Am 22. Juni 2025 griffen die Vereinigten Staaten die nuklearen Einrichtungen des Iran an, ein Ereignis, das weitreichende geopolitische, diplomatische und wirtschaftliche Folgen nach sich zieht. In einer ausführlichen Diskussion zwischen Professor Mohammad Marandi, Pepe Escobar und dem Moderator Nima analysieren die Experten die Hintergründe, die tatsächlichen Auswirkungen und die möglichen Reaktionen des Iran.
Der Angriff: Fakten und Propaganda
Die Vereinigten Staaten führten in der Nacht zum 22. Juni 2025 einen Angriff auf iranische Nuklearanlagen in Fordo, Natanz und einer weiteren, nicht näher benannten Einrichtung durch. Laut Professor Marandi war der Angriff jedoch weit weniger erfolgreich, als von der US-Regierung dargestellt: „Man kann nichts, was sie sagen, für bare Münze nehmen. Sie sagen immer, dass sie gewinnen, dass sie erfolgreich sind.“ Er betont, dass die USA keinen Zugang zu den unterirdischen und unter Bergen gelegenen Anlagen hätten: „Sie haben keine Möglichkeit, derzeit zu beurteilen, ob es substanzielle Schäden gegeben hat oder nicht.“
Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump feierte den Angriff als vollständigen Erfolg. Trump behauptete, die nuklearen Kapazitäten des Iran seien „zerstört“. Pepe Escobar widerspricht dieser Darstellung scharf und bezeichnet den Angriff als „einen enormen PR-Stunt“: „Bis jetzt haben wir nichts gesehen, was auch nur annähernd schwere Schäden zeigt.“ Er verweist auf bestätigte Berichte iranischer Quellen, dass zwei Tage vor dem Angriff wichtige Materialien aus Fordo evakuiert wurden: „Alles Wichtige in Fordo wurde entfernt.“
Irans Reaktion: Präzision und Kalkül
Trotz des Angriffs bleibt der Iran entschlossen, sein friedliches Nuklearprogramm fortzusetzen. Marandi betont: „Das wird Irans Nuklearprogramm nicht stoppen. Diese Einrichtungen können anderswo gebaut werden, heimlich, aus gutem Grund.“ Er verweist darauf, dass der Iran über die Fähigkeit verfügt, hochentwickelte Zentrifugen zu produzieren und Uran anzureichern: „Es gibt keinen Weg, wie die Amerikaner Irans friedliches Nuklearprogramm stoppen können.“
Die iranische Antwort auf den Angriff konzentriert sich zunächst auf Israel, das bereits zuvor iranische Ziele angegriffen hatte. Marandi erklärt: „Der Iran wird zurückschlagen, daran besteht kein Zweifel.“ Am Morgen nach dem US-Angriff führte der Iran schwere Raketenangriffe auf Israel durch, die laut Marandi „enorme Verwüstungen“ anrichteten. Er fügt hinzu: „Die Fähigkeiten des Iran gegen die Vereinigten Staaten sind weitaus größer als gegen Israel.“ Insbesondere im Persischen Golf verfügt der Iran über eine Vielzahl von Mittel- und Kurzstreckenraketen sowie Drohnen, die die Position der USA und ihrer Verbündeten in der Region „unhaltbar“ machen könnten.
