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Die größte Irreführung und womöglich die verheerendste

We for Humanity: Mascha Orel

Das ist eine ambitionierte Überschrift. Sicherlich beanspruche ich nicht die absolute Weisheit, um solch ein Urteil zu fällen. Und man sollte nicht ohne Bezug auf eigene Person in Superlativen sprechen. Dennoch wage ich genau dies.

Wer ist auserwählt und warum ist das wichtig?

Ich bin Tochter und Enkeltochter von Holocaust-Überlebenden. Allein die Tatsache, dass ich diese Angabe als Alibi, als Legitimation vorausschicke, ist eine Teilantwort auf die oben gestellte Frage. Bin ich als Jüdin auserwählt, mehr Meinungs- und Redefreiheit zu genießen? Bin ich das als Nachgeborene der Überlebenden? Die Frage ist rhetorisch, die Antwort ist „Ja“. Und das ist verheerend. Falsch und verheerend in jeder Hinsicht: In religiöser, in sozialer und sogar in geopolitischer.

Im Jahr 2014 stellte sich Dr. Naomi Wolf – ebenfalls eine Nachgeborene – im Rahmen einer politischen Debatte dem religiösen Aspekt des Auserwähltsein-Konzepts. Und ich dachte: Endlich Versuch einer Korrektur, mögen das Millionen erfahren. Wenn überhaupt, haben dem Hunderte oder mit ein wenig Glück paar Tausend Menschen in den U.S. folgen können. Ich möchte die Essenz nun nach Deutschland bringen, in das Land, in dem die Erkenntnis besonders wichtig ist.

Nein, Juden sind nicht auserwählt, das lässt sich nicht in alten Schriften finden. Auserwählt ist derjenige, der Gutes tut. Das ist so simpel und so essenziell. Da ich bei Weitem nicht so bibelfest bin, wie Naomi, zitiere ich einfach aus ihrem Vortrag:

„Okay, ich wurde also aufgefordert: ‘Lies die Bibel! Gott hat das Land Israel dem jüdischen Volk gegeben.‘ Werde ich vielleicht dafür gekreuzigt, aber ich habe angefangen, es zu sagen – zuletzt (erschrocken, zitternd) unter herzlichem Empfang in einer Synagoge in LA:

Wenn Sie die Genesis, den Exodus und das Deuteronomium auf Hebräisch lesen – so wie ich es tue –, dann sehen Sie, dass Gott den Juden/Israeliten Israel nicht ‘gegeben’ hat. Wir Juden sind mit dem Glauben aufgewachsen, dass ‘Gott uns das Land Israel’ in der Genesis gegeben hat – und dass wir ethnisch gesehen ‘das auserwählte Volk’ sind.

Aber tatsächlich – und ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich das sah, ich überprüfte meine Lektüre mit bedeutenden Gelehrten und sie bestätigten es – tatsächlich ist Gottes ‘Bündnis’ in Genesis, Exodus und Deuteronomium mit dem jüdischen Volk NICHT ÜBER EINE ETHNISCHKEIT UND NICHT ÜBER EINEN VERTRAG. ES GEHT UM EINE ART UND WEISE, SICH ZU VERHALTEN.

Gott … sagt nicht (Hervorhebung ist von mir) in der Sprache der ‘Vereinbarung’: ‘Ich werde euch, den ethnischen Israeliten, das Land Israel geben.’ Vielmehr sagt Gott etwas viel Radikaleres – viel Subversiveres – viel gottähnlicheres, wie ich finde. Er sagt: WENN ihr die Gefangenen besucht … der Witwe und der Waise barmherzig begegnet, den Fremden in eurer Mitte aufnehmt … die Kranken pflegt … Gerechtigkeit übt und Barmherzigkeit liebt … und verschiedene andere Aufgaben erfüllt … DANN WERDET IHR MEIN VOLK SEIN UND DIESES LAND WIRD EURES LAND SEIN.

‚Mein Volk‘ ist also nicht ethnisch – es ist transaktional. Wir sind Gottes Volk nicht von Geburt an, sondern durch eine Verhaltensweise, die ethisch, freundlich und gerecht ist. Und wir hören auf, ‘Gottes Volk’ zu sein, wenn wir nicht ethisch, freundlich und gerecht sind. Und JEDER, der ethisch, gütig und gerecht ist, ist laut Gott in der Genesis ‘Gottes Volk’.

Und der ‘Vertrag’, uns Israel zu ‘geben’, ist an Bedingungen geknüpft – wir können in Gottes Land leben, WENN wir auf diese Weise ‘Gottes Volk’ sind – gerecht, barmherzig, mitfühlend.

