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Europa hat erfolgreich seine Grenzen für Ungeimpfte geschlossen. Warum kann es den Zustrom illegaler Einwanderer nicht stoppen?

Europa hat erfolgreich seine Grenzen für Ungeimpfte geschlossen. Warum kann es den Zustrom illegaler Einwanderer nicht stoppen?

Von Eugyppius

Europa steht vor seiner zweiten großen Migrationskrise seit 2014

Die Zahlen sind jetzt so hoch wie seit dem libyschen Bürgerkrieg 2014 nicht mehr. Die folgende Grafik des italienischen Instituts für internationale politische Studien zeigt die Ankünfte von Migranten in Italien von Januar 2010 bis September 2023:

Die EU-Statistiken bestätigen die extreme Situation: Bis Ende 2023 werden die EU, Norwegen und die Schweiz zusammen voraussichtlich mehr als eine Million Asylanträge erhalten und damit den Rekord von 2016 (1,23 Millionen) erreichen oder sogar übertreffen. Allein in Deutschland ist die Zahl der Anträge im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2022 um 74 % gestiegen; nur Lettland und Estland waren aufgrund der durch den Krieg in der Ukraine verursachten Migration aus Weißrussland einem höheren Druck ausgesetzt. Bisher hat die EU, die für die Sicherheit der europäischen Grenzen zuständig ist, mit lauwarmen Halbmaßnahmen reagiert und vorgeschlagen, die Genehmigungsverfahren für die Antragsteller mit den geringsten Erfolgsaussichten außerhalb Europas zu beschleunigen. Es wird erwartet, dass dies nur eine Minderheit – vielleicht ein Viertel – der Migranten betreffen wird. Der Rest wird wie bisher in den Schengen-Raum einreisen und von staatlichen Leistungen leben, während ihre Anträge über Monate und Jahre hinweg bearbeitet werden.

Die Beispiele Dänemark und Ungarn zeigen, dass die Migrationspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten dramatische Auswirkungen auf die Ansiedlung von Migranten im eigenen Land haben kann. Beide Länder haben eine harte Linie gegen die Massenmigration eingeschlagen, und in Dänemark sind die Asylanträge im Vergleich zu 2022 um 56 % zurückgegangen, während Ungarn im gesamten Jahr 2023 nur 26 Anträge bearbeitet hat. Es besteht praktisch keine Chance, dass die derzeitige deutsche Regierung, die von Sozialdemokraten und Grünen dominiert wird, ihrem Beispiel in nächster Zeit folgen wird. Sie verhandelt derzeit über rechtliche Anpassungen, die angeblich die Abschiebung von Migranten, deren Asylanträge abgelehnt wurden, etwas erleichtern sollen. Niemand glaubt, dass dies etwas ändern wird.

Jüngste Umfragen zeigen, dass die Migration für 44 % der Deutschen inzwischen das wichtigste politische Thema ist. Trotz der von den Staatsmedien verbreiteten Klimahysterie rangieren Umweltfragen nur noch auf dem zweiten Platz und sind für lediglich 18 % der Wähler wichtig. Die Energiekrise von 2022 leitete die große politische Kehrtwende in Deutschland ein, und die Migrationskrise scheint sie zu vollenden. Die Regierungsparteien der “Ampel”-Koalition können zusammengenommen nur noch die Loyalität von 33 % der Deutschen für sich beanspruchen:

Die Medien können das Migrantenproblem nicht verdrängen oder wegdiskutieren, denn die Folgen sind sehr unmittelbar und auf lokaler Ebene äußerst sichtbar. Jede einzelne Gemeinde muss Unterkünfte für die Neuankömmlinge finden. In der Regel werden sie zunächst in Schulsporthallen untergebracht. Längerfristig erhalten die Migranten von den Kommunen angemieteten Wohnraum, der teuer und äußerst knapp ist.

Berichte, wie dieser aus dem Focus, finden sich überall in der Presse:

In Rosenheim spitzt sich die Lage zu. Die Situation sei “extrem angespannt”, heißt es im Landratsamt. Jeden Monat kommen etwa 100 Menschen zu ihnen, entweder Asylbewerber oder Flüchtlinge aus der Ukraine. Diese Menschen werden zunächst in Turnhallen untergebracht und später verteilt.

Der Bezirk mietet derzeit etwa 280 Wohnungen an, aber es ist “nicht machbar”, jeden Monat 100 Neuankömmlinge unterzubringen. Außerdem sei die Belegung der Turnhallen mit Asylbewerbern und Flüchtlingen “eine große Belastung für den Schul- und Breitensport”.

Landrat Otto Lederer (CSU) sagte dem FOCUS: “Ich bin sehr unzufrieden mit der Asyl- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Allein die Versorgung mit adäquatem Wohnraum ist zum Beispiel eine große Herausforderung.” Die “Integration dieser Menschen” sei aber eine noch größere Aufgabe, die viele Probleme mit sich bringe.

Lederers klare Botschaft: “Wir sind bereit, Menschen aufzunehmen und zu integrieren, aber es gibt Grenzen, Ressourcen zum Beispiel, die nur begrenzt zur Verfügung stehen. Integration, die nicht gelingt, weil die Voraussetzungen fehlen, ist für beide Seiten negativ.”

Inzwischen hat die Situation “auch Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Sowohl für die einheimische Bevölkerung, die teilweise Angst hat, überfordert zu werden, als auch für die Flüchtlinge, die, wenn sie zu uns kommen, natürlich eine gewisse Unterstützung erwarten können”, so Lederer. Er erteilt der Bundesregierung scharfe Vorwürfe: “Man kann nicht auf der einen Seite zusätzliche freiwillige Aufnahmeprogramme auflegen und dann die Kommunen bei der Unterbringung und Integration im Regen stehen lassen.”

