Caitlin Johnstone
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Je nachdem in welcher politischen Echo-Kammer ich zufällig bin an irgendeinem Tag und argumentiere, so gibt eine Kritik, auf die ich immer wieder stoße und die viele meiner Leser sicher auch schon erlebt haben, und zwar, dass ich meine ganze Energie in die Kritik an der Außenpolitik der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten stecke.
„Sie sind nicht gegen den Krieg, Sie sind nur gegen die AMERIKANISCHEN Kriege“, sagen sie, als ob sie eine Art verheerendes Argument liefern würden. „Wenn ihr so gegen Kriege seid, warum kritisiert ihr dann nicht den Krieg von Assad in Syrien? Wenn Sie so ein Antiimperialist sind, zeigen Sie mir, wo Sie jemals den russischen Imperialismus oder den chinesischen Imperialismus kritisiert haben?“
Das Argument ist, dass jemand, der sich gegen die Kriegstreiberei der USA wendet, nicht wirklich vom Wunsch nach Frieden und der Ablehnung von Krieg motiviert ist, es sei denn, er wendet sich auch gegen alle anderen gewalttätigen Regierungen in der Welt. Wenn man nur den US-Imperialismus kritisiert und nicht den Imperialismus anderer Nationen, muss man von etwas viel Schlimmerem motiviert sein, vielleicht einem Hass auf die Vereinigten Staaten von Amerika.
Ich habe drei Antworten auf diese schwache Argumentation, die ich hier aufliste, damit jeder, der sie nutzen möchte, davon profitieren kann:
1. Menschen, die dieses Argument vorbringen, wenden ihre eigene Logik nie auf sich selbst an.
Niemand kritisiert alle Missetaten von allen Regierungen überall auf der Welt. Wenn Sie jemandem begegnen, der dieses „man muss alle schlechten Regierungen kritisieren, sonst ist seine Kritik ungültig“-Argument auf Twitter vorbringt, machen Sie einfach eine erweiterte Suche nach seinem Twitter-Handle plus „Duterte“ oder „Sisi“ oder einem der anderen mit den USA verbündeten Tyrannen, die von den Mainstream-Medien nicht jahrelang dämonisiert wurden, und Sie werden feststellen, dass er in der ganzen Zeit, in der er dieses Konto hatte, nie eine einzige Erwähnung dieser Führer gemacht hat.
Was dies natürlich beweist, ist, dass sie nicht wirklich den Glauben praktizieren, dass alle Missetaten aller Regierungen gleichermaßen verurteilungswürdig sind. Was sie tatsächlich praktizieren, ist der Glaube, dass man die Regierungen kritisieren sollte, die sie in ihrem Fernsehen kritisieren hören: Russland, China, Syrien, Iran, usw. Die Regierungen, die das US-Außenministerium und die CIA nicht mögen. Die ungehorsamen Regierungen. Die Regierungen, die sich gegen die Aufnahme in den Klumpen des US-zentralisierten Imperiums.
Sie setzen die Logik ihrer eigenen Argumentation nicht in die Praxis um, weil es unmöglich ist, sie in die Praxis umzusetzen. Jeder hat nur so und so viel Zeit am Tag, also muss man wählen, was man fokusiert. Ich persönlich entscheide mich dafür, meinen Fokus auf den aller- ungeheuerlichsten Übeltäter in Sachen Kriegstreiberei und Imperialismus zu legen. Das bringt uns zu:
2. Das US-Imperium ist bei weitem die schlimmste kriegstreibende imperialistische Kraft auf dem Planeten.
US-geführter Regimewechsel-Interventionismus ist buchstäblich immer katastrophal und buchstäblich nie hilfreich. Dies ist eine unbestreitbare Tatsache. Imperialisten werden sehr frustriert, wenn ich in Online-Diskussionen meinen Standpunkt dazu vertrete, weil es eine unanfechtbare Position ist. Das ist normalerweise der Zeitpunkt, wo man zu persönlichen Angriffen zu greifen beginnt.
http://www.informationclearinghouse.info/56345.htm, aber so ist die Natur der Propaganda. Es ist wahr, dass andere Regierungen böse Dinge tun; soweit ich das beurteilen kann, ist das so ziemlich eine Selbstverständlichkeit, sobald es einer Regierung erlaubt ist, eine militärische Macht zu haben und wichtige Geheimnisse vor ihren Bürgern zu verbergen. Offensichtlich sind Russland, China und andere nicht kontrollierte Regierungen keine Ausnahme von dieser Regel. Aber die USA sind schlimmer, um Größenordnungen.
