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Gaza als Nebenschauplatz, Iran als Hauptziel: Eine Analyse von Colonel Douglas Macgregor

In einer kürzlich ausgestrahlten Folge von Judging Freedom mit Moderator Andrew Napolitano äußerte sich Colonel Douglas Macgregor, ein bekannter Militärexperte und ehemaliger Berater des US-Verteidigungsministeriums, zu den aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten. Sein Fokus lag auf der prekären Lage in Gaza und der drohenden Eskalation mit dem Iran.

Macgregor zeigte sich skeptisch gegenüber den Aussichten auf dauerhaften Frieden in Gaza und warnte vor einer möglichen Konfrontation mit dem Iran als eigentlichem Hauptziel der israelischen und US-amerikanischen Politik. Dieser Artikel beleuchtet Macgregors Einschätzungen, die politischen Dynamiken und die geopolitischen Implikationen, die er ansprach

Gaza: Ein fragiler Waffenstillstand

Macgregor äußerte sich zunächst zur aktuellen Lage in Gaza, wo Verhandlungen über einen Waffenstillstand und den Austausch von Geiseln zwischen Israel und der Hamas im Gange sind.

Er betonte, dass er wenig Vertrauen in die Nachhaltigkeit dieser Bemühungen habe:

„Ich bin skeptisch gegenüber allem“, sagte er.

Die Rückgabe der verbleibenden Geiseln und die Freilassung von etwa 1.200 palästinensischen Gefangenen seien für ihn nur ein erster Schritt – kein echter Durchbruch.

Ein zentraler Punkt seiner Skepsis liegt in der innenpolitischen Lage Israels.

Macgregor sieht den Druck der rechtsnationalistischen Kräfte in der Regierung Benjamin Netanjahus als Haupthindernis für eine nachhaltige Friedenslösung. Diese Kräfte verfolgten das Ziel eines „Groß-Israel“, das die vollständige Kontrolle über Gaza und das Westjordanland sowie die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung impliziere.

Laut Macgregor teilen rund 80 Prozent der israelischen Bevölkerung diese Ansichten – ein Umstand, der die Perspektive auf eine friedliche Koexistenz weiter verschlechtere.

Trumps Rolle: Optik statt Strategie

Macgregor betonte, dass US-Präsident Donald Trump ein starkes Interesse daran habe, ein sichtbares Friedensabkommen im Nahen Osten als politischen Erfolg zu präsentieren – vor allem aus optischen Gründen.

„Er ist sehr fokussiert auf Optik, auf Erscheinungsbilder“, so Macgregor.

Er verwies auf Trumps Auftritt vor einer riesigen amerikanischen Flagge, der an die ikonische Darstellung von General George Patton erinnere.

Doch trotz dieser symbolischen Gesten sei Trump kein freier Akteur, sondern stark von wohlhabenden Spendern abhängig, die mit israelischen Interessen verbunden seien.

Diese Spender verfolgten weiterhin das Ziel eines „Groß-Israel“ und betrachteten den aktuellen Waffenstillstand lediglich als Pause – nicht als Ende des Konflikts.

Macgregor prognostizierte, dass nach der Rückgabe der Geiseln eine kurze Phase der Ruhe folgen könnte, bevor die Gewalt erneut aufflammt.

Er verwies auf eine komplexe Gemengelage aus staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren – darunter israelische Proxy-Kräfte mit Verbindungen zu Syrien und dem Islamischen Staat sowie die weiterhin aktive Hamas. Diese Mischung mache eine erneute Eskalation nahezu unvermeidlich.

Iran: Der eigentliche Fokus

Während Gaza in den Schlagzeilen steht, sieht Macgregor den Iran als das eigentliche Ziel der israelischen und US-amerikanischen Strategie.

Er zweifelt an Netanjahus Aussage, Israel wolle keinen Krieg mit dem Iran:

„Die Iraner haben das schon früher gehört.“

Israel betrachte den Iran als existenzielle Bedrohung, und diese Wahrnehmung werde auch durch einen Gaza-Waffenstillstand nicht verändert.

Macgregor spekulierte, dass Israel und die USA eine Phase der Ruhe in Gaza benötigen, um ihre Kräfte für eine mögliche Konfrontation mit dem Iran zu bündeln.

Der Iran sei der einzige regionale Akteur, der sich klar gegen Israel positioniere und militärisch handlungsfähig sei – was ihn zu einem vorrangigen Ziel mache.

