“, sagt Trompeta. Sie läuft über eine Lehmstraße an behelfsmäßigen Bauten vorbei. Bis zu dem Eingang des Hauses, das ihr Vater gebaut hat. Aber er hat es hier nicht mehr ausgehalten und ist bereits vor Jahren aufs Land gezogen. Seitdem lebt die ganze Familie vom Einkommen ihres Freundes.

Es war nie einfach, hier zu leben, sagt sie – und meint die Comuna 6, einen Bezirk am Wasser. Er verbindet die Innenstadt, die auf einer Art Halbinsel liegt, mit dem Festland. Es gibt kaum fließend Wasser, der Strom funktioniert meist nur einige Stunden am Tag. Unpraktisch, ja. Doch in den letzten Monaten bekomme sie es zusätzlich mit der Angst zu tun. Es kämen Leute, die den Bewohnern für kleines Geld ihre Häuser abkaufen wollten. „Wer nicht zustimmt, wird bedroht“, sagt sie. Viele ihrer Nachbarn seien schon umgezogen