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Sind die Mainstream-Medien ein Relikt aus der Vergangenheit?

Sind die Mainstream-Medien ein Relikt aus der Vergangenheit?

Larry Johnson

Dieser Artikel wird anders sein als das, was Ihr für gewöhnlich hier lest. Ich kommentiere heute nicht die gegenwärtige Situation in der Ukraine oder die Zukunft von BRICS oder den möglichen Ausbruch eines Krieges mit China. Was ich diskutieren will, ist, wie die Mainstream-Medien – sowohl die traditionellen Sender und die großen Zeitungen und Magazine – und die Kabelsender gegenüber Blogs und Sozialen Medien Einfluss verlieren.

Ein Grund, warum ich dieses Thema angehe, ist ein wöchentliches Zoom-Treffen, das ich mit einer Gruppe sehr kluger Männer und Frauen abhalte, die meisten von ihnen über 65 Jahre alt. Wenn ich die Namen einiger dieser ausgezeichneten Köpfe nennen würde, dann wäre eure nächste Frage: „Warum zur Hölle haben sie Dich in die Gruppe gelassen?“ Ich denke, sie waren großzügig als sie mich eingeladen haben.

Einige in dieser Gruppe haben ziemlich interessante Hirngymnastik betrieben, als sie das Tucker Carlson/Donald Trump Interview erklären wollten. Das ist ein Internet-Phänomen und bedeutet einen neuen Rekord für das meist gesehene X (Twitter) Video aller Zeiten. Und doch konnten diese guten Leute einfach nicht glauben, dass so viele Menschen tatsächlich das Interview angeschaut haben und versuchten die Zahl von mehr als 260 Millionen als einfach bedeutungslose Clicks abzutun. Das sind jene Menschen, die immer noch Kabelnachrichten ansehen und viel Zeit vor dem Bildschirm mit CNBC, Fox Business und Bloomberg News verbringen.

Das Fernseh-Nachrichtengeschäft, wie es in den 1980ern und 1990ern das Sagen hatte, es ist tot. Ich habe vor kurzem über die Unterschiede zwischen 1968 und 2016 geschrieben, bezüglich der Ratings und Zuschauerzahlen. Im August 1968 sahen mehr als 53 Millionen Amerikaner die Abendnachrichten auf ABC, CBS und NBC. Walter Cronkite hatte auf CBS mit 28 Millionen Zuschauern die Nase vorne. Damals gab es etwas mehr als 200 Millionen Amerikaner. Das heißt, dass erstaunliche 14% aller Amerikaner Walter zuschauten. Ich war schockiert zu erfahren, was mit den Ratings geschah, als ich die Zahlen für den August 2016 sah. Alle großen Sender und Kabelnachrichten hatten zusammen insgesamt etwa 28 Millionen Zuschauer. (Ja, das sind die gesamten Ratings für ABC, CBS, NBC, MSNBC und Fox News).

Auch wenn weniger Zuschauer diese verschiedenen Nachrichtensendungen schauten, so machten die Moderatoren fette Kohle und die Konzern-Kontrolle über diese verschiedenen Sender nahm zu. Die neue Wahrheit ist, dass die alten Medien und Kabelsender hauptsächlich einem elitären Publikum dienen, das nicht die sozialen und ethnischen Klassen Amerikas vertritt.

Ich hatte meinen ersten Auftritt als Terrorismus-Experte am 15. August 1994 bei CNN, um über die Gefangennahme von Carlos dem Schakal zu reden, aka Ilich Ramírez Sánchez. Damals war das eine einfache Nachricht. Ich wurde eingeladen, um über die terroristische Vergangenheit von Carlos und seine Gefangennahme zu reden. Das Ergebnis dieser Expertenaussage war, dass ich Einladungen von anderen Sender erhielt, und ich meine alle. Ich erschien mehrere Male auf CNNs Crossfire, NBCs Today Show, ABCs Nightline, CBS 60 Minutes und der Jim Lehrer Newshour, um nur einige zu nennen. Ende 1999 engagierte mich NBC als ihren Terrorismus-Experten, während wir darauf warteten, dass die Welt wegen Y2K oder dem Silvester 2000 implodiert. Nach 9/11 nahm mich Fox News für ein Jahr unter Vertrag (das ganze Jahr 2002). Roger Ailes entschied, meinen Vertrag nicht zu erneuern, da ich über die Klugheit zum Einmarsch in den Irak Fragen stellte.