Gleichzeitig beschrieb Macgregor Israel als „den 51. Staat der USA“, wirtschaftlich und militärisch abhängig von Washington.

Diese Abhängigkeit ermögliche Israel eine aggressive Außenpolitik, ohne die direkten Konsequenzen tragen zu müssen.

Zugleich gab Macgregor zu, dass die konkrete Planung eines Angriffs auf den Iran spekulativ bleibe – er selbst habe keinen Zugang zu den internen Entscheidungsprozessen.

Trumps außenpolitische Rhetorik: Provokation und Optik

Ein zentraler Teil von Macgregors Analyse betraf Trumps außenpolitischen Stil – impulsiv, konfrontativ und oft strategisch unüberlegt.

Er verwies auf Trumps Ankündigung, Tomahawk-Marschflugkörper an die Ukraine liefern zu wollen, und nannte dies einen gefährlichen Schritt der Eskalation:

„Das ist ein neuer Schritt der Aggression.“

Macgregor erklärte, dass Tomahawks zwar leistungsstark seien, aber kein Wundermittel:

  • Reichweite: etwa 1.500 Meilen
  • Startplattformen: U-Boote, Zerstörer, Bodenstationen
  • Schwächen: begrenzte Bestände, unzuverlässige ältere Modelle, anfällig für moderne Radarsysteme

Er erinnerte daran, dass bereits im Kosovo-Krieg viele dieser Raketen abgeschossen worden seien.

Besonders gefährlich sei, dass ihr Einsatz durch ukrainische Streitkräfte nur mit direkter US-Unterstützung möglich wäre – was eine faktische Kriegsbeteiligung der USA bedeute.

Treffen solche Raketen zivile Ziele in Russland, könne dies massive Vergeltungsmaßnahmen auslösen – möglicherweise gegen Ziele in Osteuropa.

Russland, Venezuela und die globale Instabilität

Macgregor kritisierte Trumps herablassenden Ton gegenüber Russland, den er mit einem Vater verglich, der zwei streitende Kinder zurechtweist – was in Moskau als Beleidigung wahrgenommen werde.

Diese Haltung schade den ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den USA und Russland.

Ein weiterer Aspekt seiner Analyse war Trumps Erwähnung einer möglichen militärischen Intervention in Venezuela, offiziell zur Bekämpfung von Drogenkartellen.

Macgregor zeigte sich besorgt über das Fehlen einer parlamentarischen Debatte im US-Kongress über diese Pläne.

Er verwies auf Senator Tim Kaine, der Trumps eigenmächtige Angriffe auf Schiffe im Karibikraum kritisiert habe – einige dieser Schiffe hätten möglicherweise keine Drogen transportiert.

Macgregor warnte, dass eine Intervention in Venezuela ein fragiles Land weiter destabilisieren und anti-amerikanische Ressentiments in Lateinamerika verstärken würde.

Dabei habe Venezuela den USA sogar Angebote über Öl- und Gaslieferungen gemacht, die abgelehnt worden seien.

Eine „chirurgische Operation“ könne leicht in chaotische Verhältnisse münden – mit weitreichenden regionalen Folgen.

Fazit: Eine Welt am Rande der Eskalation

Colonel Douglas Macgregor zeichnet ein düsteres Bild der geopolitischen Gegenwart.

Er sieht Gaza als Nebenschauplatz, der die größere Konfrontation mit dem Iran überlagert.

Während die Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gaza weiterlaufen, bleibt er skeptisch gegenüber einem dauerhaften Frieden, da ideologische und politische Kräfte in Israel – unterstützt durch US-Interessen – eine Deeskalation behindern.

Gleichzeitig warnt er vor den globalen Konsequenzen einer impulsiven US-Außenpolitik:

  • Tomahawk-Lieferungen an die Ukraine könnten den Krieg mit Russland verschärfen,
  • Militärische Abenteuer in Venezuela könnten eine ganze Region destabilisieren,
  • und die Iran-Frage könnte zu einer neuen Eskalation im Nahen Osten führen.

„Die Konsequenzen militärischer Aktionen sind weitreichend und unvorhersehbar“, mahnt Macgregor.

Seine Analyse ist eine Warnung – vor der Unterschätzung geopolitischer Dynamiken und der Überbewertung militärischer Macht in einer zunehmend instabilen Welt.