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Vor 80 Jahren fand die größte Panzerschlacht der Geschichte am Kursker Bogen statt.

Vor 80 Jahren fand die größte Panzerschlacht der Geschichte am Kursker Bogen statt.

Auszug aus dem Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“

von Wolfgang Bittner

Im Radio wird über das Unternehmen Zitadelle berichtet. Es ist Sommer, ein schöner sonniger Tag im Juli, und an der Ostfront beginnt mit einem Angriff auf Kursk eine Großoffensive der deutschen Wehrmacht. Hitler will jetzt mit einem Schlag die sowjetischen Armeen des sich über 200 Kilometer erstreckenden östlichen Frontbogens vernichten. Der Volksempfänger meldet, dass 625 000 Soldaten, darunter Truppen der Waffen-SS-Division „Das Reich“ mit 2700 Panzern, Artillerie und 1300 Kampfflugzeugen auf die russischen Stellungen vorstoßen.

Aus dem Äther schallt der Tagesbefehl des Kommandeurs der 7. Infanterie-Division, Generalleutnant Fritz-Georg von Rappard: „Soldaten! Die Stunde des Angriffs ist gekommen. Ich weiß, dass jeder von euch seine Pflicht bis zum Letzten erfüllen wird. Ihr werdet an die siegreichen Fahnen der Division, die in Polen, Frankreich und bis vor die Tore Moskaus den Feind vor sich hergejagt und die auch in zwei Jahren der Verteidigung auf russischer Erde allen Angriffen standgehalten hat, neuen Ruhm heften. Unsere Gefallenen schauen auf euch herab. Unser Gruß und unsere Hingabe gilt Deutschland und seinem geliebten Führer.“

Die Großmutter sitzt am Küchentisch und schält Kartoffeln. „Mein Gott“, sagt sie bestürzt. „Ist nicht der Albert von den Pissarskis in dieser SS-Division?“ Sie hält einen Moment inne. „Wie soll das nur weitergehen?“ Mariya, die an der Anrichte Gemüse putzt, bekreuzigt sich. Ihr Freund, der Marcin, ist in der 7. Infanterie-Division. Sie faltet die Hände und schickt ein Stoßgebet zum Himmel: „Heilige Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes.“

(…)

Am 17. Juli meldet das Oberkommando der Wehrmacht, dass der Kommandeur der 6. Panzer-Division, Generalmajor Walther von Hünersdorff, Träger des Deutschen Kreuzes in Gold und des Ritterkreuzes, im Verlauf der Panzerschlacht von Kursk schwer verwundet wurde und für Führer, Volk und Vaterland gefallen ist. Es war den deutschen Truppen nicht gelungen, auch nur ansatzweise die starken Befestigungen der Sowjets zu durchbrechen. Hitler gab persönlich den Rückzugsbefehl; ihm blieb nichts anders übrig, wollte er nicht die gesamte bei Kursk eingesetzte Streitmacht verlieren. Im Ersten Weltkrieg hatte es noch geheißen: … für Kaiser, Volk und Vaterland.

Auf deutscher Seite etwa 50 000 Tote und Verletzte, 350 abgeschossene Panzer, zahlreiche zerstörte Geschütze und Flugzeuge. Die Rote Armee verlor etwa 250 000 Soldaten, 2600 Panzer, 4000 Artilleriegeschütze, zahlreiche Flugzeuge. Die Angriffspläne waren der sowjetischen Führung schon lange vor Beginn der Offensive bekannt gewesen, die Front bei Kursk zu einer gewaltigen Feldbefestigung bis zu hundert Kilometer ins Hinterland ausgebaut worden. Ein Schlag ins Wasser, ein Mordunternehmen, von vornherein chancenlos. Der vor Kursk verwundete Freund von Mariya berichtet später mit zitternder Stimme von einem Inferno ohnegleichen und dass er geglaubt habe, der Weltuntergang sei gekommen.

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In Gleiwitz ist der Krieg noch weit weg, aber er rückt immer näher. Mit der Vernichtung der 6. Armee in Stalingrad beginnt der Vormarsch der Roten Armee auf die Grenzen des Deutschen Reichs. Aber der Volksempfänger kündet nach wie vor von der Einsatzbereitschaft und dem Mut des deutschen Soldaten und von den Erfolgen der Wehrmacht. Fliegerass Hans-Ulrich Rudel schoss mit seiner Ju 87 G, die mit zwei 3,7-Zentimeter-Panzerabwehrkanonen ausgerüstet war, an einem Tag zehn russische Panzer vom Typ T-34 ab und erhält höchste Auszeichnungen: Frontflugspange in Gold mit Brillanten, Deutsches Kreuz in Gold, Eisernes Kreuz 2. und 1. Klasse, Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.

Marcin, der Freund von Mariya, sitzt in der Küche am Tisch und isst einen Teller der guten Gulaschsuppe, den ihm die Großmutter hingestellt hat. Der junge Mann, stoppelhaarig, hager und mit einem alten Gesicht, macht einen depressiven Eindruck. Mit achtzehn hatte er sich freiwillig gemeldet, war zur Infanterie gekommen. Die Mutter, Polin aus Tschenstochau, und der Vater, ein Gleiwitzer Bergmann, waren strikt dagegen gewesen, aber Marcin wäre sowieso eingezogen worden. Besser als die Plackerei als Hilfsarbeiter im Straßenbau, hatte er gedacht, mal rauskommen aus dem Dreck, was Neues sehen, Abenteuer erleben. Und was hat er erlebt? Den nackten Horror, sagt er. Und wo war er gelandet? Im Dreck, sagt er. Die unbesiegbare deutsche Armee ist im russischen Dreck steckengeblieben, sagt er, wie schon Napoleon. Er ist nicht ungebildet.

„Pst, nicht so laut“, bremst ihn Mariya. Sie schaut die Großmutter an, zu der sie Vertrauen hat. Die Großmutter nickt Marcin zu, sie versteht ihn. Die Schlacht bei Kursk hat er mit einem Streifschuss am Kopf überstanden, inzwischen sind die Haare nachgewachsen und es ist kaum noch etwas davon zu sehen. „Noch mal dem Tod von der Schippe gesprungen“, sagt er und tut so, als sei nicht viel passiert. Er wurde zum Obergefreiten befördert und hat für seinen Einsatz an der Front die Nahkampfspange und das Verwundetenabzeichen erhalten. Das bekommt man nicht umsonst, vor allem nicht die Nahkampfspange.

Als ihn die Großmutter nach Einzelheiten fragt, bricht es aus ihm heraus: „Tausende Tote, es ist zum Verzweifeln, es ist entsetzlich. Fast alle meine Kameraden sind gefallen, und die jungen, die hinzukommen – es sind fast noch Kinder –, sterben oft schon in der ersten Woche. Die Russen greifen ständig an, wir ziehen uns immer weiter zurück. Jetzt kommt der Winter und wir haben nicht einmal geeignete Klamotten.“ Er flüstert: „Ihr könnt euch das nicht vorstellen, am liebsten würde ich weglaufen.“ Aber in drei Tagen muss er zurück an die Front, um in diesem Krieg, der ihn seine physische und psychische Gesundheit kostet und den er für verloren hält, weiterzukämpfen.

„Hoffentlich desertiert der Marcin nicht“, sagt der Großvater beim Abendessen. „Wer desertiert, wird hingerichtet.“ (…)

(Aus: Wolfgang Bittner, „Die Heimat, „der Krieg und der Goldene Westen“, Roman, Verlag zeitgeist 2019)