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Taktik ohne Strategie ist der Lärm vor der Niederlage

Taktik ohne Strategie ist der Lärm vor der Niederlage

Die Überschrift zu diesem Artikel ist ein Zitat des berühmten chinesischen Generals, Strategen, Philosophen und Schriftstellers Sun Tzu, der vor 2500 Jahren lebte. Und obwohl es stimmt, dass sich das Kriegswesen über das vergangene Jahrtausend dramatisch verändert hat (beispielsweise wurde die operationelle Kunst als Zwischenschritt zwischen Taktik und Strategie eingeführt), so gilt die fundamentale Logik von Sun Tzu nach wie vor. Als grobe Vereinfachung dieses Themas könnte man sagen, dass die Taktiken die Mittel zu einem bestimmten Ziel sind, das zu definieren ist, und die Definition dieses Endziels ist die Strategie. Ich wiederhole: das ist eine lächerlich grobe Vereinfachung, aber für unsere Zwecke reicht es.

Die obigen Ausführungen sind für die Lage in der Ukraine von großer Bedeutung. Doch zunächst eine wichtige Erinnerung: Das ukrainische Militär wurde im ersten Monat des Krieges nahezu zerstört. Sowohl Andrei Martyanov als auch ich selbst haben schon oft darüber geschrieben, aber wenn Sie das aus einer anderen Quelle hören wollen, empfehle ich Ihnen diesen Artikel von Big Serge auf Substack, der hier auf Deutsch übersetzt wurde.

Oder hören Sie sich die MacGregor-Videos an. Und es gibt noch viele weitere (Moon of Alabama ist eine weitere gutes Seite).

In diesem ersten Kriegsmonat war der Westen so sehr damit beschäftigt, den russischen Einmarsch in Gostomel als beides darzustellen:

– eine große russische Niederlage und
– ein großes russisches Massaker an der Zivilbevölkerung

Dass sich die westlichen Medien auf diesen Unsinn konzentrierten, während die Zerstörung der ukrainischen Streitkräfte in diesem Propagandakrieg völlig unterging.

Die Ukronazis haben jedoch verstanden, was vor sich geht, und sich zu Verhandlungen bereit erklärt. Wie wir alle wissen, schickten die AngloZionisten Bojo nach Kiew, um das, was nach einem baldigen Ende des Krieges aussah, zu verhindern.

Betrachten wir nun die Ziele der beiden Seiten in der Anfangsphase des Krieges:

– Die Ukronazis waren bereit, den Donbass anzugreifen, in der Hoffnung, das zu wiederholen, was die NATO mit den entwaffneten serbischen „Schutzzonen“ in der Krajina gemacht hat (Operation Sturm: https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Oluja ).
– Die Russen kamen diesem Angriff zuvor, allerdings nicht durch einen direkten Angriff auf die ukrainischen Streitkräfte im Donbass, sondern durch die grundsätzliche Vernichtung der ukrainischen Streitkräfte in der gesamten Ukraine.

Nach den Maßstäben des gesunden Menschenverstands hätte der Krieg im März beendet werden müssen. Und warum? Weil, wie gesagt, das gesamte ukrainische Militär im Grunde zerstört und desorganisiert war. Dann kamen die „Genies“ im Westen auf eine sehr einfache Lösung:

– Schickt die gesamte Ausrüstung der ehemaligen Warschauer Vertragsorganisation (WTO) (nein, sie wurde nie „Pakt“ genannt) aus allen ehemaligen WTO-Ländern in die Ukraine.
– Mehr ukrainische Soldaten an die Front schicken.

Anfänglich sah dieser Ansatz sehr vielversprechend aus, aber das hielt nicht lange an.

Diese zweite Auflage der Ukronazi wurde ebenfalls von Russland vernichtet, wenn auch viel langsamer, weil die Russen mit einigen sehr heiklen Problemen konfrontiert waren:

