Von Scott Ritter
Israel hat den Iran angegriffen – mit dem erklärten Ziel, dessen nukleares Programm zu zerschlagen. Doch hinter der Fassade der Abrüstung verbirgt sich ein strategisch weitreichender Plan: Regimewechsel in Teheran. In dieser Konfrontation kann es nur einen Sieger geben.
Operation „Löwenmut“: Israels Präventivschlag
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat offiziell den Beginn der Operation „Löwenmut“ bekannt gegeben. Ziel sei die Vernichtung der iranischen Infrastruktur zur Urananreicherung und Waffenherstellung. Laut Netanjahu und seiner militärischen Führung soll die Operation mehrere Wochen dauern.
Ein zentraler Bestandteil des Angriffs war die gezielte Tötung hochrangiger iranischer Militärs und Rüstungsfunktionäre, die am Atomprogramm beteiligt waren. Israel beruft sich auf angeblich neue Geheimdienstinformationen, wonach Teheran unmittelbar vor der Umsetzung eines Atomwaffenprogramms stehe. Interessanterweise geschieht der Angriff just in dem Moment, in dem die USA noch versuchten, mit dem Iran diplomatisch über Urananreicherung und Sicherheitsgarantien zu verhandeln.
Erste Informationen deuten darauf hin, dass Israel nicht nur Führungsstrukturen angriff, sondern auch Verteidigungsanlagen, Kommunikationszentren, die Anreicherungsanlagen in Natanz und Firdos, Raketenfabriken in Parchin und eine ballistische Raketenbasis in Piranshahr bombardierte.
Der Iran als sein eigener schlimmster Feind
Seit Monaten positioniert sich der Iran als nuklearer Schwellenstaat. Zwar ist die Urananreicherung laut Atomwaffensperrvertrag (NVV) für zivile Zwecke erlaubt, nicht aber die Entwicklung von Nuklearwaffen. Doch durch das Anreichern von Uran auf 60 % – weit über das zivile Maß hinaus – hat sich Teheran technisch in die Lage versetzt, innerhalb weniger Tage waffenfähiges Material (über 90 %) herzustellen. Möglich machen das unter anderem die hocheffizienten IR-6-Zentrifugenkaskaden in Firdos.
Die iranische Rüstungsindustrie hat in den letzten zehn Jahren Technologien entwickelt, die notwendig sind, um funktionierende Sprengköpfe herzustellen – inklusive Hitzeschutz für Hyperschall-Wiedereintritt.
Was den Iran bislang davon abhielt, war eine Fatwa von Ayatollah Khamenei, die Atomwaffen als islamisch unzulässig brandmarkte. Doch Äußerungen iranischer Offizieller lassen vermuten, dass diese religiöse Schranke im Falle einer existenziellen Bedrohung durch Israel aufgehoben werden könnte.
Mit anderen Worten: Der Iran hat sich faktisch als fast nuklearwaffenfähige Nation in Stellung gebracht – eine Realität, die Israel nicht dulden wird.
Die Logik der Eskalation
Der Angriff Israels stößt den Iran in eine gefährliche Realität: Use it or lose it. Entweder wandelt Teheran seine technische Fähigkeit nun in eine einsatzfähige Waffe um – oder Israel wird systematisch alle dafür nötigen Komponenten zerschlagen.
Der Iran hat angedroht, im Fall eines Angriffs aus dem NVV auszutreten. Sollte er dies jetzt nicht tun, würde das als Schwäche und Kapitulation gewertet – und könnte als Hebel für einen Regimewechsel genutzt werden.
Die entscheidende Frage: Haben die israelischen Angriffe gereicht, um den Iran entscheidend zu schwächen? Oder wurde lediglich ein Rückzug erzwungen, der Zeit verschafft – für eine neue Konfrontation?
Für Israel geht es darum, den Iran zu zwingen, offen zum Bau einer Bombe überzugehen. Denn dies würde die USA und Europa, die sich bisher diplomatisch zurückhalten, militärisch auf die Seite Israels ziehen. Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben unmissverständlich erklärt, dass der Iran niemals zur Atommacht werden darf.
