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Schwedisches Staatsfernsehen: Wahlrecht bedroht Demokratie

Schwedisches Staatsfernsehen: Wahlrecht bedroht Demokratie

Die Tatsache, dass mehr Länder als je zuvor das allgemeine Wahlrecht eingeführt haben, ist nach Ansicht des schwedischen Staatsfernsehens SVT eine Bedrohung für die Demokratie. Es kommt vor, dass die Menschen falsch wählen, so der Fernsehsender, dessen Botschaft lautet, dass es bei der Demokratie nicht nur darum geht, dass die Menschen ihre Führer wählen können, sondern um etwas anderes.

Es geht darum, die richtigen politischen Führer zu wählen, erklärt SVT-Expertin Gunilla Reischl.

“Nie zuvor in der Geschichte hatten so viele Menschen die Möglichkeit, an verschiedenen Wahlen teilzunehmen wie 2024. Aber die Tatsache, dass die halbe Welt Wahlen abhält, ist nicht unbedingt nur positiv für die Entwicklung der Demokratie”, erklärt SVT auf seiner Nachrichtenseite.

Der TV-Riese wandte sich daraufhin an einige Experten, die die klassische Definition von Demokratie infrage stellten, nach der Demokratie eben die Herrschaft des Volkes mit freien und geheimen Wahlen sei, berichtet Friatider.

Veränderte Definition

In den vergangenen Jahren haben Medien und Behörden in der EU und den USA eine andere, modernere Definition von Demokratie angenommen. Nach diesem Verständnis bedeutet Demokratie nicht, dass das Volk seine Führer in allgemeinen Wahlen wählt, sondern dass das Volk auch für linke oder kommunistische Parteien stimmen muss, damit Länder als Demokratien gelten.

Nach diesem Verständnis gilt zum Beispiel Ungarn nicht als Demokratie, weil die dortige Regierungspartei weder kommunistisch noch links ist, sondern nur vom Volk gewählt wird. Im vergangenen Jahr stimmte das EU-Parlament deshalb für eine Resolution, in der es heißt, Ungarn sei keine Demokratie, sondern ein “hybrides Regime”, obwohl dem Land im Gegensatz zu Schweden nie vorgeworfen wurde, keine freien und geheimen Wahlen abzuhalten.

Inzwischen hat die SVT aufgehört, Demokratien als Demokratien zu bezeichnen, und verwendet stattdessen den Begriff “Länder mit Wahlen”, um selbst jene Demokratien zu bezeichnen, in denen das Volk ordnungsgemäß abstimmt.

“In diesem Jahr lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in Ländern, in denen Wahlen abgehalten werden”, erklärte der Journalist Oscar Gyllander am Sonntag in einer SVT-Kolumne, in der die Botschaft lautete, dass die Rekordzahl von Volksregierungen in der Welt eigentlich bedeute, dass die Demokratie auf dem Rückzug sei.

Zurück zur Sowjetunion

Obwohl mehr Menschen als je zuvor in Ländern leben, in denen Wahlen abgehalten werden, ist die Situation der Demokratie” laut SVT-Bericht wieder auf dem Stand vor dem Fall der Mauer”. Der Fernsehriese bezieht sich dabei auf das Jahr 1989, als die Hälfte der Erdoberfläche von der Sowjetunion und anderen Diktaturen kontrolliert wurde.

Der Grad der Demokratie wird nicht daran gemessen, ob das Volk seine Führer wählen kann oder nicht, sondern daran, wie loyal die gewählte Regierung zu “globalen Zielen”, “Klimaarbeit” und “Transition” steht, so die Botschaft. Es geht also nicht darum, dass die Menschen generell ihre Führer wählen können, sondern um etwas anderes.

Es geht darum, die richtigen politischen Führer zu ernennen, die am Übergang arbeiten können, erklärt Gunilla Reischl, linke Wissenschaftlerin am Institut für Außenpolitik und Demokratieexpertin bei SVT.

Gleichzeitig zeigt SVT im Hintergrund herzzerreißende Bilder von Flüchtlingen, die versuchen, das Mittelmeer zu überqueren, während beunruhigende Archivbilder von Jörg Haider, der Berliner Mauer und Nigel Farage gezeigt werden.