– Ein großer Teil der ehemaligen WTO-Ausrüstung war sehr effektiv, nicht nur, weil sowjetische Ausrüstung im Allgemeinen sehr effektiv ist, sondern auch, weil vieles davon modernisiert worden war.
– Die Ukronazis waren mehr als bereit, große Verluste zu erleiden, wenn dadurch der russische Vormarsch aufgehalten werden konnte.
– Die Russen verfügten einfach nicht über die nötige Mannstärke, um eine statische Verteidigung durchzuführen oder gar die gesamte Kontaktlinie zu kontrollieren.
– Und da sich die Russen für eine „Economy of Force“-Variante der manövrierenden/mobilen Verteidigung entschieden (was ohnehin ihre einzige Option war, da die Ukronazis den Russen zahlenmäßig weit überlegen waren), konnten sie den Boden nicht halten, was wiederum bedeutete, dass die Ukrainer vor Ort nicht damit rechnen konnten, dass die Russen bleiben und sie schützen würden.
– Den Ukronazis wurden nach und nach sämtliche C4ISR-Kapazitäten der NATO zur Verfügung gestellt, was die russischen Operationen ernsthaft erschwerte und gleichzeitig die ukrainische Artillerie und Luftwaffe erheblich unterstützte (es wurden auch Hunderte von ehemaligen WTO-Flugzeugen geliefert).
– Die ukrainischen Streitkräfte im Donbass waren sehr stark eingegraben (sie hatten acht Jahre Zeit und unendlich viel westliches Geld, um Verteidigungsanlagen aufzubauen!), und die Russen waren nicht bereit, ihre Soldaten in blutigen Frontalangriffen zu opfern. Auch der Einsatz schwerer Waffen kam nicht in Frage, da sich die Ukronazis in den Städten versteckten und eine Zerschlagung der ukrainischen Verteidigungsanlagen den Tod Tausender von Zivilisten bedeutet hätte.

Trotzdem gelang es Russland, den größten Teil der ehemaligen WTO-Hardware zu zerstören und die Ukronazis zu zwingen, „Leichen gegen Artilleriegeschosse“ zu tauschen – eine verrückte, unmoralische und aussichtslose Taktik, die einfach nicht durchzuhalten war. Infolgedessen stiegen die ukrainischen KIA/MIA-Zahlen weiter in die Höhe, aber das interessierte im Westen niemanden. (Anm.d.Ü.: KIA/MIA = Killed/Missed in Action)

Wichtig dabei ist, dass die Ukronazis nicht nur viel Material und Soldaten verloren haben, sondern auch viele ihrer besten Soldaten (ganze Brigaden, und zwar die besten, gingen um Bakhmut herum verloren!). Das bedeutet, dass die NATO Kiew zwar anweisen konnte, immer mehr Männer zu mobilisieren und an die Front zu schicken, dass aber die meisten der mobilisierten und eilig ausgebildeten Soldaten die enormen ukrainischen Verluste nicht wirklich ausgleichen konnten. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten in der Ukraine war gefährlich (die russischen Raketenangriffe bedeuteten, dass es in der Ukraine nirgendwo einen sicheren Ort für die Ausbildung gab), und die Ausbildung der Ukrainer im Ausland war sicherer, erforderte aber auch einen viel größeren Aufwand für eine viel kleinere Truppe.

Und zwangsläufig wurde auch die ehemalige WTO-Hardware, die dem Regime in Kiew in riesigen Mengen geliefert wurde, bei den russischen Angriffen nach und nach zerstört.

Darüber hinaus ist die Geografie eine Hürde, und in unserem Fall ist der gesamte Donbass ein riesiger Kessel, der nur auf der westlichen Seite offen ist, was es ziemlich schwierig macht, mehr als kleine, lokale Angriffe zu planen. Für die Russen bedeutet dies jedoch, dass sie von jeder dieser Achsen aus angreifen können: aus dem Norden, dem Osten und dem Süden oder sogar aus jeder Kombination davon. Nach der Teilmobilisierung verfügt Russland inzwischen über die nötigen Zahlen, um jede beliebige Option zu wählen.

Ziemlich bald gingen dem Westen die Ex-WTO-Waffen aus.

Der Westen reagierte, indem er eine Welle von „Freiwilligen“, PMCs und sogar „Deserteure“ (wie diesen US Navy SEAL: https://www.rt.com/news/570237-us-navy-seal-killed-ukraine/ ) entsandte. In aller Eile wurden weltweit Rekrutierungsbüros eingerichtet, und die russische Seite hörte immer mehr Funksprüche, die nicht auf Russisch oder Ukrainisch, sondern auf Polnisch und Englisch (und sogar Arabisch!) gesendet wurden.

Das Problem ist nun die Hardware.

Erstens kann die NATO die ehemaligen Kampfpanzer, Schützenpanzer, SAM usw. der WTO nicht „eins zu eins“ ersetzen. Die NATO-Hardware ist nicht nur teuer, sondern es gibt einfach nicht genügend Vorräte, um die enormen Verluste, die die Russen verursacht haben, vollständig auszugleichen.

Zweitens war die WTO-Hardware den Ukrainern nicht nur vertraut, sondern es war auch viel einfacher, die für ihren Betrieb erforderlichen Versorgungs- und Wartungsströme zu sichern, als dies bei der NATO-Hardware der Fall gewesen wäre (die mit wenigen Ausnahmen der ehemaligen WTO-Ausrüstung unterlegen ist).