Wann immer ich gebeten wurde, in einer Show zu erscheinen, gab es bei allen Sendern den gleichen Vorgang. Es gab ein Vorgespräch (die Produzenten wollten wissen, was ich sagen würde). Der Sender schickte mir eine Limousine nach Hause, ich war gschniegelt und trug ein passendes Jacket. Die Fahrer der Limousinen waren aus Pakistan. Immer. Die Pakis hatten das Limo-Geschäft mit den verschiedenen Sendern in ihrer Hand.

Beim Sender wurde ich in die Maske verfrachtet und dann saß ich im „Green“-Room mit anderen Experten, Small Talk und wartete auf meinen Auftritt. Da habe ich einige interessante Leute kennengelernt. Wenn die Zeit für meinen Auftritt kam, wurde ich entweder in ein kleines Studio geleitet oder auf die große Bühne, wo ich gegenüber Wolf Blitzer, Bill Press, Patrick Buchanan oder sogar Tucker Carlson saß. Außer bei Crossfire dauerten die Auftritte etwa fünf bis acht Minuten. Sobald ich meinen Expertenauftritt hinter mir hatte, ging es zurück in die Maske zum Abschminken, ich verließ das Gebäude, stieg in die Limousine und ab nach Hause. Das Ganze dauerte zwei bis zweieinhalb Stunden für eine kurzen Expertenauftritt.

Es gab eine Ausnahme von diesem Ritual. 60 Minutes. Sie schickten im Oktober 2001 ein fünf Mann Team zu meinem Haus in Bethesda. Sie richteten sich für mehr als zwei Stunden ein – Beleuchtung und Ton – und dann kam Bob Simon. Er musste seine Kleidung wechseln und da hatte ich Bob Simon in seiner Unterwäsche vor mir. Witzig. Und das Ganze für einen 45 Sekunden Kommentar über die Story von 9/11. Hey, es war das Geld von CBS, nicht meines.

Diese Welt gibt es nicht mehr. Zum großen Teil wegen Covid. Die ganzen Sender, sei es in den USA oder woanders, entdeckten Zoom. Skype, Streamyard und Google als effektiver, billiger und schneller, um ein Interview zu erhaschen. Mir tun die armen pakistanischen Limo-Fahrer leid. Ihre Tage als Chauffeure für Experten in Washington DC wurden durch das Internet dezimiert.

Das ist allerdings nicht der revolutionäre Wandel, der das TV- und Kabel-Imperium in Gossen- und Propaganda-Kitschen verwandelt hat. Es begann 2008, mit Barack Obama, als die Sender und Kabel-Shows politischer wurden. Vor 2008 erinnere ich mich daran, dass ich mit Leuten anderer Ansichten ordentliche Debatten führen konnte. Ich erinnere mich lebhaft an eine Debatte mit Professor Alan Dershowitz im Oktober 1998. Ich habe ihn ausgelacht, als er darauf bestand, dass Jonathan Pollard kein Spion sei und das hat ihn verlegen gemacht. Aber wenigstens hatten wir eine ehrliche Debatte ohne Hass und Geschrei.