Strategisches Kalkül: Zerstörung durch Zermürbung
Israel weiß: Die tief verborgenen Anreicherungsanlagen können kaum durch konventionelle Angriffe zerstört werden. Der Schlüssel liegt also in der Ausschaltung von Menschen und Strukturen – durch Enthauptungsschläge gegen Schlüsselpersonal, durch die Zerstörung der Lieferketten und durch gezielte Sabotage.
Ziel ist es, das iranische Atomprogramm zu zerschlagen, bevor es als organisatorisch geschlossene Einheit agieren kann. Eine Woche später – und der Iran hätte möglicherweise eine funktionsfähige Nuklearstruktur gehabt, mit Redundanz und Selbstschutz. Israel hat diese Entwicklung knapp verhindert – vorerst.
Teheran muss sich nun technisch und politisch neu formieren. Aber Zeit ist ein Luxus, den Israel nicht zulassen will.
„Wahre Verheißung 3“ – letzte Option oder letzter Akt?
Der Iran hat eine massive Vergeltung angekündigt – gegen Israel und jede Nation, die dessen Angriffe unterstützt. Sollte diese Reaktion jedoch ausbleiben – sei es aus Angst, Mangel an Fähigkeiten oder politischem Kalkül –, entsteht ein Zeitfenster, das Diplomatie ermöglichen könnte. Doch ein Waffenstillstand auf dieser Basis wäre gleichbedeutend mit einer strategischen Niederlage des Iran: Israel hätte gewonnen, der Iran stünde unter internationaler Kontrolle – Inspektionen, Abrüstung, Demütigung.
Falls der Iran aber doch zur Waffe greift – zur Bombe oder zum großen Gegenschlag –, eskaliert der Konflikt zum regionalen Krieg mit globaler Beteiligung. Und genau das könnte Israels eigentliche Strategie sein: den Iran in eine Aktion treiben, die eine massive Militärintervention der USA und Europas nach sich zieht.
Obwohl Trump und Rubio öffentlich auf Distanz gehen, gibt es mächtige Kräfte in der US-Regierung – etwa Senator Lindsey Graham –, die einen Krieg gegen den Iran ausdrücklich befürworten. Und faktisch haben die USA Israel den Angriff ermöglicht – sowohl durch die politische Vorarbeit mit den Golfstaaten als auch durch Scheinverhandlungen mit Teheran, die in Wahrheit der Zielerfassung dienten.
Ziel: Regimewechsel
Israel will nicht bloß ein Atomprogramm zerstören – es will ein Regime stürzen.
Ein Krieg zwischen Israel (dem „treuen Verbündeten“ der USA) und dem Iran (seit Jahrzehnten westlicher Erzfeind) würde automatisch amerikanisches Eingreifen nach sich ziehen. Und das Ziel der USA – wie bereits mehrfach durchgesickert – ist eine strategische Niederlage Irans. Ein anderes Wort für: Regimewechsel.
Der Iran hätte die Eskalation vermeiden können – durch ein neues Atomabkommen mit den USA. Doch Teheran ließ den Prozess schleifen, tappte in die diplomatische Falle – und verschaffte Israel genau die Zeit, die es brauchte, um den Erstschlag vorzubereiten.
Jetzt bleibt dem Iran nur eine Option: überleben.
Was muss der Iran tun?
Klar ist: Dem Iran wird es nicht gestattet werden, eine Nuklearwaffe zu besitzen. Sollte er es dennoch versuchen, droht physische Vernichtung.
Gleichzeitig wird Israel sich nicht dauerhaft durch Luftangriffe allein durchsetzen können – zu verwundbar ist auch die israelische Infrastruktur.
Die einzige verbleibende Strategie für Teheran ist ein gewaltiger Gegenschlag. Einer, der Israel so hart trifft, dass es gezwungen wird, um Frieden zu bitten – und diesen Frieden auf Basis eines NVV-konformen Atomprogramms auszuhandeln.
Doch das ist nur möglich, wenn der Iran Israels Überlegenheit militärisch erschüttert.
Die geplante Operation „Wahre Verheißung 3“ – ein koordinierter Raketen- und Drohnenschlag gegen israelisches Territorium – könnte die letzte Chance sein, diesen Krieg zu drehen. Und damit auch die Zukunft der Islamischen Republik zu retten.
Denn eines ist sicher: Jede andere Option würde das Ende des Iran bedeuten, wie wir ihn heute kennen.