UND – es wird niemals gesagt, dass es NUR euer Land ist. Selbst wenn Passagen geografische ‘Grenzen’ angeben, als ob Gott so etwas tun würde, heißt es nie, dass dies ausschließlich euer Land ist. Es heißt nie, dass ich dieses Land NUR euch geben werde.

Denken Sie daran, dass es sich um heimatlose Nomaden handelte, die die Sklaverei in Ägypten verlassen hatten und in der Wüste umherwanderten; in diesen Abschnitten heißt es höchstens, sie sollen sich hier niederlassen, aber nicht, sie sollen sich ausschließlich hier niederlassen. Tatsächlich ist immer wieder die Rede davon, ‘zarim’ – übersetzt mit ‘Fremde’, kann aber auch mit ‘Menschen/Stämme, die nicht zu euch gehören’ übersetzt werden – in eurer Mitte willkommen zu heißen.“

Für die gläubigen Menschen, die den drei Weltreligionen nachhängen, dürfte diese Richtigstellung von großer Bedeutung sein. Und nicht zuletzt fördert diese Vorstellung religionsübergreifend das Gute und beseitigt den Konflikt, den der Anspruch aufs Auserwähltsein unvermeidlich schürt.

Diese Richtigstellung ist bereits der unbestreitbaren Maxime geschuldet, dass nur die Wahrheit frei macht. Und die Wahrheit ist das erste Opfer in jedem Krieg. Mir scheint, dass diese Tatsache die Schlussfolgerung zulässt, dass es keine Kriege geben würde, wenn wir in Wahrhaftigkeit leben könnten, leben dürften.

Ich glaube, dass neben den organisierten Kriegen der Neuzeit, war das die Perversion der Religionen, die die meisten Menschenleben gefordert hat und mancherorts noch immer fordert. Die jüdische Religion mag keine Kreuzzüge und kein Jihad verursacht haben, doch wurde diese eine Missinterpretation des Judentums besonders erfolgsreich für den Angriff auf unsere Wahrnehmung und Verstand ausgeschlachtet, für den Informationskrieg: Auf Schuld und Reue setzend wird perfide das Gute in Menschen gegen sie missbraucht.

Ich bin weit davon entfernt, die Ereignisse in den 30er/40er Jahren in Deutschland zu verharmlosen, zu relativieren, zu trivialisieren oder was noch alles strafrechtlich geahndet wird. Aber mir ist die Absicht all den Paragraphen wichtig: Es ist eine Sache, wenn Schuld und Reue eine Nation durch Erkenntnis stärken – eine andere, wenn die Nation dadurch absichtlich gebrochen wird.

Ich bin Gründerin und internationale Sprecherin von ‚We for Humanity‘, einer Initiative von Holocaust-Überlebenden und ihrer Nachfahren. Im Jahr 2021 schrieb ‚We for Humanity‘ einen offenen Brief an die Medien. „Das ist nicht die Lehre aus dem Holocaust, dass Juden nicht getötet oder in Frage gestellt (Hervorhebung ist von mir) werden dürfen. Kein Mensch darf getötet werden! Die Lehre aus dem Holocaust ist, dass man nicht zusehen und nicht mitmachen darf, wenn eine Minderheit verfolgt wird. Sie haben den Holocaust für das Gegenteil instrumentalisiert: um den Menschen den Willen zu nehmen, sich gegen Unrecht zu wehren“, heißt es im Brief.

Ich habe schon so oft versucht, in persönlichen Gesprächen meine Gedanken und Bedenken verständlich zu machen. Es ist nicht einfach – zu tiefsitzend sind die Glaubensgrundsätze, die Menschen das Gefühl geben, das Richtige zu tun. Doch nachdem sich während der Corona-Krise der Missbrauch von Schuld und Reue auf die ganze Welt erstreckt hat, muss ich das nochmal versuchen.

Ich habe „(dürfen nicht) umgebracht oder in Frage gestellt (werden)“ im Zitat aus unserem Brief unterstrichen, denn es ist etwas grundlegend Falsches passiert bzw. umgesetzt worden: Das Erstere hat das Letztere begründet. Damals Opfer, stehen Juden heute unter einem besonderen Schutz als Kompensation für das zugefügte Leid. Ist das in Ordnung? Ich denke, nein.

Exklusion wie damals, und Exklusivität wie heute sind hässliche Zwillinge. Diejenigen, die ernsthaft gegen Exklusion einer Minderheit sind, müssen auch gegen die Exklusivität dieser sein. Jede Phobie wurzelt in Absonderung, ob weil schwul, oder weil übergewichtig, oder weil Jude – egal, ob die Absonderung durch Exklusion oder durch Exklusivität Ausdruck findet.