Nach 2008 hat sich das alles verändert. Fox wurde zum Anti-Obama-Kanal und der Rest der Medien legte sich für Obama ins Zeug. Das Zeitalter einer ehrlichen Debatte (falls es je eine gab) war vorbei. Meine Anti-Irak-Kommentare und mein Auftritt in der Doku Outfoxed sorgten dafür, dass ich niemals wieder bei Fox News eingeladen wurde. Meine Kritik an Barack Obama und seine Verbindungen zu Terroristen und anderen widerlichen politischen Charakteren haben mich beim Rest der Medien zu einer Persona non Grata gemacht. Ich beschwere mich nicht und bedaure nichts. Ich erzähle nur die Geschichte.

Ab 2017 bekam ich Einladungen ausländischer Medien, etwa RT. Ich erschien einige Male auf dem RT-Programm Cross Talk. Denkt daran, das war vor COVID. Nur bekam ich bei RT keine Limousine. Ich musste selbst hinfahren, den Parkplatz haben sie bezahlt. Als COVID zuschlug, veränderte sich die Medienwelt. Keine persönlichen Interviews mehr. Stattdessen waren die TV-Interviewer zufrieden, wenn ich meine Computer-Kamera und das Audio benutzte. Nicht toll, aber es erfüllte seinen Zweck.

Wir befinden uns jetzt in einer Zeit, in der die Mainstream-Medien, insbesondere TV und Kabel, größtenteils irrelevant geworden sind, glaube ich. Dennoch ist der traditionelle Gebrauch dieser Plattformen in der Mentalität des Establishments fest verankert. Politiker bringen eine Menge Geld auf, oder versuchen das, nur um Zeit auf den konventionellen TV- und Kabelsendern zu kaufen, die von einer schwindenden Anzahl von Menschen gesehen werden. Das Geschehen verändert sich hin zu Podcasts, X und anderen Social Media Plattformen. Das ist es, was die überwiegende Mehrheit der Amerikaner anschaut.

Die meisten Politiker verstehen nicht und können nicht begreifen, was sich da gerade verändert. Es gibt Ausnahmen. Barack Obama war früh dabei. Donald Trump ist der König der Sozialen Medien. Und Vivek Ramaswamy begreift es. Der Rest klebt noch an den alten Medien und und sie geben Geld für TV-Werbung aus, die die Menschen wegschalten, wenn sie können.

Die Wild West Welt des Internets lässt die traditionellen Medienwächter vor Angst zittern. Sie können nicht länger die totale Kontrolle darüber ausüben, welche Botschaften verbreitet werden. Darum hat die Biden-Regierung so fanatisch daran gearbeitet, dass Giganten der Sozialen Medien wie Facebook, Twitter und YouTube jede Stimme unterdrücken, die nicht die akzeptable Regierungspolitik vertreten.
(Anm.d.Ü.: Die EU versucht das Gleiche mit dem DSA: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_digitale_Dienste )

Diese Dummköpfe können nicht erkennen, dass die Welt des Internets immer noch relativ frei ist und dass es alternative Kanäle gibt und jeden Tag neue entstehen.

Es gab mal eine Zeit, in der jeder Kabelsender eine Debatte über z.B. den Irakkrieg zuließ. Und heute? Jeder, der seine Stimme gegen die US-Politik in der Ukraine erhebt, wird komplett abgeschaltet. Col. Doug Macgregor ist eine der seltenen Ausnahmen. Er erschien einige Male in Tuckers Show und ein paar anderen. Aber nun, wo Tucker weg ist, sind Doug und ich auf Internet Podcasts angewiesen. Großartig! Anstatt die Komplexität des Ukraine/Russlandkriegs in fünf Minuten zu diskutieren, können wie das in 30 Minuten bis zu eineinhalb Stunden vertiefen.

Wir können (uns sollten) nicht in die ruhigen Tage der 1990er und 2000er zurückkehren. Die Kombination aus Blogs und Podcasts haben eine neue Welt geschaffen, die internationale Grenzen überschreitet und die Mittel für eine echte internationale Gemeinschaft der Konversation erzeugt. Wir müssen einfach das tun was wir können. Aus diesem Grund habe ich diesen Blog und ich danke euch, dass Ihr Teil dieser neuen Gemeinschaft seid.