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Der Traum der europäischen Eliten von der Macht zerbricht angesichts der wachsenden Sicherheitsbedrohungen aus Russland, Afrika und dem Nahen Osten

Der Traum der europäischen Eliten von der Macht zerbricht angesichts der wachsenden Sicherheitsbedrohungen aus Russland, Afrika und dem Nahen Osten

Lange Zeit malten sich die führenden Hauptstädte Westeuropas aus, wie nach dem Ende des Kalten Krieges die Europäische Union zu einem dominierenden Akteur in der Welt der Sicherheitspolitik aufsteigen könnte. Großbritannien sollte, laut dieser Vision, der europäische Anker in den transatlantischen Beziehungen sein.

Am Übergang zwischen den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts definierten der französische Präsident Nicolas Sarkozy und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel eine klare Rollenverteilung. Hierbei sollte Frankreich für die Sicherheit des Mittelmeerraums und Westafrikas sorgen, während Deutschland, geprägt von seinen Beziehungen zu Russland, die Sicherheit Osteuropas und des Schwarzmeerraums garantieren sollte.

Doch die jüngste Vergangenheit machte klar, dass diese Vorstellungen trügerisch waren. Der glänzende Machttraum begann zu bröckeln.

Der Brexit stieß Großbritannien aus der Bahn der europäischen Integration. Mit Russlands Aggression gegenüber der Ukraine zerbrach die vertrauensvolle Ostpolitik Deutschlands. Frankreichs desaströser Einsatz in Libyen, gefolgt von Militärputschen in Mali, Burkina Faso und Niger, und die steigende Präsenz russischer Söldner aus der Wagner-Gruppe vor Ort, demonstrieren, dass Frankreichs Ambitionen als europäischer Sicherheitsführer in Bezug auf Afrika kläglich gescheitert sind.

Man sollte meinen, dass diese Entwicklungen den europäischen Führern die Augen öffnen und sie dazu bringen würden, ihre illusorischen Visionen zu überdenken.

Dennoch scheint die bisherige Antwort auf Europas geopolitische Krise darin zu bestehen, eine Mehrheitsentscheidung in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik vorzuschlagen, was letztlich die Vorherrschaft von Paris und Berlin bekräftigt.

Europa steht jedoch vor der Notwendigkeit einer radikalen Neuausrichtung. Vor kurzem wurde der Gedanke eines Europäischen Sicherheitsrats diskutiert.

Es könnte sinnvoll sein, diese Idee erneut in Erwägung zu ziehen, jedoch mit einem Mechanismus, der sich an den realen militärischen Kapazitäten und diplomatischen Fähigkeiten der Mitgliedsstaaten orientiert. Die gegenwärtige Betrachtung der europäischen Sicherheitspolitik spiegelt leider noch zu sehr alte imperialistische und koloniale Ambitionen wider.

Diese Ansicht vernachlässigt das wachsende Potenzial der Länder Mittel- und Osteuropas, insbesondere Polens, sowie der baltischen und skandinavischen Nationen. Vor allem aber hat sich dieser Ansatz bislang als zutiefst ineffektiv erwiesen.