Der „Take It Down Act“: Eine als Schutz getarnte Zensurwaffe
Ein Zensurmechanismus, der zuerst schießt und dann Fragen stellt – ohne Rechtsbehelf.
Präsident Trump hat sich hinter den „Take It Down Act“ gestellt, einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Verbreitung nicht einvernehmlicher intimer Bilder (NCII), einschließlich KI-generierter Deepfakes. Die Gesetzgebung hat insbesondere durch die Unterstützung von First Lady Melania Trump an Fahrt aufgenommen – und durch Trump selbst, der sie in seiner Rede vor dem Kongress am 4. März ausdrücklich begrüßte:
„Der Senat hat soeben den Take It Down Act verabschiedet… Sobald es das Repräsentantenhaus passiert hat, freue ich mich darauf, dieses Gesetz zu unterzeichnen. Und ich werde dieses Gesetz auch für mich selbst verwenden, wenn es Ihnen nichts ausmacht – denn niemand wird online schlechter behandelt als ich, niemand.“
Auch wenn diese Bemerkung wohl ironisch gemeint war, wirft sie eine ernsthafte Frage auf: Wie wird dieses Gesetz durchgesetzt – und wer profitiert am meisten davon?
Ein notwendiges Gesetz mit potenziellen Fallstricken
Die Zunahme von KI-generierten expliziten Inhalten und Rachepornos ist zweifellos ein reales Problem. Opfer von NCII kämpfen seit Jahren darum, schädliche Inhalte löschen zu lassen – oft vergeblich. Der „Take It Down Act“ soll dem Einzelnen mehr Macht geben, sich gegen digitale Übergriffe zu wehren.
Doch wie bei vielen Internetgesetzen liegt die Herausforderung im Detail. Kritiker warnen, dass ein zu weit gefasstes Gesetz schnell zur juristischen Waffe werden kann – besonders, wenn klare Schutzmaßnahmen fehlen.
Die Debatte um Meinungsfreiheit
Die Formulierung des Gesetzentwurfs lässt befürchten, dass auch legitime Inhalte wie Satire, Journalismus oder politische Kommentare entfernt werden könnten – unter Berufung auf angebliche „nicht einvernehmliche“ Darstellungen. Finanzstarke Personen oder Politiker könnten das Gesetz dazu nutzen, unliebsame Inhalte zu entfernen, auch wenn keine tatsächliche Rechtsverletzung vorliegt.
Beispiele zeigen, wie gefährlich vage der Begriff „sexuell explizit“ sein kann. Ein KI-generiertes Bild, das Trump zeigt, wie er Elon Musk die Füße küsst – eindeutig satirisch – könnte theoretisch bereits unter NCII fallen. Ebenso ein bearbeitetes Meme während der Wahl 2024, das Kamala Harris und Tim Walz als Figuren aus „Dumm und Dümmer“ mit überzeichneten Gesten zeigte. Meta zensierte das Bild – angeblich wegen sexuellen Inhalts.
Solche Einzelfälle illustrieren die Grauzonen. Wenn Satire als NCII gilt, ist der Weg zur politischen Säuberung des Internets nicht mehr weit.
Zensur auf Knopfdruck: Ein Gesetz für die Mächtigen?
Plattformen sollen laut Gesetz innerhalb von 48 Stunden auf Löschaufforderungen reagieren – ohne Beweise. Das bedeutet: Eine bloße Behauptung reicht aus, um Inhalte zu löschen. Es gibt keinen Einspruchsmechanismus, keine neutrale Instanz, keine Transparenz. Das Internet wird zu einem Minenfeld für alle, die ihre Meinung öffentlich äußern.
Und natürlich werden sich soziale Medien – wie gewohnt – nicht dagegen wehren. Droht staatliche Repression, wird lieber zu schnell zensiert als zu spät.
Selektive Durchsetzung: Ein bekanntes Muster
Das Gesetz wird nicht gleichmäßig angewendet werden. Wer die Durchsetzung kontrolliert – etwa die Federal Trade Commission (FTC) – erhält enorme Macht. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche Instanzen politisch agieren. Während der Pandemie wurden Regierungskritiker zensiert, während genehme Falschinformationen unbehelligt blieben.
Auch Unternehmen und Lobbygruppen könnten das Gesetz nutzen, um kritische Berichterstattung zu unterdrücken. Ein Unternehmen könnte behaupten, ein Foto verletze den NCII-Schutz – und schon verschwinden Enthüllungen, Recherchen, Whistleblower-Berichte.
Der „Take It Down Act“ als trojanisches Pferd
Auf den ersten Blick erscheint der Gesetzentwurf als wohlgemeinter Schutz. Doch tatsächlich wird eine gefährliche Tür geöffnet: zu automatisierter Zensur, staatlicher Überwachung und selektiver Meinungsunterdrückung.
Die Ähnlichkeit zum DMCA-Verfahren ist frappierend. Auch dieses Gesetz wurde in der Praxis massenhaft für Zensurzwecke missbraucht – ohne Nachweis, ohne rechtliches Gehör.
Besonders problematisch: Der Druck auf verschlüsselte Kommunikation. Messenger-Dienste könnten gezwungen werden, Inhalte zu scannen – ein direkter Angriff auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Was als Schutz vor Missbrauch beginnt, endet in der Totalüberwachung privater Gespräche.
Was wäre ein vernünftiger Weg?
Ein verantwortungsvoller Umgang mit NCII bräuchte:
- Klare Definitionen und Schutz legitimer Redeformen.
- Beweislast beim Beschwerdeführer.
- Strafen bei Missbrauch des Systems.
- Schutz für verschlüsselte Kommunikation.
Doch all das fehlt dem Take It Down Act. Stattdessen schafft er ein vages, missbrauchsanfälliges System – eine juristische Allzweckwaffe für die, die sie sich leisten können.
Fazit:
Der „Take It Down Act“ ist nicht der Schutzschild, als den er sich ausgibt. Er ist ein trojanisches Pferd, das – unter dem Deckmantel des Opferschutzes – zur digitalen Kontrolle und Meinungsmacht für die Eliten ausgebaut wird. Wer das Internet frei halten will, muss solche Gesetze kritisch prüfen – bevor die freie Rede nur noch eine nostalgische Erinnerung ist.