Keine andere Nation kommt auch nur annähernd in die Nähe. Keine andere Nation umkreist den Planeten mit Hunderten von Militärbasen und engagiert sich in Dutzenden von unerklärten militärischen Operationen. Keine andere Nation hat ein riesiges, weltumspannendes Imperium in Form von eng gestrickten Allianzen mit mächtigen, mörderischen Regierungen wie Großbritannien, Israel und Saudi-Arabien kultiviert. Keine andere Nation arbeitet ständig daran, jede Regierung zu sabotieren und zu untergraben, die sich weigert, in ein militärisches und wirtschaftliches Bündnis mit ihr aufgenommen zu werden, indem sie Sanktionen, inszenierte Putsche, verdeckte CIA-Operationen, farbige Revolutionen, wirtschaftliche Manipulationen, Propaganda, die Bewaffnung von Dissidenten-Milizen und das Starten von groß angelegten Militärinvasionen einsetzt. Nur die USA und die Nationen, in die sich ihr krebsartiges Imperium metastasiert hat, tun so etwas auch nur annähernd in diesem Umfang.
Da ich, wie jeder andere auch, nur eine bestimmte Zeit am Tag habe, um mich gegen so und so viele verschiedene Übel in der Welt zu wehren, beschließe ich, meine Energie in den Widerstand gegen den einzigen, ungeheuerlichsten Übeltäter zu stecken. Einem Übeltäter, der meiner Meinung nach nicht annähernd ausreichenden Widerstand erfährt.
3. Ich habe eine besondere Verantwortung für die Übel des Imperiums, in dem ich lebe.
Als er in einem Interview gefragt wurde, warum er den Großteil seiner Zeit damit verbringt, seine eigene Regierung zu kritisieren, antwortete Noam Chomsky:
„Meine eigene Sorge gilt in erster Linie dem Terror und der Gewalt, die von meinem eigenen Staat ausgeübt werden, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen, weil es zufällig die größere Komponente der internationalen Gewalt ist. Aber auch aus einem viel wichtigeren Grund als dem: nämlich, dass ich etwas dagegen tun kann. Selbst wenn also die USA für 2% der Gewalt in der Welt verantwortlich wären, statt für die Mehrheit, wären es diese 2%, für die ich in erster Linie verantwortlich wäre. Und das ist ein einfaches ethisches Urteil. Das heißt, der ethische Wert der eigenen Handlungen hängt von ihren erwarteten und vorhersehbaren Konsequenzen ab. Es ist sehr einfach, die Gräueltaten eines anderen anzuprangern. Das hat ungefähr so viel ethischen Wert wie das Anprangern von Gräueltaten, die im 18. Jahrhundert stattgefunden haben.“
Wenn Leute hier in Australien fragen, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiene, sage ich ihnen manchmal scherzhaft, dass ich über australische Außenpolitik schreibe, was bedeutet, dass ich über US-Außenpolitik schreibe. Ich habe viele Male darüber geschrieben, wie Australien als Washingtons Kellerknecht funktioniert, ein impotenter Vasall, der kaum mehr als ein US-Militär/Geheimdienst-Asset in Bezug auf bedeutende internationale Angelegenheiten ist.
Alles, was ich hier also wirklich tue, ist die Anwendung von Chomskys Philosophie auf die Realität eines Imperiums, in dem souveräne Nationen in keinem sinnvollen Ausmaß existieren; als Mitglied eines Staates innerhalb dieses Imperiums konzentriere ich mich auf die Verfehlungen der US-Regierung auf die gleiche Weise, wie ich es tun würde, wenn ich in Alaska oder Hawaii leben würde.
Alles, was ich tue, ist, meine persönlichen Fähigkeiten auf das zu richten, was ich als das größte Problem in der Welt ansehe: ein mörderisches Imperium, in dem ich zufällig wohne und daher eine besondere Verantwortung trage, dagegen anzugehen. Was meiner Meinung nach einfach der einzig vernünftige Standpunkt ist, den man einnehmen kann.