„Auserwählt wofür?“ fragte Vera Sharav bei einer unserer Unterhaltungen. „Dafür, umgebracht zu werden? Dafür, Absolution zu genießen?“ Auserwähltsein als Verpflichtung, als Art und Weise sich zu verhalten, schließt beide Optionen aus, lässt Ethnie, Hautfarbe und sexuelle Neigung außer Acht. Und so soll es sein.

Im Jahr 1943 schickte die Parteizentrale an alle Kommunisten in den Vereinigten Staaten die folgende Direktive:

„Wenn gewisse Obstruktionisten zu lästig werden, bezeichne diese nach entsprechenden Anschuldigungen als Faschisten, oder Nazis, oder Antisemiten, und nutze das Prestige von antifaschistischen und toleranten Organisationen, um diese zu diskreditieren. Im öffentlichen Bewusstsein werden diejenigen, die sich uns widersetzen, mit Namen in Verbindung gebracht, die bereits einen schlechten Geruch haben. Diese Assoziation wird nach genügender Wiederholung in der Öffentlichkeit zur Tatsache werden.“

Ich denke, damit ist alles gesagt. Der „schlechte Geruch“, der einer Tragödie anhaftet, wird seit dem Zweiten Weltkrieg zur Beräucherung der individuellen und gesellschaftlichen Wahrnehmung missbraucht. Dies kombiniert mit dem Vertausch von Links und Rechts hat uns die Gegenwart beschert, in der wir leben, und ein gebrochenes Rückgrat der deutschen Nation.

„Rechtsradikale Nazis“ ist ein Oxymoron, denn Nazis waren bekennend links, wie die heutigen Regierungen. Den UK-Parlamentariern und Kandidaten liegt ein Drehbuch vor – ich verwende bewusst den Begriff „Drehbuch“ –, in dem erklärt wird, wie man räuchert: wie man den Widerstand gegen jedes beliebige Thema als Antisemitismus verunglimpft. Sogar das Wort „Elite“ sei antisemitisch.

Eine Neuauflage der Arbeitsanweisung aus 1943. Für mich bestehen keine Zweifel, dass dieses oder ein ähnliches grässliches Dokument auch den deutschen Parlamentariern einen Leitfaden bietet. Liest man das Dokument, stellt man fest, dass der Rundumschlag von der einstigen Stasi-Informantin Anetta Kahane de facto ein Zitat aus diesem Drehbuch ist: Alle Regierungskritiker sind Verschwörungstheoretiker, und alle Verschwörungstheorien sind antisemitisch.

Und da wir bei Anetta Kahane sind, noch ein Aspekt zum Schluss:

Besondere Schutzbedürftigkeit der Juden als Kompensation für das Dritte Reich – die neuerliche Exklusivität als Kompensation für die Exklusion – hat dazu geführt, dass Menschen wie Kahane unantastbar sind. Möchte man sie für das, was sie getan haben, kritisieren, geschweige denn zur Verantwortung ziehen, ist man Antisemit.

Alfred Bourla, Jude, CEO von Pfizer, missbrauchte als erstes Land Israel als Labor für seine experimentelle Gentherapie. Es ist eine verstörende Erkenntnis, dass manche Auschwitz-Überlebende, die Zuflucht in Israel gefunden hatten, an Folgen des zeitgenössischen medizinischen Experiments gestorben sind. Alfred Bourla und seinesgleichen müssen zur Verantwortung gezogen werden, Juden oder nicht. Keine Ethnie oder sonstige Gruppe darf unter Exklusion leiden, und keine darf Exklusivität genießen.

Und somit sind wir bei der Definition des Auserwähltseins: Diese teilt Menschen in Gut und Schlecht – ganz nach Matthäus 7,16–20: „An ihren Früchten wirst du sie erkennen“. Das ist einfach und essenziell wichtig.

1 https://www.independent.org/aboutus/person_detail.asp?id=4259

2 https://dorseteye.com/jewish-scholar-proves-that-the-jews-are-not-gods-chosen-people/

3 Vera Sharav hat als Kind in einem Nazi-Arbeitslager überlebt; sie ist Kämpferin für medizinische Ethik und folglich scharfe Kritikerin der Corona-Maßnahmen.

4 Edward Griffin, Vortrag aus dem Jahr 1969 https://rumble.com/v3hwmbg-edward-griffin-leftist-ideology-and- enacted-misuse-of-the-terms-nazi-fascis.html

5 https://wie24.com/nazis-links/

6 https://antisemitism.org.uk/wp-content/uploads/2024/05/Conspiracy-Theory-Guide.pdf