Drittens hat der größte Teil der NATO-Hardware miserable Leistungen erbracht. Keine der versprochenen Wunderwaffen hat wirklich etwas bewirkt, zumindest in militärischer Hinsicht. Was die ermordeten Zivilisten angeht, so haben die Russen jetzt berichtet, dass seit der Lieferung von Langstreckenmunition an die NATO-Truppen in der Ukraine (denn das sind sie) die Zahl der von der NATO ermordeten Zivilisten um das Vierfache gestiegen ist!

Aber das interessiert natürlich niemanden im Westen.

Zunächst reagierte der Westen mit der Entsendung seiner eigenen überschüssigen Ausrüstung, alten Beständen, vor allem gegen das Versprechen der USA, diese in die Ukraine gelieferten Systeme durch viel neuere Systeme zu ersetzen. Ziemlich schnell wurden auch diese Bestände durch den russischen Fleischwolf gedreht.

Mit anderen Worten, die Russen zerstörten auch diese dritte Generation des „ukrainischen“ Militärs (in Wirklichkeit das Militär der NATO).

Womit wir bei der heutigen Situation wären.

Das Imperium steht nun vor einem einfachen und äußerst gefährlichen Dilemma: Den NATO-Truppen in der Ukraine gehen sowohl die Ausrüstung als auch das Personal aus.

Wenn der Westen z.B. eine Kompanie oder sogar ein Bataillon Kampfpanzer nach Lemberg und mehrere Patriot-Batterien zum Schutz Kiews schickt, wird das vor Ort keinen militärischen Unterschied machen. Ja, Quantität hat eine qualitative Dimension, und solche begrenzten Lieferungen von Waffensystemen und Personal mögen zwar für viel „Lärm“ (im Sinne von Sun Tzu) sorgen, machen aber keinen Unterschied.

Und wenn der Westen eine Truppe entsendet, die groß genug ist, um einen Unterschied zu machen, würde dies unweigerlich zu einem großen kontinentalen Krieg führen, den die NATO nicht gewinnen kann.

Dies alles wirft die Frage auf: Was ist das wahre Ziel des Westens in der Ukraine?

Lassen Sie mich ein paar Vorschläge machen:

– Eine Niederlage der Ukronazi/NATO zu verhindern
– Den Krieg für Russland so kostspielig wie möglich machen
– Das Gesicht wahren

Alle drei Ziele sind problematisch. Das Hauptproblem ist, dass keines von ihnen als „Strategie“ bezeichnet werden kann (sie sind von vornherein zu vage). Das zweite Problem ist, dass der Westen nicht über die Mittel verfügt, um eines dieser Ziele zu erreichen. Und das dritte ist, dass das Festhalten an solch völlig unrealistischen Zielen die unvermeidliche Niederlage und den anschließenden Gesichtsverlust des gesamten Westens noch schlimmer machen wird.

Was können die USA/NATO also auf den Tisch legen?

– Ein C4ISR-System von Weltklasse (sehr nützlich, aber auch potenziell sehr verwundbar)
– Eine U-Boot-Streitmacht von Weltklasse (nur zum Abschuss von Marschflugkörpern geeignet)
– Eine große Anzahl von Unterschall- und meist veralteten Marschflugkörpern
– Eine vergleichsweise kleine Bodentruppe (ohne echte Luftabwehr)
– Luftstreitkräfte, die keine Erfahrung mit Operationen in einem SEHR gefährlichen Umfeld haben.
– Eine sehr robuste nukleare Triade

Da wir von Sun Tzu wissen, dass „Taktik ohne Strategie der Lärm vor der Niederlage ist“, können wir sofort erkennen, dass keine dieser Fähigkeiten eine Chance hat, eine Niederlage der NATO zu verhindern. Mit anderen Worten, die amerikanischen Befehlshaber werden bald vor einer noch schlimmeren Wahl stehen: Niederlage oder Atomkrieg.

Ich behaupte, dass der Westen derzeit weder über eine (echte, sinnvolle) Taktik noch über eine Strategie verfügt.

Keine.

Alles, was ich sehe, ist magisches Denken, narzisstische Wahnvorstellungen, eine durch Jahrhunderte relativer Straffreiheit geprägte Denkweise und ein allumfassender, blinder Hass auf Russland und alles Russische.

Das sind kaum die Zutaten für einen Sieg (nach welcher Definition auch immer) gegen das mächtigste Kontinentalkriegsmilitär des Planeten.

Andrei