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Warp Speed jetzt auch in der EU! Deutsch-EU-Programm soll schnellen Impfstoff für die „nächste Pandemie“ erleichtern!

Warp Speed jetzt auch in der EU! Deutsch-EU-Programm soll schnellen Impfstoff für die “nächste Pandemie” erleichtern!

Robert Kogon

Sie haben die COVID-19-Pandemie verpasst? Keine Sorge. Das deutsch-europäische Programm “Vaccelerate” ist bereits auf der Suche nach dem nächsten “Erreger mit Pandemiepotenzial”, wie Autoren des Programms in einem neuen Papier mit dem Titel “Prediction of the next pandemic” schreiben.

Das Papier widmet sich einer Umfrage unter den Mitgliedern des Vaccelerate Konsortiums über den Erreger, der am wahrscheinlichsten die “nächste Pandemie” auslösen wird – oder den nächsten “potenziellen Pandemieerreger”, wie die Autoren ihn nennen. Die Antworten wurden nach einem Punktesystem bewertet, ähnlich wie beim Eurovision Song Contest.

Und der Sieger ist…

Die Grippe! Die Grippe wurde von fast 80% der Befragten genannt und erhielt fast ein Drittel der Punkte. Eine bisher unbekannte “Krankheit X” kam auf den zweiten Platz, und die Coronaviren SARS-CoV-2 und SAR-CoV-1 belegten die Plätze drei und vier. Die vollständigen Ergebnisse sind unten aufgeführt.

Das Vaccelerate Programm ist aus der European Vaccine Trial Accelerator Platform (EUVAP) hervorgegangen, die mit einem Zuschuss der deutschen Regierung in Höhe von 600.000 Euro im Jahr 2020 an der Universität Köln gegründet wurde, als die Entwicklung des COVID-19 Impfstoffs noch in vollem Gange war. (Siehe hier unter “Vaccelerate”.) Anfang 2021 wurde Vaccelerate als solches mit einem großen Zuschuss der Europäischen Kommission als EU-weites Netzwerk gegründet. Laut der EU-Förderseite hier hat das Vaccelerate Programm insgesamt nicht weniger als 26,5 Millionen Euro an EU-Fördermitteln erhalten.

Laut der Projektbeschreibung auf der Förderseite war das ursprüngliche Ziel des Programms, in Übereinstimmung mit dem Ziel von EUVAP, ein EU-weites Netzwerk von klinischen Prüfzentren und ein Register von Studienteilnehmern zu schaffen, um spezifische COVID-19-Impfstoffkandidaten im Schnellverfahren zu testen. “Die derzeitige COVID-19-Pandemie stellt eine noch nie dagewesene Belastung für die Welt dar”, heißt es in der Beschreibung:

Impfstoffinduzierte Immunität ist die einzige vielversprechende Lösung. Es besteht weiterhin Bedarf an Impfstoffstudien der Phase 2 und 3, um eine langfristige, breit angelegte Immunität in der gesamten europäischen Bevölkerung zu erreichen. Vaccelerate wird das paneuropäische Rückgrat für die Beschleunigung der zweiten und dritten Phase der COVID-19-Impfstoffstudien sein.

Da die COVID-19-Impfstoffe kurz vor dem Start des Programms in Rekordzeit auf den Markt gebracht wurden, war dieses ursprüngliche Ziel natürlich weitgehend überholt, als EUVAP 2021 in Vaccelerate umgewandelt wurde. Die Ausrichtung des Programms auf den nächsten “Erreger mit pandemischem Potenzial” ist daher wenig überraschend.

Schon in der ursprünglichen Projektbeschreibung hieß es: “Über die COVID-19-Pandemie hinaus wird [Vaccelerate] ein etabliertes Pandemie-Bereitschaftsnetzwerk sein, das für zukünftige Pandemien gerüstet ist” und “die Kapazitäten zur Impfstoffentwicklung in Europa verbessern”.

Auf der Website von Vaccelerate heißt es weiter, dass das Programm “durch die Aktivitäten der Europäischen Kommission für die zukünftige Pandemievorsorge, den HERA-Inkubator, finanziert wird”. HERA ist die EU-Behörde für Bereitschaftsplanung und Reaktion auf gesundheitliche Krisenfälle, die ebenfalls 2021 eingerichtet werden soll.

Das Vaccelerate Konsortium wird von der Clinical Trial Unit des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) geleitet. Die Clinical Trial Unit hat ihren Sitz an der Universität zu Köln.

Das DZIF ist eine öffentliche deutsche Einrichtung, die mit Pharmaunternehmen bei der Entwicklung von Impfstoffen zusammenarbeitet. Einer der Partner des DZIF ist BioNTech. Siehe den Screenshot unten auf der DZIF-Website. BioNTech ist der deutsche Entwickler und in der Tat der legale Hersteller dessen, was allgemein als “Pfizer”-Impfstoff bekannt ist. Pfizer führt (einige) Herstellungsaktivitäten als Lohnhersteller im Auftrag von BioNTech durch (siehe hier). BioNTech hat auch wesentlich mehr am Verkauf des Impfstoffs verdient als Pfizer.

Der Leiter der Produktentwicklungsabteilung des DZIF ist kein Geringerer als Klaus Cichutek, der gleichzeitig Präsident der deutschen Impfstoffaufsichtsbehörde, des PEI oder Paul-Ehrlich-Instituts (benannt nach dem deutschen Immunologen, nicht nach dem amerikanischen Theoretiker der Bevölkerungskontrolle) ist.

Diese Doppelrolle als Förderer und Regulierer wirft offensichtliche Fragen über die Unparteilichkeit der Aufsicht des PEI über den BioNTech-Impfstoff auf, und diese Fragen sind umso dorniger angesichts der führenden Rolle, die das PEI nach Cichuteks eigenem Eingeständnis in der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) spielt.

Oliver Cornely von der Universität Köln ist sowohl Projektleiter von Vaccelerate als auch Koordinator der Clinical Trial Unit des DZIF. Cornely und Cichutek werden im DZIF-Jahresbericht 2020 vorgestellt.