Globale Konsequenzen: Verlust an Glaubwürdigkeit
Der Angriff hat die Glaubwürdigkeit der USA auf internationaler Ebene schwer beschädigt. Escobar betont: „Der Schaden an der Glaubwürdigkeit der USA ist auf mehreren Ebenen irreparabel, insbesondere im globalen Süden.“ Er verweist auf Diskussionen beim St. Petersburg Forum, wo klar wurde, dass „MAGA tot ist“ und die USA ihre eigene Bewegung durch diesen Angriff zerstört haben: „Mehr als 50 % der MAGA-Anhänger sind Antizionisten. Seine Basis ist völlig am Boden zerstört.“
Marandi ergänzt: „Die USA und das israelische Regime werden weltweit als die wahren Feinde angesehen.“ Er kritisiert die westlichen Eliten scharf: „Diese verrückten Menschen sind eine Bedrohung für die Menschheit, für ihre eigenen Leute, für Europa und die Vereinigten Staaten.“ Die Zerstörung der UN-Charta und die Missachtung internationaler Normen durch die USA führen zu einem Vertrauensverlust, der laut Escobar bedeutet, dass „kein Nationalstaat mehr irgendetwas aus einer US-Regierung glauben kann.“
Die Rolle von Russland und China
Russland und China verurteilten den Angriff scharf. Dimitri Medwedew, ehemaliger russischer Präsident, twitterte, dass die kritische Infrastruktur des iranischen Nuklearprogramms nur geringfügig beschädigt wurde und fügte hinzu: „Eine Reihe von Ländern ist bereit, dem Iran direkt ihre eigenen Atomsprengköpfe zu liefern.“ Escobar interpretiert dies als „Bombe“: „Was er im Grunde sagt, ist, dass Russland, China, Pakistan und Nordkorea dem Iran Nuklearwaffen liefern könnten, wenn der Iran nur fragt.“
Während Russland und China derzeit maximale diplomatische Unterstützung bieten, betont Escobar, dass der Iran eine zentrale Rolle in der eurasischen Integration spielt: „Der Iran ist ein sehr mächtiges Mitglied des globalen Südens und engagiert sich für die Integration Eurasiens.“ Der Angriff wird daher als Angriff auf die BRICS-Staaten und die zukünftige Weltordnung betrachtet.
Strategische Überlegungen: Der Persische Golf
Eine mögliche iranische Reaktion könnte eine selektive Blockade der Straße von Hormus sein, die laut Escobar „die europäischen Volkswirtschaften devastieren würde“. Marandi betont, dass der Iran eine solche Maßnahme sorgfältig abwägen würde: „Die Führung im Iran ist sehr kalkulierend, sie handeln nicht spontan oder emotional. Sie überlegen, wie sie den maximalen Effekt mit dem geringsten Schaden erzielen können.“ Eine selektive Blockade, die nur westliche Schiffe betrifft, könnte laut Escobar eine effektive Strategie sein, um die USA und ihre Verbündeten zu schwächen, ohne China oder Indien zu beeinträchtigen.
Die jemenitischen Huthis haben bereits angedeutet, dass sie Schiffe in Richtung USA im Roten Meer oder Bab al-Mandab angreifen könnten. Dies deutet auf eine mögliche Eskalation hin, die den Iran in eine strategisch vorteilhafte Position bringen könnte.
Die Rolle der Türkei und die geopolitische Landschaft
Die Diskussion über die Rolle der Türkei zeigt die Komplexität der regionalen Dynamiken. Escobar betont, dass die Türkei als NATO-Mitglied und mit einer überwiegend atlantisch orientierten Elite nicht vollständig in die eurasische Integration eingebunden ist: „Mindestens 80 bis 90 % der türkischen Eliten sind Atlantizisten. Sie blicken nach Westen und wollen in den Club aufgenommen werden.“ Er beschreibt Präsident Erdogan als „schlau, aber nicht brillant als Stratege“, der vor allem auf kurzfristige wirtschaftliche Vorteile aus sei.
Fazit: Ein Wendepunkt in der globalen Ordnung
Der US-Angriff auf den Iran markiert einen Wendepunkt in den internationalen Beziehungen. Die Missachtung internationaler Normen, die Zerstörung der UN-Charta und die unverhohlene Aggression haben die Glaubwürdigkeit der USA nachhaltig beschädigt. Der Iran, unterstützt von Russland und China, steht vor der Herausforderung, eine strategische Antwort zu formulieren, die sowohl Abschreckung als auch internationale Legitimität gewährleistet. Wie Marandi betont: „Der Iran will der internationalen Gemeinschaft zeigen, dass die USA und Israel die wahren Schurken sind.“
Escobar fasst die Situation treffend zusammen: „Dies ist der Beginn des Selbstmords des amerikanischen Imperiums.“ Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, wie der Iran auf diesen Angriff reagiert und ob die Weltgemeinschaft in der Lage ist, eine neue Ordnung jenseits westlicher Dominanz zu schaffen.