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„Alle Bürger systematisch überwacht“ – Experten schlagen Alarm wegen neuem PET-Gesetz in Dänemark

„Alle Bürger werden immer und überall systematisch überwacht“ – doch der Minister macht unbeirrt weiter

In Dänemark wächst der Widerstand gegen ein neues Überwachungsgesetz. 25 Organisationen und zahlreiche Experten fordern in einem offenen Brief an Justizminister Peter Hummelgaard (S), den umstrittenen Gesetzentwurf zu stoppen. Der Vorwurf: Das Land entwickle sich in rasantem Tempo zu einer Massenüberwachungsgesellschaft.

„Wenn der Vorschlag der Regierung Realität wird, werden alle Bürgerinnen und Bürger systematisch, überall und jederzeit überwacht. Das ist ein massiver Eingriff in unsere Privatsphäre und ein Rezept für eine Überwachungsgesellschaft“, warnt Birgitte Arent Eiriksson, Direktorin der rechtsstaatlichen Denkfabrik Justitia.

Zu den Unterzeichnern gehören Organisationen wie Amnesty International, Cepos, Djøf und die Dänische Anwaltskammer. Sie alle kritisieren, dass der Gesetzentwurf zum Inlandsnachrichtendienst PET (Politiets Efterretningstjeneste) zu weitreichend und technisch zu komplex sei. Stattdessen fordern sie die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die das Ausmaß der Überwachung systematisch untersuchen soll.

KI auf persönliche Daten loslassen – mit unvorhersehbaren Folgen

„Das Gesetz wirft ernste datenethische Fragen auf und könnte unvorhersehbare Folgen für den Einzelnen haben – insbesondere, wenn Künstliche Intelligenz auf sensible persönliche Daten angewendet wird“, so Laura Klitgaard, Präsidentin der dänischen Ingenieurvereinigung IDA.

Sie warnt: Eine Überwachung dieses Ausmaßes untergrabe das Recht auf Privatsphäre und könne das Vertrauen der Bürger in den Staat nachhaltig beschädigen.

Was das neue Überwachungssystem leisten soll

Das neue Analysewerkzeug des PET soll drei Arten von Daten erfassen und auswerten:

  1. Öffentlich zugängliche Quellen – darunter Online-Register, Webseiten, Kommentare in sozialen Medien und Presseartikel.
  2. Behördendaten – vornehmlich aus dem Gesundheits- und Sozialbereich. Diese müssen auf Anforderung an den Geheimdienst weitergeleitet werden.
  3. Daten über Ausländer – vorwiegend solche, die nicht in Dänemark ansässig sind.

Gesammelte Datensätze müssen laut Gesetz spätestens nach fünf Jahren gelöscht werden – können jedoch mit Begründung auf bis zu 20 Jahre gespeichert bleiben.

Minister: „Es geht nicht um Überwachung“

Justizminister Hummelgaard weist die Kritik als unbegründet zurück: „Das hat nichts mit Überwachung zu tun. Es geht um ein Analysewerkzeug – viele dieser Daten stammen ohnehin aus dem Ausland.“ Die Vorwürfe der Organisationen und Parteien seien teilweise auf Missverständnisse zurückzuführen.

Er betont: „Das Gesetz verändert nicht, wie PET mit personenbezogenen Daten umgeht. Es geht um Mustererkennung.“ In einer zunehmend digitalen Gesellschaft sei es notwendig, Informationen zu verknüpfen, um frühzeitig Hinweise auf Terroranschläge, Spionage oder Sabotage zu erkennen.

Die komplexe Bedrohungslage Dänemarks mache neue Instrumente für den Nachrichtendienst erforderlich, so der Minister weiter.

Opposition: Der Rechtsstaat steht auf dem Spiel

In Christiansborg melden sich inzwischen auch mehrere Oppositionsparteien zu Wort. Steffen Larsen (Liberale Allianz) bezeichnet das Gesetz als ein „echtes Massenüberwachungsinstrument“. Es stelle alle Bürger unter Generalverdacht – das Gegenteil eines freiheitlichen Rechtsstaats.

Helene Brydensholt (Die Alternative) warnt vor den gesellschaftlichen Folgen: „Die Menschen werden sich davor scheuen, bestimmte Meinungen zu äußern, Behörden zu kontaktieren oder an Demonstrationen teilzunehmen. Wir beschneiden faktisch die Redefreiheit.“

Ein besonders kritischer Punkt sei, dass Gesundheitsdaten ebenfalls einbezogen würden. „Wenn die Menschen befürchten müssen, nach einem Arztbesuch als ‚verdächtig‘ in einem IT-System zu landen, werden sie sich nicht mehr trauen, Hilfe zu suchen“, erklärt Brydensholt.

Fazit

Trotz der wachsenden Kritik hält die Regierung an dem Gesetz fest. Es soll im Oktober 2025 in Kraft treten. Sollte es so umgesetzt werden, droht Dänemark zu einem der am umfassendsten überwachten Staaten Europas zu werden.