Dieser Bericht stammt vom September, aber seitdem hat sich nichts geändert. Das sagte Reinhard Sager, der Präsident des Deutschen Städtetages, gestern in einem Interview mit dem Tagesspiegel:

Dass sich der Wind in der Migrationsdebatte gedreht hat, ist auch den Grünen nicht entgangen, aber sie haben nicht auf den Stimmungsumschwung reagiert. “Es bleibt dabei: Eine Obergrenze [für die Migration] ist praktisch nicht umsetzbar, untergräbt das individuelle Recht auf Asyl und widerspricht der Genfer Flüchtlingskonvention”, schrieb die Co-Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang … Begrenzungen werde es “daher nicht geben”.

Zwar wären Obergrenzen rechtlich kaum durchsetzbar. Doch der grüne Realistenflügel um Vizekanzler Robert Habeck bezweifelt, dass die Partei in der Migrationsfrage den richtigen Ton trifft … Auf konkrete Vorschläge zur Entschärfung des Migrationsdrucks reagieren die Grünen meist mit Vorbehalten oder Nein. Eine Ausweitung der Definition sicherer Herkunftsländer auf die Staaten Nordafrikas lehnen sie ab, und einer Umstellung auf Sachleistungen [statt Geldansprüche] für Asylbewerber stehen sie zumindest skeptisch gegenüber.

Selbst die vorsichtigen Änderungen der EU-Asylreform im Sommer gingen vielen Grünen zu weit, die den Kompromiss schnell als “Abschottungs- und Abschreckungspolitik” verurteilten. Dass die vergleichsweise hohen deutschen Sozialleistungen einen “Pull-Faktor” darstellen, leugnen sie schlichtweg und behaupten oft, dies sei wissenschaftlich nicht belegt. …

Die Verluste bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen haben offenbar nicht genug Leid verursacht, um ein Umdenken zu bewirken.

Vor allem die Linksgrünen betonen, dass sie schon einmal schlechter dastanden, da sie sowohl im Bund als auch in elf Bundesländern an der Regierung sind. Aber es sind vor allem die Realisten, die um die politischen Beziehungen ihrer Partei fürchten und mit mulmigen Gefühlen auf das kommende Jahr blicken.

Im Juni nächsten Jahres stehen die Europawahlen an, im September folgen die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die Hauptthemen werden “Migration und Wirtschaft” sein, sagt ein grüner Abgeordneter. “Wenn wir bei diesen Themen nicht liefern, wer wird dann mit uns koalieren wollen?”

Die Antwort ist die CDU, wenn man den Äußerungen ihrer eigenen Politiker Glauben schenken darf – auch wenn damit die Zerstörung des Mitte-Rechts-Establishments droht. Es ist seit langem klar, dass die Grünen ihre Regierungsbeteiligung nicht als Gelegenheit sehen, Kompromisse zu schließen und die langfristige Überlebensfähigkeit ihres Parteiprogramms zu sichern, sondern als eine flüchtige Chance, den Deutschen so viel wie möglich von ihrer Vision aufzudrängen, bis sie schließlich abgewählt werden. Ihre Führung pflegt das Ethos einer radikalen Protestpartei, und so haben wir keine Chance, dass sich bis zu den nächsten nationalen Wahlen im Jahr 2025 etwas ändert. Bis dahin werden sie eine Vielzahl sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Probleme gesät haben, die noch jahrzehntelang Früchte tragen werden, selbst wenn sie für immer in die politische Wildnis verbannt werden.

Der Politikwissenschaftler Stefan Luft hat in einem Interview die längerfristigen politischen Folgen der Migrationskrise für Europa aus seiner Sicht erläutert. Wenn es der EU nicht gelingt, die Flut zu stoppen, werden immer mehr Mitgliedstaaten einen großen Wettbewerb beginnen, um die Bedingungen für Asylsuchende zu verschlechtern und sie dazu zu bewegen, sich anderswo niederzulassen. Staaten, die den Neuankömmlingen ihre Ansprüche nicht entziehen, würden einfach bestraft, was letztlich alle dazu veranlassen würde, die Kontrollen an den Binnengrenzen wieder einzuführen und den offenen Reiseverkehr, den die Europäer seit dem Schengener Abkommen von 1985 genießen, effektiv auszusetzen.

Die politischen Visionen vermeintlicher nationalistischer und euroskeptischer Randparteien stehen somit kurz vor der Verwirklichung, eine unvermeidliche Folge der inneren Logik der Vision der offenen Grenzen selbst. Natürlich wird dies erst dann geschehen, wenn die europäischen Länder Millionen von armen, ungebildeten Ausländern importiert haben, die sie realistischerweise niemals aufnehmen oder integrieren können. In der Zwischenzeit wird es ein Gerangel geben, um die Brandmarkung der Migrationsgegner als rechte Fremdenfeinde aus der Merkel-Ära rückgängig zu machen, nicht weil dies immer dumm war, sondern weil die Zukunft der etablierten Linken auf dem Spiel steht. Selbst solide Mehrheiten der deutschen Grünen und der SPD fordern strengere Grenzkontrollen. Wie die dänischen Sozialdemokraten erkannt haben, entfremdet eine einwanderungsfreundliche Politik vor allem die Arbeiterklasse und lässt die Linke ohne Wähler jenseits der wohlhabenden, vergesslichen, umweltbesessenen Städter dastehen, die einen übergroßen Einfluss auf die Medien und den akademischen Diskurs ausüben, aber nicht mehr als 10 % der Wähler ausmachen.